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Vatikanvertreter sagt Teilnahme an Holocaustgedenkfeier ab

JERUSALEM (inn) – Erzbischof Antonio Franco will am Sonntagabend nicht an der jährlichen Gedenkfeier in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem teilnehmen; als Grund dafür erklärte er, die Rolle von Papst Pius XII. während des Zweiten Weltkrieges sei in Yad Vashem historisch falsch dargestellt. Franco ist als apostolischer Nuntius höchster Vertreter des Vatikans im jüdischen Staat Israel.

Im Holocaustmuseum von Yad Vashem in Jerusalem ist nachzulesen, dass Pius’ Verhalten gegenüber den Nationalsozialisten „ein Gegenstand der Kontroverse“ sei. Weiter wird dem am 2. März 1876 in Rom geborenen Eugenio Pacelli vorgeworfen, er habe 1933 als Sekretär im Vatikan das rassistische Naziregime anerkannt, um die Rechte der katholischen Kirche in Deutschland zu sichern. Nach seiner Wahl 1939 habe Papst Pius XII. einen Brief gegen Rassismus und Antisemitismus, den sein Vorgänger Pius XI. vorbereitet hatte, zurückgehalten.

Als dann der Massenmord am jüdischen Volk bekannt wurde, habe Pius XII. – so der offizielle Text in Yad Vashem – weder verbal noch schriftlich protestiert, noch im Dezember 1942 die Erklärung der Alliierten, die die Massenvernichtung von Juden verurteilte, mit unterzeichnet. Auch gegen die Deportation der römischen Juden nach Auschwitz habe der Papst nicht interveniert. Durch diese neutrale Haltung habe das Kirchenoberhaupt die Geistlichen Europas in ihrer Entscheidungsnot allein gelassen.

Monseigneur Antonio Franco will jetzt seinem „Unwohlsein“ über diese Darstellung Ausdruck verleihen, nachdem die Gedenkstätte Yad Vashem auf einen Protestbrief seines Vorgängers Pietro Sambi bis heute nicht reagiert habe. Er betonte, seine Geste sei kein Protest gegen die Gedenkveranstaltung an sich, sondern dagegen, dass vom jüdischen Volk nicht anerkannt werde, wie sehr sich Papst und Kirche für die verfolgten Juden eingesetzt hätten.

Iris Rosenberg, die Sprecherin von Yad Vashem, brachte in einer schriftlichen Verlautbarung ihr Bedauern über den Entschluss des Nuntius zum Ausdruck. Sie beobachtete den Widerspruch zu den Aussagen von Papst Johannes Paul II., der bei seinem Besuch in Jerusalem im März 2000 die Bedeutung des Gedenkens an die Schoah und ihrer Opfer unterstrichen hatte.

Im Blick auf das Verhalten von Papst Pius XII. meinte sie, die Gedenkstätte stelle es entsprechend dem neuesten Stand der historischen Forschung dar, um dann mit einer alten Forderung des Staates Israel gegenüber dem Heiligen Stuhl in Rom zu kontern: Der Vatikan solle endlich sein Archiv öffnen und alle historischen Zeugnisse aus der Zeit Pius’ XII. der historischen Forschung und damit der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ein Sprecher des Außenministeriums, Jariv Ovadia, meinte im Blick auf die Beteiligung an der Holocaustgedenkveranstaltung, jeder solle nach seinem Gewissen handeln.

Der Gedenktag, Jom HaSchoah, wird in Israel nach dem jüdischen Kalender am 27. Nissan begangen. In diesem Jahr fällt dieses Datum auf den 15. April.

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