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Vortrag in Bischöflicher Akademie verbreitet antisemitisches Zerrbild von Israel

Eine Mitarbeiterin der deutschen Entwicklungshilfeorganisation GIZ und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich massiv antisemitisch und anti-israelisch geäußert. Der Vorfall folgt auf eine Reihe antisemitischer Zwischenfälle in beiden Organisationen. Ein Gastbeitrag von Marc Neugröschel
Positive Äußerungen über die antisemitische BDS-Bewegung blieben in der Bischöflichen Akademie unwidersprochen

Bei einer Vortragsveranstaltung in der Bischöflichen Akademie Aachen, im vergangenen Mai, hat Petra Schöning ein antisemitisches Zerrbild vom Staat Israel gezeichnet, indem sie mehrere falsche Behauptungen aufstellte. Die Referentin ist sowohl für die von der deutschen Bundesregierung finanzierte Entwicklungshilfeorganisation GIZ als auch für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International tätig.

Während ihres Referates mit dem Titel „Politik und Alltag: Einblicke ins Westjordanland und den Gazastreifen“ sagte Schöning unter anderem: „Israel ist keine Demokratie“, Israels Kultusministerin habe ein Buch verboten und der jüdische Staat würde Erschießungen von friedlichen Palästinensern vornehmen, die am Marsch der Rückkehrer an der Grenze zwischen Israel und Gaza teilnehmen. Ferner stellte sie den israelisch-palästinensischen Konflikt als eine wesentliche Ursache für die Flüchtlingsströme nach Europa dar.

Keine dieser Aussagen entspricht den Fakten. Zuhörer aus dem Publikum griffen sie jedoch auf, um die Existenzberechtigung des Staates Israel in Frage zu stellen und ihre Unterstützung für die vom deutschen Bundestag als antisemitisch eingestufte Boykott-Bewegung BDS zum Ausdruck zu bringen. Ein Zuhörer fragte Schöning, ob sie nicht auch der Meinung sei, dass angesichts der von ihr dargestellten massiven Demokratiedefizite das Existenzrecht Israels als Teil der deutschen Staatsräson in Frage gestellt werden müsse. Hierauf signalisierte sie Zustimmung.

Ebenfalls mit Zustimmung reagierte Schöning auf die Stellungnahme eines anderen Zuhörers, der einen Beschluss des deutschen Bundestages vom 17. Mai 2019, auch anti-israelischen Antisemitismus zu verurteilen und der antisemitischen BDS-Kampagne entschlossen entgegen zu treten, als Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellte. Die Darstellung von der Verurteilung antisemitischer Positionen als Einschränkung der Meinungsfreiheit und Ausdruck einer vorgeblichen jüdischen Meinungsdiktatur gehört spätestens seit dem 19. Jahrhundert zum Standardrepertoire antisemitischer Denkmuster. Das Kürzel BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“. Dahinter steckt eine antisemitische Kampagne, die zum Boykott aller Bereiche israelischer Kultur, Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft aufruft. Ihr Ziel ist es, dem jüdischen Staat die Existenzgrundlage zu entziehen.

Expertin: Klar als antisemitisch zu werten

Die Aachener Lokalpolitikerin Elisabeth Paul verurteilte den Vortrag als „antisemitische Desinformation und Propaganda“. Sie vertritt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Aachener Städteregionstag.

ADie Berliner Antisemitismusforscherin Monika Schwarz-Friesel bestätigt, dass die Dämonisierung Israels heute zu den gängigen Ausdrucksformen des Antisemitismus gehört: „Die primäre und dominante Manifestationsform des aktuellen Judenhasses, das obsessive Wüten gegen Israel, ist bereits weithin Normalität. Unter der Camouflage politischer Kritik und humanistischen Engagements verbreiten moderne Antisemiten regelmäßig und mit stupider Uniformität Sätze wie ‚Israel ist keine Demokratie‘, ‚Boykott gegen Israel ist zu begrüßen‘ – und dichten dem Staat alle möglichen Untaten an. Dabei handelt es sich um Phantasmen bar jeder Realität – ein Kennzeichen des klassischen Judenhasses seit Jahrhunderten. Ohne Sinn und Verstand wird der Staat Israel für alle möglichen Probleme in der Welt verantwortlich gemacht, wird seine Existenzberechtigung als jüdischer Nationalstaat mit unikaler Intoleranz negiert.“

