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Trübe Wasser und ein getrübter Blick

"Israel Bashing" - "Israel Prügeln" - scheint sich zu einer der beliebtesten Sportarten weltweit zu entwickeln. Nach "Das Schweigen brechen" im Juli und dem "Goldstone-Report" im September, veröffentlichte Amnesty International (ai) Ende Oktober 2009 seinen Bericht "Troubled Waters - Palestinians Denied Fair Access to Water".

„Troubled Waters“ sind laut Langenscheidts Wörterbuch eine „schwierige Situation“ oder eine „unangenehme Lage“. In der Tat scheint sich ai – die Organisation, die weltweit bei ihrem Einsatz für die Menschenrechte so viel auf Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Seriosität gibt – mit diesem 104 Seiten langen Bericht auf Glatteis zu begeben.

Durchschnittlich hat ein Palästinenser, laut ai, kaum ein Viertel der Wassermenge, die einem Israeli zur Verfügung steht. 200.000 Palästinenser in der Westbank haben überhaupt kein fließendes Wasser. Mehr als 90 Prozent des Wassers im Gazastreifen sind nicht geeignet für den menschlichen Verzehr. Im Blick auf die harten Fakten scheint Amnesty mehr oder weniger einen Weltbank-Bericht aus dem Vorjahr abgeschrieben zu haben – um diesen dann mit herzzerreißenden Geschichten aus dem palästinensischen Alltag zu spicken, wobei allerdings auch dabei auf alte Geschichten zurückgegriffen wird. Das wird spätestens dann deutlich, wenn etwa deutsche Entwicklungshelfer einen Schaden in D-Mark beziffern.

Bericht geht nicht auf israelische Argumente ein

Noch vor der offiziellen Einleitung des Berichts werden dem Leser mit einem Bericht aus den südlichen Hebronbergen die Problematik, das Leid der Betroffenen und vor allem auch die Schuldigen anschaulich vor Augen geführt. Verantwortlich ist eindeutig die israelische Armee, denn sie zerstört in den südlichen Hebronbergen die Zisternen. Die Begründung der israelischen Behörden, die Palästinenser hätten ohne Baugenehmigung gebaut, wird gar nicht näher betrachtet. ai ist klar: Die palästinensischen Dorfbewohner sollen vertrieben werden, um die Erweiterung der „ungesetzlichen Siedlung“ Sussia zu ermöglichen.

Dass in den südlichen Hebronbergen seit Jahrzehnten ein Krieg ums Land tobt, ist unumstritten. Aber warum ist für Amnesty International so klar, dass die Palästinenser Recht haben und die Israelis nicht? Auf den Seiten 6 und 7 des Berichts referiert ai einen „historischen Hintergrund“. Das Britische Völkerbundsmandat wird erwähnt – aber nicht sein ausdrücklicher Auftrag, nämlich die Errichtung einer jüdischen Heimstätte im Gebiet Palästinas, das ursprünglich auch noch das heutige Jordanien umfasste.

Der Teilungsbeschluss der UNO-Vollversammlung vom November 1947 für das Britische Mandatsgebiet Palästina wird erwähnt – nicht aber, dass das bereits die zweite Teilung war, nachdem bereits 1922 75 Prozent des den Juden versprochenen Landes dem saudischen Emir Abdallah zugeschoben worden war. Mehr als 800.000 palästinensische Flüchtlinge durch den Unabhängigkeitskrieg Israels werden betont – mehr als 800.000 jüdische Flüchtlinge, die in derselben Zeit aus arabischen Ländern fliehen mussten, verschwiegen.

Arabische „Kontrolle“, israelische „Besatzung“

Die Besatzung der Westbank und des Gazastreifens zwischen 1949 und 1967 durch Jordanien und Ägypten wird als „Kontrolle“ beschrieben. Großzügig wird darüber hinweggegangen, dass in dieser Zeit niemand einen Palästinenserstaat gefordert hatte. Doch dann „eroberte“ Israel das Land und „besetzte“ es, um „Ostjerusalem später unter Verletzung internationalen Rechts“ zu annektieren.

