Die männliche Hauptfigur der Serie mit dem Titel „Noor“ ist Mohannad. Er zeichnet sich aus durch seine Aufmerksamkeit gegenüber seiner Ehefrau Noor. Auch unterstützt er ihre Unabhängigkeit und ihre Bestrebungen als Modedesignerin. Die israelische Zeitung „Ha´aretz“ bezeichnet ihn als „seltenes Kleinod für Frauen in einer konservativen, von Männern dominierten Umgebung“.
Strenggläubige Muslime kritisieren unter anderem aus dem Westen übernommene Freizügigkeiten wie den Genuss von Alkohol oder außerehelichen Geschlechtsverkehr. Mohannad hat ein Kind von einer früheren Freundin aus der Zeit vor der Ehe, und eine Kusine hat abgetrieben. Doch auch traditionelle islamische Werte spielen eine Rolle. So halten die Charaktere in der Serie den Fastenmonat Ramadan ein. Die Ehe der beiden Hauptfiguren wurde von Mohannads Großvater arrangiert.
Straßen zur Sendezeit leergefegt
Laut „Ha´aretz“ sind die Straßen im Westjordanland und dem Gazastreifen leergefegt, wenn die Serie ausgestrahlt wird. Sie läuft seit vier Monaten. In der als besonders konservativ geltenden Stadt Hebron – wie auch in der saudischen Hauptstadt Riad – verzeichnen Entbindungsstationen eine Zunahme bei den Namen Noor und Mohannad für Neugeborene. Ein Lieferant aus dem Westjordanland hat die Poster von Jasser Arafat und Saddam Hussein durch Bilder der beiden Protagonisten ersetzt. In einem Bekleidungsgeschäft in Gaza finden Blusen, wie sie in der Sendung getragen werden, reißenden Absatz. Ein ärmelloses Oberteil aus der Serie wird entsprechend den Standards über einem langärmligen Kleidungsstück getragen.
Der türkische Produzent Kemal Uzun sagte: „Wir sind etwas offener, nicht so konservativ wie manche dieser Länder, und ich denke, dies könnte auf die Zuschauer eine gewisse Anziehungskraft ausüben.“ Für die arabische Fassung wurden gewagtere Szenen allerdings von den Zensoren gestrichen.
Eine 24-jährige Hausfrau aus Jordanien meinte bei einem Besuch im Westjordanland, sie habe ihren Ehemann aufgefordert, von Mohannad zu lernen – „wie er sie behandelt, wie er sie liebt, wie er sich um sie sorgt“. Sie habe direkt nach dem Studium geheiratet, aber die Sendung habe sie angeregt, sich eine Arbeitsstelle zu suchen.
Kritik äußerte der Hamas-Abgeordnete Hamed Bitawi, der auch Prediger in Nablus ist: „Diese Serie kollidiert mit unserer islamischen Religion, den Werten und Traditionen“, warnte er. Doch bis zum 30. August wird „Noor“ wohl noch im Sender MBC zu sehen sein. Dann beginnt der Ramadan, und an ihrer Stelle wird die Serie „Bab al-Hara“ ausgestrahlt, die „in nostalgischer Weise das traditionelle arabische Leben betrachtet“, schreibt „Ha´aretz“.