Nach eigenen Angaben bereitet Schöning Schulklassen auf Israelreisen sowie deutsch-israelische und deutsch-arabische Austauschprojekte vor. Weiterhin sagte sie, dass sie seit 2006 freiberuflich für die Gemeinschaft für Internationale Zusammenarbeit – kurz: GIZ – arbeite. Für diese bereite sie „Fachkräfte vor, die im Auftrag der Bundesregierung in die palästinensischen Gebiete gehen“. Bei der GIZ handelt es sich um die Entwicklungshilfeorganisation der Bundesregierung. Ihr größter Auftraggeber und Geldgeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Eine Sprecherin der GIZ bestätigte, dass Schöning zuletzt im Mai dieses Jahres „als Trainerin für die GIZ-eigene Akademie für Internationale Zusammenarbeit (AIZ) tätig“ war, „um Vorbereitungen von Auslandseinsätzen fachlich zu unterstützen“. Ziel der Tätigkeit sei es dabei, „vor einem Auslandseinsatz stehenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Bild der Verhältnisse im jeweiligen Einsatzland“ zu vermitteln.

Unterstützung für anti-israelische Organisationen

Die GIZ ist bereits mehrfach durch antisemitische Mitarbeiter und Verflechtungen mit Organisationen aufgefallen, die anti-israelischen Terrorismus unterstützen. Im Mai berichtete die „Bild“-Zeitung über die Zusammenarbeit der GIZ mit palästinensischen Organisationen, deren ideologische Ausrichtung auf die Zerstörung des jüdischen Staates zielt. Im März 2018 veröffentlichte das Jerusalemer Forschungsinstitut NGO Monitor ein Exposé antisemitischer Äußerungen von GIZ-Mitarbeitern, die zum Teil auf sozialen Medien verbreitet wurden.

So postete der GIZ-Projektleiter Mohammed Al-Mutawakel auf Facebook ein Bild von einer Israelfahne, in welcher der Davidstern durch ein Hakenkreuz ausgetauscht war. Ulrich Nitschke, ebenfalls ein Programmleiter bei der GIZ, unterstützte auf Facebook die angebliche Nominierung der antisemitischen BDS-Bewegung für den Friedensnobelpreis. Hierzu erklärte die GIZ in ihrer Stellungnahme, sie dulde „generell keinen Antisemitismus und geht entschieden dagegen vor. Verdachtsfälle wurden und werden konsequent geprüft und bei Bedarf geahndet, bis hin zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen.“

Eine weitere Anfrage, ob Al-Mutawakel, Nitschke oder die anderen Mitarbeiter, welche im Dossier von NGO Monitor genannte werden, noch für die GIZ tätig sind, blieb unbeantwortet. Bezüglich der Frage, ob die GIZ weiterhin mit Referentin Schöning zusammenarbeiten werde, hieß es, die Veranstaltungen, in deren Rahmen sie für die AIZ tätig war, würden „regelmäßig durch Bewertungen und Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer evaluiert. Im Falle von Frau Schöning wurden uns dabei keine negativen Auffälligkeiten zurückgemeldet“.

Anti-israelische Tendenzen bei Amnesty International

Petra Schöning ist ebenfalls als ehrenamtliche Sprecherin der „Koordinationsgruppe Israel/Palästinensische Gebiete“ beim deutschen Ableger der Menschenrechtsorganisation Amnesty International tätig. Auch in dieser Organisation steht sie mit ihren antisemitischen Ansichten nicht alleine da. Im Mai 2016 stellte die Geschäftsstelle von Amnesty International in London ihre Räume für eine Tagung zur Verfügung, die der Vernetzung von BDS-Aktivitäten in Großbritannien und den palästinensischen Gebieten dienen sollte. Dies geht aus der Einladung zu der Konferenz hervor, auf die seinerzeit ebenfalls NGO Monitor aufmerksam machte.

Im Jahr 2015 lehnte die Generalversammlung von Amnesty International Großbritannien es ab, eine Kampagne gegen Antisemitismus zu beschließen. Für massive Kritik sorgten auch wiederholte Äußerungen des englischen Amnesty International-Mitarbeiters Kristyan Benedict, der den Staat Israel als Diktatur bezeichnete und ihn wiederholt mit Regimen wie Nordkorea, Iran oder IS verglich.

