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Vier Tote bei Anschlag in Tel Aviv

TEL AVIV (inn) – Zwei palästinensische Attentäter haben am Mittwochabend ein Blutbad im Tel Aviver Vergnügungszentrum Sarona angerichtet. Vier Menschen starben, sieben sind schwerverletzt. Die israelische Regierung agiert, während die Welt kondoliert.
Die Überwachungskamera zeigt das Max-Brenner-Restaurant in Tel Aviv kurz vor dem Anschlag
Mehrere Stunden nach Beginn des Terroranschlags im Tel Aviver Vergnügungszentrum Sarona, einem ehemaligen deutschen Templerdorf, gab es immer noch große Verwirrung und widersprüchliche Aussagen, was genau passiert war. Zwei Attentäter mit Schnellfeuergewehren vom Typ Carlo hätten zunächst auf die Menschen im Restaurant „Benedikt“ gefeuert. Einer der Terroristen, so ein falscher Bericht, sei nach kurzer Verfolgungsjagd erschossen worden. Demnach habe ein Sicherheitsmann des israelischen Rundfunks ihn erwischt, als er in Richtung der Studios rannte. Ein zweiter Angreifer flüchtete in Richtung der Cinemathek von Tel Aviv, einem weiteren vielbesuchten Vergnügungszentrum. Er wurde von der Polizei tatsächlich angeschossen und in das in der Nähe befindliche Eichilow-Hospital gebracht, wo die Polizei sofort mit seinem Verhör begonnen habe. Die Sicherheitskräfte wollten vor allem erfahren, wie viele Mitglieder in der Terrorzelle des Täters waren. Der Terrorist sei mittelschwer verletzt und die israelischen Ärzte kämpften bei einer Notoperation um sein Leben. Richtig ist: Die Attentäter hatten im Max-Brenner-Restaurant laut des Geschäftsführers ein Dessert bestellt, ehe sie auf die feiernden Menschen im Lokal geschossen haben. Aufnahmen von Sicherheitskameras haben den Augenblick festgehalten. Zu sehen sind Menschen, die in Panik das Restaurant verlassen, während die Attentäter um sich schießen. Bei einem habe das Gewehr schließlich gesperrt, woraufhin er es wütend auf den Boden warf, ehe er flüchtete.

Verheerende Bilanz des Attentats

Die Rettungskräfte zogen Bilanz und meldeten vier Tote sowie sieben Schwerverletzte. Die Ermordeten sind laut des Polizeiberichts der 42-jährige Ido Ben Ari aus Ramat Gan, die 39-jährige Ilana Naveh aus Tel Aviv, der 58-jährige Michael Feige aus Midreschet Be‘er Scheva und die 32-jährige Mila Mischajew aus Rischon LeZion. Ein Polizeichef von Tel Aviv sagte vor Journalisten, dass es keine Vorwarnung zu dem Terroranschlag gegeben habe. Die Menschen in Tel Aviv seien jetzt aufgefordert, wieder zum normalen Leben zurückzukehren. Dennoch setze die Polizei ihre Durchsuchungen fort, um mögliche weitere Täter auszumachen. Der Offizier bestätigte, dass sich beide Attentäter und ihre Waffen im Gewahrsam der Polizei befänden. Bei den Waffen handle es sich um Schnellfeuergewehre, die im Westjordanland hergestellt würden und deren Typ jüngst bei einem Anschlag am Damaskustor verwendet worden sei.

