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Teitels Hass auf Palästinenser, Homosexuelle, Liberale und messianische Juden

Es war ein Schock für die christliche Welt, als im März 2008 ein Purim-Geschenk explodierte und der messianische Jude Ami Ortiz schwer verletzt wurde. An Purim feiert das jüdische Volk den Sieg über den persischen Judenhasser Haman. Die Geschichte wird im Buch Ester in der Bibel beschrieben.

„Einer soll dem andern Geschenke schicken“, so steht es schon in der Heiligen Schrift (Ester 9,22). Deshalb dachte sich der 15-jährige Ami nichts dabei, als er das kleine Paket vor der Wohnungstür seiner Familie in Ariel, der größten israelischen Siedlung im Herzen von Samaria, aufhob und mit in die Wohnung nahm. Auf den Gedanken, dass Juden diesen biblischen Brauch missbrauchen könnten, um dem Hass auf ihre Volksgenossen, die an Jesus als den Messias Israels glauben, Luft zu machen, war bis dahin niemand gekommen. Ami Ortiz hat seit der Explosion des Purim-Geschenks 14 Operationen über sich ergehen lassen müssen.

Trotz konkreter Hinweise und Aufnahmen einer Videokamera vor dem Eingang der Ortiz-Wohnung fanden Polizei und Geheimdienst Israels keine heiße Spur. Unter messianischen Juden wurde in den darauf folgenden Monaten nicht selten der Verdacht laut, den Sicherheitskräften des jüdischen Staates, die sonst für ihre Effizienz im Auffinden von Bombenlegern einen legendären Ruf besitzen, liege überhaupt nichts daran, die Täter zu finden. Zu sehr seien sie Misstrauen und Hass gegen die Jesus-gläubigen Juden verpflichtet. Aus jüdischer Sicht steht der Name „Jesus von Nazareth“ für alles, was Christen im Laufe von 2.000 Jahren dem jüdischen Volk angetan haben. Ein Jude, der Jesus als seinen Herrn und Erretter anerkennt, wird von seinesgleichen als Verräter betrachtet, selbst wenn er als Israeli loyal seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachkommt und in der Armee sein Leben riskiert.

Ultra-orthodoxer Anwalt vertritt messianische Familie

Was weniger bekannt wurde: Rechtsanwalt Jossi Greiber von der Anwaltskanzlei Greiber & Klein, der sich mit viel persönlichem Engagement für die Familie Ortiz einsetzt, ist selbst orthodoxer Jude. „Meine Kollegen warnten mich“, erzählt Greiber, „dass die Übernahme des Falles einige unserer Klienten dazu veranlassen könnte, uns den Rücken zu kehren.“ Doch der orthodoxe Jude sieht sich dem Wort des Propheten Micha (6,8) verpflichtet: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ Deshalb, so Rechtsanwalt Greiber, „werde ich der Ortiz-Familie allen Schwierigkeiten und Hindernissen zum Trotz zur Seite stehen, durch Feuer und Wasser, gegen alle, die sie verfolgen und ihnen widerstehen“.

Mitte der ersten Oktoberwoche 2009 verhafteten nun israelische Sicherheitskräfte in einer außergewöhnlichen Aktion von Spezialeinheiten, die gleichzeitig in Jerusalem, Schwut Rachel und Beitar Illit durchgeführt wurde, den amerikanisch-stämmigen Jaakov Teitel – und verhängten sofort eine Nachrichtensperre, die erst Anfang November aufgehoben wurde. Nach wochenlangen Verhören bekannte sich der vierfache Familienvater aus der samarischen Siedlung Schwut Rachel unter anderem zu dem Bombenanschlag am 20. März 2008 auf die Familie Ortiz.