Bereits im Jahr 2010 bezeichnete der Leiter von Amnesty International Finnland, Frank Johansson, Israel als „Staat des Abschaums“, wie seinerzeit die „Jerusalem Post“ berichtete. Auf eine Anfrage der israelischen Zeitung bekräftigte Johannsen seine Aussage und begründete sie unter anderem mit „persönlichen Erfahrungen“, die er bei der Begegnung mit Israelis gemacht habe. Seine Position als Leiter von Amnesty International Finnland hat Johansson bis heute inne. Zu Schönings Äußerungen wollte man sich bei Amnesty International Deutschland nicht äußern. Eine Sprecherin stellte lediglich klar, dass sie bei der Aachener Veranstaltung am 20. Mai 2019 nicht im Namen von Amnesty International gesprochen habe.

Keine Distanzierung

Die Bischöfliche Akademie Aachen, bei der Schöning in der Vergangenheit bereits mehrfach vortrug, wollte sich ebenfalls nicht von den Äußerungen ihrer Referentin distanzieren. Vielmehr halte die Akademie die Einordnung des Vortrages als antisemitisch für eine Verzerrung. Das schrieb Akademieleiterin Christiane Bongartz in einer Stellungnahme.

Die Falschaussage der Referentin, wonach die israelische Kultusministerin ein Buch verboten habe, steht möglicherweise im Zusammenhang mit einer Affäre um den Roman „Wir sehen uns am Meer“ von der israelischen Autorin Dorit Rabinyan. Die Erzählung von der Liebe zwischen einer Israelin und einem Palästinenser wurde 2015, unter starkem gesellschaftlichem Protest, auf Betreiben des Bildungsministeriums, von der Liste autorisierter Unterrichtsmaterialien gestrichen. Verboten worden ist das Buch jedoch nie. Es ist nach wie vor überall in Israel frei im Handel erhältlich und darf von jedem überall gelesen werden. In Israel herrscht Meinungs- und Pressefreiheit. Eine Zensur politisch unliebsamer Bücher, wie man sie aus Diktaturen kennt, gibt es, anders als Schöning es suggerierte, in Israel nicht.

Bei der Behauptung, dass israelische Sicherheitskräfte „Erschießungen“ von friedlichen Palästinensern vornehmen, die am sogenannten „Marsch der Rückkehrer“ an der Grenze zwischen Israel und Gaza teilnehmen, handelt es sich ebenfalls um eine Erfindung. Unter „Erschießungen“ ist gemeinhin die standrechtliche Vollstreckung eines Todesurteils mit einer Schusswaffe zu verstehen. Bei den Toten der Gaza-Proteste handelt es sich tatsächlich aber um Menschen, die im Rahmen von Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind.

Verschiedene Formen von Angriffen

Seit März 2018 kommt es bei den wöchentlichen Protestkundgebungen an der Grenze zwischen Gaza und Israel regelmäßig zu gewalttätigen Ausschreitungen und paramilitärischen Attacken palästinensischer Terroristen gegen Israel. Dabei werden zum Beispiel fliegende Brandsätze mit Hilfe von Drachen und Gasballons von Palästinensern aus Gaza auf Israel losgelassen. In den vergangenen zehn Monaten sind aufgrund dessen mehrere tausend Hektar Land in Israels Süden abgebrannt.

Aber auch andere Formen der Angriffe sind üblich. Die sogenannte Zaunschneider-Einheit versucht zum Beispiel im Schutze von Rauch, der von brennenden Autoreifen aufsteigt, mit Drahtscheren die Sperranlage zu durchbrechen, die den Gazastreifen vom israelischen Kernland abtrennt, um dann im Inneren Israels Terroranschläge zu verüben. In Folge dessen kommt es immer wieder zu Feuergefechten zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften, bei denen auch Menschen sterben. Bezüglich der Behauptung, dass der israelisch-palästinensische Konflikt eine wesentliche Ursache für Flüchtlingsströme nach Europa sei, ist zu sagen, dass die meisten Flüchtlinge in Wirklichkeit aus Syrien, Afghanistan und Afrika nach Europa kommen. Referentin Schöning selbst stand für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung.

Von: Marc Neugröschel

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