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USA: Streit um anti-zionistisches Buch an Universität

In den USA ist ein Streit zwischen Zionismus-Gegnern und pro-israelischen Gruppen entflammt. Auslöser war die Veröffentlichung des Buches "Die Überwindung des Zionismus" von Joel Kovel.

Die jüngste Kontroverse ereignete sich an der Universität von Michigan. Die Hochschule vertreibt die Bücher des linksgerichteten britischen Verlags „Pluto Press“, der unter anderem auch Kovels Buch herausgibt. Unter den Studenten gibt es eine große jüdische Gemeinschaft. Der Vertrieb des Buchs löste einen Sturm der Entrüstung aus.

In seinem Buch bezeichnet der jüdische Akademiker die Gründung des Staates Israel als Fehler und spricht sich für eine „Ein-Staat-Lösung“ des israelisch-palästinensischen Konflikts aus. Der Professor plädiert für die Errichtung eines neuen, nicht-jüdischen Staates.

Die Auseinandersetzung veranlasste die Universitätsleitung dazu, den Vertrieb des Buches zeitweise zu unterbrechen. Vorige Woche gab die Universität allerdings bekannt, dass sie weiterhin bei „Pluto Press“ Bücher vertreiben werde. Der Entschluss wurde damit verteidigt, dass die Beziehungen zu dem britischen Verlagshaus rein geschäftlicher Natur seien.

Die Universitätsleitung zeigte sich jedoch gesprächsbereit und sagte, dass man die Art und Weise überdenken wolle, wie Beziehungen geknüpft würden. Typischerweise gebe es keine expliziten Richtlinien für Vereinbarungen über den Vertrieb von Büchern, „aber die jüngste Debatte um den Vertrag mit Pluto Press hat die Notwendigkeit solcher Vereinbarungen unterstrichen“, hieß es in einer Mitteilung. Ein elementarer Grundsatz, so die Universität von Michigan, sei allerdings „das Prinzip der Ausdrucksfreiheit“.

Infolge der Entscheidung der Universität veröffentlichte die Universitätszeitung einen Leitartikel, der den Entschluss positiv bewertet: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass einige Leute Einwände gegen Kovels Behauptungen erheben, aber gibt es irgendeinen Grund neben Selbstgefälligkeit und Feigheit, der einer Einführung dieser Behauptungen in die öffentliche Diskussion im Wege steht? Es mag Leute geben, die dem Inhalt des Buches nicht zustimmen, aber es bereichert die Debatte. Es ist exakt der Typ von Buch, den die Universitätspresse drucken sollte.“

Die Entscheidung, die Beziehungen mit „Pluto Press“ aufrecht zu erhalten, hat für große Empörung bei einigen jüdischen und pro-israelischen Gruppen geführt. Einer der erbittertsten Gegner des Buches ist der Verband der Organisation „Stand With Us“ im Bundesstaat Michigan. Der Vorsitzende der christlich-zionistischen Organisation, Jonathan Harris, sagte vergangene Woche gegenüber der „Jerusalem Post“, das Buch sei „ein anti-zionistischer Schundroman sei, der zu beweisen versucht, dass der Zionismus eine schreckliche und rassistische Ideologie sei, die nur Schaden anrichte“.

Betsy Kellman, Vorsitzende des Regionalverbands der Anti-Defamation-League (ADL) in Michigan, sagte in einem Interview am Freitag, dass sie „geschockt“ über die Entscheidung der Universität gewesen sei.

„Die ADL hat oft betont, dass man sich kritisch über Israel äußern könne, aber ab einem gewissen Punkt hat man eine Linie überschritten und ist in Antisemitismus verfallen“, so Kellman. Sie sei enttäuscht gewesen, dass die Entscheidung hinter verschlossenen Türen getroffen wurde. „Öffnet euch für eine Debatte und diskutiert darüber auf dem Campus. Bringt es an die Öffentlichkeit, denn mich interessiert, wie ihr eure Zusammenarbeit mit Pluto Press begründet“, sagte Kellman.

Für einige Menschen ist der Vorfall an der Universität von Michigan ein Paradebeispiel für den Versuch von pro-israelischen Gruppierungen, eine Debatte über Zionismus zu unterdrücken. Unter ihnen befindet sich der Autor.

Kovel, der am „Bard College“ in New York lehrt, sagte, dass er versucht habe, sein Buch in den USA zu veröffentlichen. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen, denn die „Verleger wollten es nicht anrühren“.

„Es handelt sich hier nicht um einen Einzelfall“, fügte er hinzu. „Es gibt in unserem Land äußerste mächtige Organisationen, die Israel um jeden Preis verteidigen wollen. Indem sie das tun, verletzen sie häufig das von der Verfassung garantierte Recht der Redefreiheit.“

Neve Gordan, Professor an der Ben-Gurion-Universität im Negev und Gastprofessor an der Universität von Michigan, sagte, die Begrifflichkeiten der Debatte würden in den USA weit enger gefasst als in Israel. “ Was wir hier sehen, ist ein Versuch, kritische Stimmen zu ersticken“, so Gordon. „Ich lehne die Meinung ab, die Kovel in seinem Buch vertritt, und wenn schon? Ich lehne viele Bücher wegen ihres Inhalts ab. Viele Menschen schreiben Dinge, die empörend sind – hierin besteht die akademische Freiheit.“

„Es stimmt nicht, wenn man behauptet, dass die Juden Außenseiter an der Universität sind“, sagte Gordon. Er sei erstaunt gewesen, wie viele jüdische Studenten von der „High-School“ an die Universität gekommen seien, darauf vorbereitet, „Botschafter der zionistischen Sichtweise zu sein“.

Kellman besteht jedoch darauf, dass die Anti-Defamation-League mit ihrem Protest nicht die akademische Freiheit beschneiden wolle. „Ich höre mir die ganze Zeit Kritik an Israel an“, sagte die Vorsitzende der ADL. „Wir glauben fest an die Notwendigkeit des ersten Verfassungszusatzes und sind alle für eine Vielfalt von Meinungen, aber dieses Buch benutzt antisemitistische Vorurteile und hat nichts mit akademischer Rechtschaffenheit zu tun.“

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