Darüber hinaus soll Teitel am 8. Juni 1997 einen Ostjerusalemer Taxifahrer und zwei Monate später einen palästinensischen Hirten nahe der Siedlung Karmel in den südlichen Hebronbergen erschossen haben. Im selben Jahr verletzte er im Jerusalemer Unabhängigkeitspark einen Araber mit einem Messer. Im November 2006 wurde in der Polizeistation der Siedlung Eli eine Bombe Teitels von Sprengstoffexperten entschärft und im April 2007 verletzte eine weiterer Sprengsatz einen Palästinenser in der Nähe des Beit Dschamal-Klosters bei Beit Schemesch. Im selben Jahr zündete der jüdische Terrorist Bomben in den Jerusalemer Vierteln Ramot und Ramat Schlomo, durch die allerdings niemand zu Schaden kam. Am 25. September 2008 verletzte er den liberalen Professor der Hebräischen Universität und Träger des renommierten Israel-Preises Se´ev Sternhell in Jerusalem mit einem Sprengsatz.

Ferner schließen die israelischen Ermittler nicht aus, dass er auch für Anschläge im Zusammenhang mit der Homosexuellenparade in Jerusalem und für die Ermordung von zwei israelischen Polizisten im Jordantal verantwortlich sein könnte. Jaakov Teitel brüstete sich zudem, einen Bombenanschlag auf einen Homosexuellenclub in Tel Aviv verübt zu haben. Obwohl er im Jerusalemer ultra-orthodoxen Viertel Har Nof verhaftet wurde, als er Plakate klebte, die diesen Anschlag verherrlichten, liegen dem israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Beit bislang noch keine ausreichenden Beweise vor, um ihm dieses Verbrechen anlasten zu können.

Jaakov „Jack“ Teitel wurde im November 1972 in Florida in eine amerikanische ultra-orthodoxe Familie hineingeboren. Der Vater war Zahnarzt und hatte während des Vietnam-Krieges in der US-Marine gedient, die Mutter Arzthelferin. Er studierte Psychologie und machte einen Abschluss in Business, verdiente sein Geld in letzter Zeit aber durch die Entwicklung von Internetseiten. In Schwut Rachel hielt er auch einige Ziegen.

Erste Verhaftung bei Israel-Besuch 1997

Mitte der 1990er Jahre reiste er mehrfach als Tourist nach Israel, wanderte durch die Hebron-Berge und begann vom Leben als Farmer zu träumen. Im August 1997 wurde er erstmals verhaftet, weil er verdächtig war, an der Straße in der Nähe der jüdischen Siedlung Karmel den Palästinenser Issa Machmara erschossen zu haben. Während des Verhörs gab er zu, nach Israel gekommen zu sein, um durch Anschläge gegen Palästinenser Selbstmordattentate zu rächen. Mangels Beweisen wurde er freigelassen und kehrte in die USA zurück.

Im Jahr 2000 wanderte Jack Teitel nach Israel ein, ließ sich in Schwut Rachel, einer kleinen Siedlung im Herzen Samarias, nieder und heiratete 2003 die britische Tanzlehrerin Rivka Pepperman aus Manchester. Das Paar hat heute vier Kinder im Alter zwischen drei Monaten und fünfeinhalb Jahren. Aufgrund seines Alters, seines ärztlichen Zeugnisses und seines familiären Status wurde er nie in die Armee eingezogen.

Drei Wochen lang wurde Teitel nach seiner Festnahme verhört ohne das Recht auf einen Anwalt. Deshalb wurde seine Festnahme und die Ermittlungen bis vor dem Obersten Gericht verhandelt. Teitels Rechtsanwalt Adi Keidar sieht hierin einen klaren Verstoß gegen die Menschenrechte seines Klienten. Den Vorwürfen Keidars, die Ermittler hätten die Geständnisse erpresst, hält die Polizei entgegen, Teitel habe die Verbrechen nicht nur bekannt, sondern auch noch einmal durchgespielt und dabei Details offenbart, die nur dem Mörder bekannt gewesen sein können.

