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Tony Blair, ein Freund Israels

Der scheidende britische Premierminister Tony Blair könnte neuer Gesandter des Nahost-Quartetts werden. Laut amerikanischen Medienberichten überlegen USA, EU, UN und Russland, ihm diesen Posten anzubieten.

Blair scheidet am 27. Juni nach zehn Jahren aus dem Amt. Wie die „Washington Post“ am Donnerstag unter Berufung auf US-Regierungsbeamte berichtete, wollen ihn die USA als Chefdiplomaten des so genannten Nahost-Quartetts. Blair solle zwischen Israel, den Palästinensern und den Nachbarstaaten vermitteln und palästinensischen Behörden beim Aufbau von Institutionen für einen eigenen, lebensfähigen Staat helfen, schrieb die „New York Times“. Ein ähnliches Amt hatte von Mai 2005 bis Ende April 2006 der frühere Präsident der Weltbank, James Wolfensohn, ausgeübt.

Der Nahost-Beauftragte des Weißen Hauses, David Welch, habe am Mittwoch mit Blair in London darüber gesprochen, so die Zeitung weiter. Bush habe die Idee am Dienstag auch mit dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert in Washington diskutiert. Israel stehe dem Vorschlag sehr positiv gegenüber, hieß es.

Der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Sean McCormack, äußerte sich nicht zu Spekulationen über eine Besetzung durch Blair. Auch aus London gab es zu den Berichten bislang keinen Kommentar.

Engagement im Nahostkonflikt

Blair löste im Mai 1997 John Major im Amt des Premierministers ab. Er gilt als engster Verbündeter von US-Präsident George W. Bush und, ebenso wie sein amerikanischer Kollege, als pro-israelisch. In seiner letzten Rede als Premierminister auf einem Labour-Parteitag in Manchester am 26. September 2006 sagte Blair: „Von jetzt an bis zu meinem Ausscheiden werde ich mich für einen Frieden zwischen Israel und Palästina einsetzen, genauso wie ich es beim Nordirland-Konflikt getan habe. Vielleicht habe ich keinen Erfolg. Aber ich werde es versuchen, weil ein Frieden im Nahen Osten ein Sieg über den Terrorismus ist.“

Der Jahrhundertkonflikt zwischen Israel und den Arabern sei hauptverantwortlich für die Trennung zwischen dem Westen und der pan-muslimischen Welt, bekannten er und Bush nach ihrem Gipfel Ende März 2003 im amerikanischen Camp David, dessen Thema eigentlich die Entmachtung des Diktators von Bagdad war. Deshalb müsse der Nahostkonflikt endlich gelöst werden.

Schon früh hat sich Blair für eine Zweistaaten-Lösung in Israel ausgesprochen und war auch darin gleicher Meinung wie Bush. Jener sei der erste US-Präsident, der sich auf eine Zweistaatenlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt festgelegt hat, betonte Blair vor vier Jahren. Und weiter erklärte er, dass ein „unabhängiger Palästinenserstaat ein zentrales Anliegen britischer Außenpolitik“ sei.

Blair sprach im Juli 2003 vor dem US-Kongress in Washington; von den britischen Premierministern wurde diese Ehre zuletzt Margaret Thatcher 1985 zuteil. Dabei forderte er die arabische Welt auf, den Staat Israel zu akzeptieren und die anti-israelische und anti-jüdische Hetze zu stoppen. Er sprach von „abscheulicher Propaganda gegen Israel und gegen die Juden, die den Kindern gelehrt wird“ und forderte, sie müsse aufhören. „Man kann Menschen nicht zum Hass erziehen und sie dann aufzufordern, Frieden zu praktizieren.“

Als Blair im April 2003 den damaligen israelischen Premierminister Ariel Scharon nach London einlud, bekräftigte er die Israelis darin, am Friedensplan „Roadmap“ festzuhalten. In einem Interview mit der israelischen Tageszeitung „Jediot Aharonot“ sagte Blair, er und Großbritannien seien „Freunde Israels“. Die „Roadmap“ ist eine Initiative des „Nahost-Quartetts“.

Ein Jahr später zeigte Blair bei einem Besuch von Israels damaligem Außenminister Silvan Schalom in London Verständnis für Israels Sicherheitsbedürfnis und begrüßte ausdrücklich das Vorhaben Scharons, alle Siedlungen im Gazastreifen zu räumen. Doch schon damals warnte Blair vor einem möglichen „Vakuum“ in diesem Gebiet.