Attentäter aus Jatta im Westjordanland

Der Militärsprecher Arje Scharuz Schalicar teilte am Mittwochabend mit, dass die Terroristen aus der Gegend von Hebron im Westjordanland gekommen seien. Später meldeten israelische Medien, dass es sich bei den Angreifern um Cousins aus dem Dorf Jatta südlich von Hebron handelte. Vermutlich hätten sie die von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman beschlossenen „Erleichterungen“ ausgenutzt, um ohne scharfe Kontrollen nach Israel einzureisen. Lieberman hatte die Erleichterungen als „Geste“ anlässlich des Fastenmonats Ramadan beschlossen, damit Moslems ungehindert aus dem Westjordanland zum Gebet nach Jerusalem gelangen könnten oder zu ihren Verwandten in Israel. Während der Anschlag in Tel Aviv noch lief, ist Premierminister Benjamin Netanjahu aus Moskau kommend gelandet und sofort zum Verteidigungsministerium in Tel Aviv gefahren, das nur wenige hundert Meter von dem Anschlagsort entfernt liegt. Bei der nächtlichen Sicherheitssitzung mit Netanjahu, Verteidigungsminister Lieberman sowie Spitzen von Geheimdienst und Militär wurden Erleichterungen für Palästinenser aus den besetzten Gebieten „eingefroren“. Es seien 204 Einreisegenehmigungen für Familienangehörige der Attentäter und weitere 83.000 Genehmigungen für Moslems für ungültig erklärt worden.

Spekulationen um Hintergründe

Die israelische Armee legte laut der Online-Zeitung „Times of Israel“ in der Nacht zum Donnerstag einen Blockadering um das Dorf Jatta, aus dem die beiden Attentäter wohl stammen. Familienangehörige der Attentäter seien verhört worden. Mehrere Verdächtige seien in der Nacht verhaftet worden. Militärkorrespondenten vermuten, dass die Terroristen nicht alleine gehandelt hätten, sondern eine entsprechende Infrastruktur im Rücken haben müssten. Sie hätten sich die Waffen besorgt und mussten in deren Verwendung eingewiesen werden. Ebenso sei anzunehmen, dass sie durch die bestehenden Kontrollen geschleust und schließlich zum Anschlagsort in Tel Aviv gebracht worden seien. Viele Details waren am Morgen nach dem Anschlag noch unbekannt. Der Geheimdienst wird sie aufklären müssen, was vermutlich Unannehmlichkeiten für die Menschen im Westjordanland nach sich ziehen dürfe. Dass der Sicherheitszaun im Süden des Westjordanlandes „viele Löcher“ aufweise, berichten Militärkorrespondenten weiter. Doch müsse noch geprüft werden, auf welchem Weg die beiden Cousins nach Israel gewechselt seien. Israelische Sprecher bezeichneten die Attentäter als „illegale Eindringlinge“. Sie hätten jedoch keine „kriminelle Vergangenheit“ und seien den Sicherheitskräften bisher nicht wegen „Sicherheitsverstößen“ aufgefallen.

Netanjahu verspricht offensive wie defensive Schritte

Nach dem Anschlag in Tel Aviv hat Israels Polizei die Sicherheitsmaßnahmen in der Küstenmetropole verschärft. Im Großraum Tel Aviv sei die Polizeipräsenz vor allem im Bereich von Schulen und Kindergärten verstärkt worden, berichten israelische Medien überstimmend am Donnerstag. Die israelischen Sicherheitskräfte hatten in den vergangenen Wochen ein spürbares Nachlassen der „Gewaltwelle“ registriert. In den meisten Fällen hätten einzelne Palästinenser, darunter Jugendliche, wegen Streits in der Familie, wegen Familienschande, Schulden oder anderer gesellschaftlicher Probleme zum Messer, einer Schere oder zu einem Schraubenzieher gegriffen. Sie seien losgezogen, „Juden abzustechen“ und hätten gleichzeitig „Selbstmord durch israelische Sicherheitsleute“ in Kauf genommen. Premierminister Netanjahu versprach nach dem Anschlag in Tel Aviv „eine Serie von offensiven und defensiven Schritten“ gegen Terroristen. „Dies ist eine Herausforderung und wir werden ihr gerecht werden“, erklärte er laut „Times of Israel“. Netanjahu sagte ein entschlossenes Handeln von Polizei, Streitkräften und Sicherheitsbehörden zu, um alle Mittäter zu finden und künftige Anschläge zu verhindern. Der Premierminister besuchte den Anschlagsort noch in der Nacht. Dabei ist er von Verteidigungsminister Lieberman und Polizeiminister Gilad Erdan begleitet worden.