Dass politische Aktivisten der Palästinenser oder Israelis ihre jeweilige Propaganda betreiben, ist verständlich. Aber warum lässt sich das „unparteiische“ Amnesty instrumentalisieren? Warum wird das friedliche Miteinander von israelischen und palästinensischen „Siedlern“ – manchmal innerhalb ein und derselben Siedlung in den südlichen Hebronbergen -, das es nachweislich seit Jahrzehnten gibt, völlig ausgeblendet?

Warum werden Darstellungen der israelischen Siedler, die palästinensischen Beduinen seien erst in die Nähe ihrer Ortschaften gezogen, seit sie dort Wasser bekommen haben, überhaupt nicht in Betracht gezogen? Warum wird verschwiegen, dass es in den südlichen Hebronbergen auch jüdische Siedler gibt, denen israelische Konkurrenten das Leben schwer machen, etwa durch die Zerstörung von Trinkwasser- und Bewässerungsanlagen?

Weiß ai nicht, wie Beduinen und die erwähnten Höhlenbewohner von der Palästinensischen Autonomiebehörde behandelt werden? Sollte so ein offizieller und kritischer Bericht nicht in Betracht ziehen, dass es eine ganze Reihe von Hamra-Höhlenbewohnern gibt, die sich seit Jahren darum bemühen, als Juden und Israelis anerkannt zu werden? Das sind Tatsachen – und die Frage drängt sich für jeden auf, der die Lage in der Gegend kennt, warum ai auf einem Auge blind zu sein scheint?!

Palästinensischer „Terror“ am Rande erwähnt

Israel kontrolliert die Wasserquellen und schränkt die Bewegungsfreiheit der Palästinenser ein. Der Gazastreifen ist im Würgegriff der israelischen Blockade. All das stimmt und ai wird nicht müde, diese Aspekte der Lage in Israel und den Palästinensischen Gebieten mantrahaft zu wiederholen. Auffallend ist, dass die Menschenrechtsorganisation dabei kein Wort über den seit mehr als drei Jahren entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit verliert. Kein Wort wird an den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen verschwendet, der seit fast zehn Jahren israelische Zivilisten in Atem hält.

Palästinensischer „Terror“ wird nur ein einziges Mal erwähnt, in einem Zitat der israelischen Behörden, die den Bau „des Zauns/der Mauer“ als „Verteidigungsmaßnahme gegen das Einführen von Terroristen, Waffen und Sprengstoffen in den Staat Israel“ rechtfertigen – was nach Ansicht des ai-Berichts natürlich völlig abwegig ist, weil der Sperrwall in erster Linie den Zugang der Palästinenser zu den besten Wasserquellen verhindern soll.

Ungerechtigkeit und Versäumnisse auf Seiten Israels sollten nicht übersehen werden. Aber ai macht es sich selbst und den Palästinensern zu leicht, indem es diese einfach aus jeglicher Verantwortung entlässt. Es ist richtig, Israel kontrolliert und überprüft, wie viel Wasser die Palästinenser pumpen. Aber was wäre die Alternative? Die Palästinenser wild bohren und pumpen zu lassen, obwohl sie noch nicht einmal ihre eigenen Milizen unter Kontrolle zu halten vermögen?

ai stellt Bilder von israelischen Siedlern im Swimmingpool Bildern von Beduinenkindern, die vor einem verdreckten Wassertank Fußball spielen, propagandawirksam gegenüber. Die Swimmingpools der Luxushotels in Ramallah oder Bethlehem werden ebenso verschwiegen, wie die daneben liegenden Villen palästinensischer Millionäre, die Privatschwimmbäder in der Größe der öffentlichen Siedlerschwimmbäder beinhalten.

Wasser niemals zu militärischen Zwecken missbraucht

Warum weiß ai nicht, dass sowohl Palästinenser als auch Israelis versichern, dass im Laufe all der Jahre kriegerischer Auseinandersetzungen das Wasser niemals zu militärischen Zwecken missbraucht wurde? Es wäre palästinensischen Terroristen ein Leichtes gewesen, die Wasserzuleitungen für die israelischen Siedlungen zu zerstören – oder das Wasser zu vergiften. Genauso hätten die Israelis ihren palästinensischen Nachbarn den Wasserhahn einfach abdrehen können. Beides ist niemals geschehen!

