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Umfrage: Palästinensische Unterstützung für Hamas sinkt

RAMALLAH (inn) – Die Unterstützung für die Hamas geht in der palästinensischen Bevölkerung zurück, bleibt aber auf einem hohen Niveau. Eine Umfrage unter Palästinensern ergab auch, dass große Bevölkerungsteile einen Raketenbeschuss Israels befürworten, sollte die Blockade des Küstenstreifens nicht enden.
Die Beliebtheit der Hamas in der Bevölkerung von Westjordanland und Gazastreifen nimmt ab.

Die Popularität der Hamas ist in den vergangenen vier Wochen deutlich zurückgegangen. Sahen direkt nach den Kämpfen zwischen Israel und der Hamas Ende August noch 79 Prozent der befragten Palästinenser die Hamas als Sieger, so sind jetzt, vier Wochen später, nur noch 69 Prozent dieser Meinung. Diesen Rückgang hatte das „Palästinensische Zentrums für Politik und Meinungsforschung“ (PSR) erwartet, das eine erneute Meinungsumfrage im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 25. bis 27. September im Westjordanland und im Gazastreifen durchführte. In Gaza selbst sind sogar 59 Prozent der Befragten inzwischen unzufrieden mit dem, was durch die Kämpfe erreicht wurde.

Vier von fünf Palästinensern für Beschuss Israels, wenn Blockade bleibt

Die durch den Gazakonflikt ausgelösten Radikalisierungstendenzen werden geringer, erreichen aber noch lange nicht das Niveau vor den Kampfhandlungen. Auch wenn die Hamas als politische Bewegung an Popularität verliert, bleibt ein Trend zur Radikalisierung innerhalb der palästinensischen Bevölkerung bestehen. So sprechen sich auch Ende September noch 80 Prozent der Befragten dafür aus, Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel zu schießen, sollte die Blockade des Küstenstreifens nicht beendigt werden. Auch sind 44 Prozent der Befragten weiterhin der Meinung, dass ein bewaffneter Widerstand die effektivste Methode darstelle, um die Besetzung der Palästinensergebiete zu beenden. Nur 29 Prozent sehen in Verhandlungen und nur 23 Prozent im gewaltfreiem Widerstand die besten Handlungsoptionen.
Dies verdeutlicht einen Rückgang der Gewaltbereitschaft in den vergangenen vier Wochen. In der vorherigen Umfrage sprachen sich noch 53 Prozent für den bewaffneten Widerstand und 22 Prozent für Verhandlungen beziehungsweise 20 Prozent für den gewaltfreien Widerstand aus.

Hanije gewönne weiter Rennen um Präsidentenamt

Im direkten politischen Vergleich zwischen Hamas und Fatah kann die Fatah zwar Boden gutmachen, ist jedoch bei weitem noch nicht auf dem Niveau vor den Kämpfen angelangt. So würde bei einer möglichen Präsidentenwahl Ismail Hanije als Kandidat der Hamas den gegenwärtigen Amtsinhaber Mahmud Abbas weiterhin deutlich schlagen. Für Hanije sprechen sich 55 Prozent der Befragten aus, für Abbas nur 38 Prozent. Die Umfrage vor einem Monat direkt nach dem Waffenstillstand ergab, dass erstmals seit der Erhebung von Hanijes Popularität der Hamas-Politiker mit 61 Prozent die Mehrheit der Stimmen erhalten würde. Abbas hätten Ende August 32 Prozent der Befragten gewählt (Israelnetz berichtete). Die aktuellen Werte unterscheiden sich ferner zwischen Westjordanland und Gaza. Während im Gazastreifen Abbas und Hanije fast gleichauf liegen (47 Prozent zu 50 Prozent), ist die Unterstützung für Abbas im Westjordanland weiterhin auf niedrigem Niveau (Abbas 33 und Hanije 57 Prozent).
Sollten Wahlen für die Palästinensische Nationalversammlung stattfinden, so würde die Hamas weiterhin die meisten Stimmen erhalten. Rund 39 Prozent der Befragten würden für Hamas und nur 36 Prozent für Fatah stimmen. Vor den Kämpfen konnte im Juni die Fatah noch 40 Prozent Zustimmung und Hamas nur 32 Prozent erreichen. Die nächste Umfrage soll im Dezember überprüfen, ob diese Werte noch weiter zurückgehen und sich bereits wieder auf dem Juni-Niveau eingependelt haben. Als entscheidende Faktoren gelten hierbei, ob der Waffenstillstand weiterhin Bestand hat und ob es der Fatah-geführten Einheitsregierung gelingt, das Schattenkabinett der Hamas in Gaza in der Politikpraxis abzulösen.

Perspektivlosigkeit in der palästinensischen Gesellschaft nimmt zu

Ein immer größerer Teil der palästinensischen Gesellschaft evaluiert die eigenen Lebensbedingungen zunehmend negativ. Dies gilt sowohl für die Menschen im Gazastreifen als auch im Westjordanland. So werden die Lebensbedingungen in Gaza von nur noch 9 Prozent als positiv beschrieben. Vor der Militäroperation „Starker Fels“ im Juni bezeichneten immerhin noch 24 Prozent der Befragten ihre eigenen Lebensverhältnisse als positiv. Auch im Westjordanland ist dieser Wert auf inzwischen 24 Prozent gesunken – im Juni waren es noch 33 Prozent.

Nur ein Viertel der Palästinenser glaubt, es gibt wirkliche Pressefreiheit

Gleichzeitig bleibt die Unzufriedenheit mit der palästinensischen Zivilverwaltung weiterhin auf hohem Niveau. So bezeichnen 78 Prozent die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) als korrupt und nur 23 Prozent – sowohl in Gaza als auch der Westbank – glauben, es gebe eine wirkliche Pressefreiheit. Nur noch 29 Prozent der Befragten im Westjordanland nehmen an, sie könnten die eigene Regierung gefahrlos kritisieren. Eine Mutmaßung, der immerhin 35 Prozent der Befragten in Gaza zustimmen.
Eine zunehmend kritische Regierungssicht ist heute feststellbar. Sie kumuliert darin, dass eine Mehrheit der Befragten (52 Prozent) die PA inzwischen als eine Last für das palästinensische Volk bezeichne und nur noch 41 Prozent von der PA als „Errungenschaft“ sprächen. So glauben inzwischen auch 72 Prozent der Befragten nicht mehr an die Chance, innerhalb der nächsten fünf Jahre einen eigenen palästinensischen Staat neben dem Staat Israel entstehen zu lassen.

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