JERUSALEM / BEIRUT (inn) – Der Streit ums Wasser zwischen Israel und dem Libanon hat an Schärfe zugenommen: Die libanesische Regierung plant künftig zusätzlich 5.000 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag mehr aus dem Hasbani-Fluß abzuleiten, der den Jordan speist. Israels Regierung befürchtet Wasserknappheit im eigenen Land – amerikanische Wasserexperten wollen jetzt den Fall prüfen.
Im Auftrag der libanesischen Regierung haben Ingenieure ihre Arbeit an dem Ableitungssystem am Wochenende fortgesetzt. Es sollen künftig fünf oder sechs libanesische Dörfer im Südlibanon mit Trinkwasser aus dem Hasbani-Fluß versorgt werden.
Bereits am Dienstag vergangener Woche hatte Israels Premierminister Ariel Sharon die libanesische Regierung gewarnt, nicht noch mehr Wasser aus dem Hasbani-Fluß abzuleiten. Der Libanon pumpt bereits sieben Millionen Kubikmeter Trinkwasser im Jahr aus dem Hasbani und seinem Nebenfluß dem Wazzani. Neun Millionen Kubikmeter sollen es laut Trinkwasser-Plan der libanesischen Regierung werden. Ariel Sharon sieht in dem Vorhaben die Absicht, einen „Vorwand für einen Krieg“ zu bekommen. Ferner nannte er den Plan „…eine Provokation, die Vereinbarungen und internationale Gesetze verletzt…“.
Darauf reagierte der libanesische Präsident Emile Lahoud am Freitag: „Israel will nicht glauben, daß die Zeit der Besatzung vorbei ist. Die Anwesenheit Israels an der Sheba-Farm (ein umstrittenes Gebiet am Har Dov, d. Red) und die ständige Kontrolle von libanesischen Gewässern muß aufhören.“ Unterdessen hatte der Generaldirektor von Libanons Außenminister, Mohammed Issa, den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, sein Land vor etwaigen Militäraktionen Israels zu schützen. Vergangene Woche hatte daraufhin die US-Regierung Israel gebeten „seinen Ton in dem Wasserkonflikt zu mildern“.
Inzwischen haben sich amerikanische Wasserexperten für Montag in Beirut (Libanon) angekündigt, um den Fall zu begutachten, berichtet die israelische Tageszeitung „Ha`aretz“ am Montag. Vertreter aus der amerikanischen Botschaft in Beirut hatten am Sonntag bestätigt, daß sowohl Israel als auch der Libanon mit den Prüfungen dieser Experten einverstanden sind.
Der Hasbani-Fluß entspringt im Libanon und gehört neben dem Banias und dem Dan zu den Flüßen, die in den Jordan münden. Der so gebildete Jordan stürzt später 290 Meter tief in den Kinneret (See Genezareth/Galiläa), der Israel zu einem Drittel mit Wasser versorgt.
Obwohl das „Hasbani-Projekt“ keine Initiative der radikal-islamischen Hisbollah-Organisation ist, hat sie ihre Unterstützung bekundet. Hisbollah-Streitkräfte sollen das Gebiet bewachen, in dem die Ingenieure Wasserleitungen legen. Der Generalsekretär der Hisbollah, Scheich Hassan Nasarallah, sagte Freitag dazu, daß die Arbeiten an der Wazzani-Quelle ein „erneuter Sieg für den Libanon“ seien. Israel habe Angst vor einer „zweiten Front“ neben dem Palästinenseraufstand in den Gebieten.