Im Rahmen der Abkommen von Oslo hat sich Israel dazu verpflichtet, seinen palästinensischen Nachbarn eine bestimmte Menge von Trinkwasser zu liefern. Niemand hat Israel bislang beschuldigt, sich nicht an diese Vereinbarungen gehalten zu haben. Auch der ai-Report kritisiert nicht etwa einen Vertragsbruch des jüdischen Staates, sondern die Verträge. Nach Ansicht von Experten der Weltbank können die vereinbarten Wassermengen bei weitem nicht den Bedarf der palästinensischen Zivilbevölkerung decken.

Selbstverständlich haben die israelischen Unterhändler die Interessen ihres Staates vertreten und sich möglichst viele Vorteile für die eigenen Landsleute bemüht. Wäre es nicht Aufgabe der palästinensischen Unterhändler gewesen, die Bedürfnisse ihres eigenen Volkes zu vertreten? Wenn die palästinensische Autonomieführung den Traum von einer Rückkehr von drei bis fünf Millionen Flüchtlingen für realistisch hält und das Ganze nicht nur ein anti-israelischer Propagandatrick ist, hätte auch der Frischwasserbedarf dieser Menschen in die Verhandlungen mit einbezogen werden müssen.

Warum packt Amnesty International nicht beide Seiten bei ihrer Verantwortung? Jedem Außenstehenden müsste klar sein, dass es eine Illusion ist, dass Israelis oder Palästinenser ihr jeweiliges Wasser vollkommen unabhängig von der jeweils anderen Seite verwalten können. Eine Einigung und darauf folgende Kooperation ist ein Muss der Nachbarn. Dazu gibt es keine Alternative. Warum fordern ai und die internationale Gemeinschaft, die viele der Wasserprojekte in der Gegend finanziert, diese unumgängliche Kooperation nicht ein?

Schadhafte Leitungen im Gazastreifen

Laut ai-Bericht versickert ein Drittel des palästinensischen Wassers – nach Angaben von Mitarbeitern der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) sind es gar 40 Prozent – aufgrund von kaputten Leitungen. Durch das unzureichende Wasserversorgungs- und -managementsystem besteht laut Weltbank im Gazastreifen akute Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

Auch dieses Problem weiß Amnesty dem Staat Israel in die Schuhe zu schieben, der durch seine restriktive Besatzungspolitik angeblich den Palästinensern eine Reparatur der Systeme verunmöglicht. Dass im Zentrum von Gaza-Stadt stundenlang geborstene Wasserleitungen ungehindert von israelischen Soldaten oder palästinensischen Installateuren vor sich hin sprudeln, interessiert ai offensichtlich nicht.

Eine Woche vor der Veröffentlichung des ai-Berichts verkündete UNICEF die Installation von zwei Entsalzungsanlagen im südlichen Gazastreifen. Am 21. Oktober meldete die palästinensische Nachrichtenagentur „Ma´an“ kommentarlos, „in der vergangenen Nacht“ sei das Material „durch den Kerem Schalom-Übergang verladen“ worden – was darauf deutet, dass die Abriegelung der Israelis offensichtlich doch nicht so hermetisch ist, wie oft beklagt.

UNICEF-Sprecher Sadschi Mughanni versprach, dass diese beiden Anlagen innerhalb von zwei Monaten beginnen würden, 40.000 Menschen zu versorgen. Bei einer Kapazität von fünfzig Kubikmetern pro Stunde werden allein diese beiden Salinen mehr als 400.000 Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr produzieren.

Wenn es jetzt plötzlich so einfach ist, diese Meerwasserentsalzungsanlagen in Betrieb zu nehmen, warum wurde das nicht schon längst getan? Warum kritisiert ai nicht alle Beteiligten, Israelis und Palästinenser, aber auch die internationalen Hilfsorganisationen und die UNO, dass sie Jahre mit politischen Querelen verschwendet haben, anstatt alternative Trinkwasserquellen zu erschließen?

Warum keine sachliche Untersuchung?

„To fish in troubled waters“ übersetzt Langenscheidt mit „im Trüben fischen“. Amnesty International muss sich nach diesem Bericht, der von sachlichen Fehlern wimmelt, die Frage gefallen lassen, warum es in den trüben Gewässern antisemitischer Ressentiments herumstochert, anstatt durch eine sachliche und ausgewogene Untersuchung zur Klärung von Missständen in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten beizutragen.

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