Erste Ramadan-Überraschung für Israel

Der Hamas-Sprecher im Gazastreifen Hussan Badran erklärte, dass der Anschlag in Tel Aviv Israels „erste Überraschung beim Ramadan“ sei. Die Attentäter Mussa und Chaled Machmara seien Mitglieder der Organisation. Lieberman sei es „nicht gelungen, den Widerstand der Palästinenser zu brechen“. An dem von der Jerusalemer Stadtverwaltung aus Anlass des Ramadan-Monats festlich beleuchteten Damaskustor versammelten sich in der Nacht Palästinenser, um Süßigkeiten an Passanten zu verteilen. Ähnliche Szenen wurden aus Gaza und Tulkarm gemeldet. In Hebron gab es aus Anlass des Anschlags in Tel Aviv Feuerwerk. Ein Führer der Hamas lobte den tödlichen Anschlag. „Ruhm und Glückwünsche den Einwohnern Hebrons“, schrieb Ismail Hanije bei Twitter. Hinter dem Satz fügte er ein Siegeszeichen ein. Der Bürgermeister von Tel Aviv, Ron Huldai, rief zu einer schnellen Rückkehr zur „Normalität“ auf. Bürger forderten mehr Polizeipräsenz im Sarona-Park, bei dem der Anschlag im Max-Brenner-Restaurant seinen Ausgang genommen hat. Das Sarona-Zentrum mit zahlreichen Restaurants und Marktständen werde nach Angaben seines Direktors täglich von 80.000 Menschen besucht. Doch die Eingänge seien gut bewacht durch „professionelle Sicherheitsleute“. In Interviews erklärte er, dass die Terroristen vermutlich die Wachmänner bemerkt hätten und deshalb nicht in den Sarona-Markt eingedrungen seien. Das hätte zu erheblich mehr Toten und Verletzten geführt. Die Attentäter hätten sich deshalb in eines der Restaurants am äußeren Rand, zur Straße hin, begeben. Um nicht aufzufallen, seien sie „vornehm gekleidet“ gewesen, wie „Geschäftsleute“ mit dunklen Anzügen und Krawatten.

Internationale Reaktionen

In einer Stellungnahme des US-Außenministeriums heißt es zum Anschlag in Tel Aviv: „Die Vereinigten Staaten verurteilen den schrecklichen Terroranschlag aufs Schärfste“. Solch feige Angriffe auf unschuldige Zivilisten seien niemals zu rechtfertigen. Die US-Behörden stünden in Verbindung mit den israelischen Kollegen und böten Unterstützung an. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon, verurteilte das Attentat laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“ scharf. Ban kondolierte den Familien der Opfer und der israelischen Regierung: „Es gibt keine Rechtfertigung für Terrorismus oder die Glorifizierung derjenigen, die solche abscheulichen Akte begehen.“ Besonders schockiert zeigte sich der Generalsekretär über die Hamas-Führer, die den Anschlag feierten: „Die palästinensische Führung soll Verantwortung zeigen und gegen Gewalt und die Anstiftung dazu einstehen.“ Auch offizielle Medien in Saudi-Arabien verurteilten laut der „Jerusalem Post“ den Anschlag in Tel Aviv. Der saudische Sender „Al-Arabijka“ bezeichnete die Menschen, die angegriffen wurden, auf seiner Facebook-Seite als „Opfer“ und nicht als „Siedler“. Das sei für arabische Medien, die für Israelis gewöhnlich den Begriff „Siedler“ verwenden, ungewöhnlich. Dafür habe der Sender auch zynische Kommentare einiger Leser geerntet, die hier eine Parteinahme für Israel vermuteten, weil in ihren Augen nur Palästinenser und keine Israelis Opfer sein könnten. „Unsere Solidarität und Unterstützung für die Palästinenser bedeutet nicht, dass wir die Ermordung unschuldiger Zivilisten akzeptieren“, schrieb der saudische Journalist Dahham al-Enasi auf seiner Twitter-Seite. Er schickte Kondolenz-Bekundungen an die Familien der Opfer. (uws/mm)

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