Bei der Durchsuchung seines Hauses hat die Polizei automatische Schusswaffen und Sprengstoff sichergestellt. Die Waffe, mit der er die beiden Palästinenser ermordet haben soll, konnte allerdings bislang noch nicht gefunden werden. Nach Erkenntnissen der Ermittler ist Teitel Autodidakt und hat sich sein Expertenwissen im Umgang mit Waffen und Sprengstoff durch das Internet angeeignet. Möglicherweise hat er auch brauchbare Beobachtungen in der Armeezeit seines Vaters gemacht.

Als Erklärung dafür, warum Teitel zwölf Jahre seit seinem ersten Verbrechen unbehelligt bleiben konnte, sehen die israelischen Ermittler vor allem, dass er allein agiert habe und sehr verschlossen ist. Er war ein Einzelgänger, sprach kein Hebräisch und nahm kaum an den Synagogengottesdiensten in seinem Heimatdorf teil. Nicht einmal mit seiner Frau Rivka sprach Jaakov über seine terroristischen Aktivitäten.

Warum hat Jaakov Teitel seine Terroranschläge begangen? – Neben der Bombe, die Professor Se´ev Sternhell verletzte, fand sich eine schriftliche Erklärung. Darin wird der „Erzschurke“ beschuldigt, die Gebote der Torah aufzulösen und „die Lieben“ zu töten. „Der Staat Israel“, heißt es dort weiter, „löscht die jüdischen Siedlungen in der Westbank aus“, „zerstört unsere Brüder im Gusch Katif physisch und emotional“, „missbraucht unsere Frauen und Kinder physisch und sexuell“, „lässt Hunderte von palästinensischen Terroristen frei“, „fördert künstliche Befruchtung“, „verschuldet die Ermordung von 25.000 jüdischen Babys in jedem Jahr“ und „unterstützt christliche Missionare, deren einziges Ziel es ist, unsere Religion zu verlassen“. In den Verhören bekannte Teitel, er habe Sternhell umbringen wollen, weil der Professor zum Mord an jüdischen Siedlern aufgerufen habe.

Bekannte trauen ihm Straftaten nicht zu

Doch seine Bekannten behaupten, sie hätten derartige Dinge niemals von ihm gehört. Seine Frau besteht darauf, dass er in keinerlei Aktivitäten gegen Homosexuelle involviert gewesen sei und Teitels ehemaliger Rechtsanwalt Baruch Ben Josef, der selbst regelmäßig an Demonstrationen gegen Homosexuelle teilnimmt, bestätigt Rivka Teitel. Selbst rechtsextreme jüdische Aktivisten, die Teitel kennen, beschreiben ihn als „großes Geheimnis“, einen ruhigen, introvertierten Mann, der niemanden in sich hineinsehen ließ. Seine Frau glaubt nicht, dass ihr Mann in der Lage wäre, die Verbrechen zu begehen, die ihm jetzt vorgeworfen werden. Gegenüber der Öffentlichkeit ist ihr wichtig, klar zu stellen, dass niemand in der Familie oder der Siedlung Schwut Rachel die Taten rechtfertigt, die ihrem Mann zur Last gelegt werden. Bei Verhören vor Gericht berief sie sich bislang auf ihr Aussageverweigerungsrecht.

In der öffentlichen Diskussion um den jüdischen Terroristen, der deshalb so gefährlich war, weil er allein agierte und keinerlei Mitwisser hatte, gerät die Frage der messianischen Juden derweil immer mehr in den Hintergrund. Auch die Mitopfer Teitels, Palästinenser, Liberale und Homosexuelle, sind kaum mehr Gesprächsstoff. Vielmehr vermuten rechtsgerichtete Israelis eine Rufmordkampagne gegen alle israelischen Siedler, vermuten einen Zusammenhang zwischen der Aufhebung der Nachrichtensperre und dem 15. Jahrestag der Ermordung des israelischen Premierministers Jitzhak Rabin. Linke Kommentatoren sehen Jack Teitel als Spitze eines Eisbergs und befürchten einen jüdischen Untergrund, der seine Wurzeln in der Siedlerbewegung hat und alle Friedensbemühungen mit den sowieso nicht gesprächsbereiten Palästinensern zunichte macht.

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