Immer wieder forderte Blair von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), einen glaubhaften Sicherheitsplan vorzulegen. Ohne ihn sei eine Fortsetzung der Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern kaum möglich. Die PA antwortete erbost darauf und nannte die Forderung Blairs „obszön und heuchlerisch“.

Nachdem die Hamas in die palästinensische Regierung gewählt wurde, forderte Blair sie dazu auf,
die Bedingungen der internationalen Gemeinschaft zu erfüllen. Diese fordert die Anerkennung Israels und bereits bestehender Verträge sowie einen Verzicht auf Gewalt. „Niemand bezweifelt, dass die Hamas gewonnen hat“, fügte der britische Premier mit Bezug auf die Parlamentswahlen vom Januar 2006 hinzu. Doch die militante Organisation müsse Demokratie und eine Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, „wenn sie Hilfe will“.

Bereits im April 2004 ging die Israel-Sympathie Blairs vielen britischen Politikern zu weit: Eine Gruppe von 52 ehemaligen Diplomaten griff den Premierminister scharf an. In einem Brief forderten sie ihn auf, seine Nahost-Politik radikal zu ändern. Sie prangerten vor allem die „enge Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten“ in der Nahost-Politik an.

Auch als zuletzt im Juni dieses Jahres eine Vereinigung von britischen Universitätsdozenten und die größte Gewerkschaft für Angestellte im Öffentlichen Dienst zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Boykott gegen israelische Institute und Organisationen aufriefen, bekam Blair die Kritik im eigenen Land zu spüren. Die Gewerkschaft warf dem Premier vor, trotz der „schändlichen Ereignisse von 2006“ genau wie die USA hinter Israel zu stehen.

Am 1. März 2005 lud Blair Vertreter von etwa 23 Staaten sowie UN-Generalsekretär Kofi Annan und den EU-Außenbeauftragten Javier Solana zu einer großen Nahost-Konferenz ein. Unter den Gästen waren auch Bundesaußenminister Joschka Fischer, US-Außenministerin Condoleezza Rice und der russische Außenminister Sergei Lavrov. Israel war hingegen nicht offiziell vertreten. Thema der Konferenz war weniger der Friedensprozess, als vielmehr die Bedingungen dafür auf palästinensischer Seite.

Anlässlich des Zweiten Libanon-Krieges an Israels Nordgrenze sagte Blair, der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah zeige, dass die westliche Welt im Kampf gegen Extremismus ebenso wie auf Gewalt auch auf Werte setzen müsse. Der „Bogen des Extremismus“ bringe Amerika und seine Alliierten dazu, einen Kampf „sowohl der Werte als auch der Kraft“ zu kämpfen. Blair verteidigte Israels Verhalten und wies auf die „Provokation“ der Hisbollah hin, die erst zu dem Konflikt geführt habe. Die Absicht sei es gewesen, „Chaos, Teilung und Blutvergießen“ zu schaffen. Dies sollte Israel zu einer Vergeltung reizen, was wiederum den Unmut der arabischen und islamischen Welt entfachen würde.

Schließlich widerfuhr ihm auch unter den Palästinensern der gleiche Protest, der bis dahin Bush vorbehalten war: im September 2006 unterzeichneten mehrere palästinensische Organisationen, politische Fraktionen und Einzelpersonen eine Erklärung, in der sie den bevorstehenden Besuch des britischen Premierministers in den Autonomiegebieten ausdrücklich ablehnten. Sie hatten ihn zur „persona non grata“ erklärt.

In Israel stieg das Ansehen Blairs und ganz Großbritanniens während seiner Amtszeit hingegen erheblich. Bei einer Umfrage im September 2006 hielten fast zwei Drittel der Israelis den britischen Premier für „einen wahren Freund Israels“. Großbritannien ist für die meisten Israelis das europäische Land mit den besten freundschaftlichen Beziehungen zu Israel. Auf die Frage, inwiefern sie der Aussage zustimmen würden, dass Blair ein wahrer Freund des Heiligen Landes sei, gaben 51 Prozent Zustimmung an, 12 Prozent sogar „vollste Zustimmung“.

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