JERUSALEM / DAMASKUS (inn) – Die syrische Presse hat unter dem neuen Regime ihre Haltung über Israel geändert. Dies zeigt eine Studie des Institutes für Politik des jüdischen Volkes (JPPI) in Jerusalem. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der neue Präsident den Fokus der staatlichen Medien auf die Feindseligkeit gegenüber Israel deutlich reduziert hat.
Spätestens mit dem Treffen von Präsident Ahmed al-Scharaa mit US-Präsident Donald Trump in Riad hat der syrische Herrscher seinen Platz in der internationalen Gemeinschaft gefunden. Um die Orientierung des neuen Regimes gegenüber Israel zu bewerten, führten JPPI-Forscher eine eingehende Analyse von Hunderten von Meinungs- und Kommentarartikeln in den wichtigsten staatlich betriebenen Zeitungen Syriens durch. Die Zeitungen „Al-Hurrija“ (die Freiheit) und „Al-Thawra“ (der Aufstand) waren beide ehemals mit dem Assad-Regime assoziiert und dienen nun als offizielle Plattformen der neuen Regierung.
Die Forscher nutzten KI-basierte Werkzeuge, um den Ton und die Stimmung gegenüber Israel in diesen Publikationen zu bewerten. Zudem maßen sie das Gesamtvolumen der Berichterstattung über Israel vor und nach dem Regimewechsel, anhand von Veröffentlichungen der offiziellen syrischen staatlichen Nachrichtenagentur SANA, die weiterhin unter der neuen Regierung operiert.
Der Vergleich konzentrierte sich auf die Zeiträume zwischen Januar und Mai dieses Jahres und den gleichen Monaten des Vorjahres.
Das wichtigste Ergebnis
Unter dem neuen Präsidenten ging die Berichterstattung über Israel erheblich zurück. Während unter Baschar al-Assad Israel in bis zu 43 Prozent der SANA-Berichte vorkam, fiel dieser Anteil unter Al-Scharaa auf nur 7 Prozent.
Zudem analysierten die Forscher den Ton der Berichterstattung, indem sie Meinungsartikel über die beiden Zeiträume hinweg verglichen. In „Al-Thawra“ behandelten in Al-Assads letztem Jahr an der Macht fast 25 Prozent der Meinungsartikel (147 von 595) Israel, wobei über 95 Prozent als „sehr negativ“, weitere 4 Prozent als „negativ“ und nur 0,7 Prozent als „etwas negativ“ eingestuft wurden. Im Gegensatz dazu behandelten unter Al-Scharaa nur 5 Prozent der Meinungsartikel Israel.
Die JPPI-Analysten weisen darauf hin, dass eine kürzlich durchgeführte Studie der ägyptischen Medien ergab, dass 30 Prozent der Meinungsartikel sich auf Israel konzentrierten – das sind sechsmal mehr als in Syrien unter Al-Scharaa.
Über die Änderung im Volumen hinaus scheint es auch eine geringe Veränderung im Tonfall gegeben zu haben. In der Al-Scharaa-Ära von „Al-Thawra“ wurden 65 Prozent der Artikel als „sehr negativ“, 12 Prozent als „negativ“ und 6 Prozent als „etwas negativ“ klassifiziert, während 18 Prozent als „neutral“ eingestuft wurden – letztere Kategorie hatte es im Vorjahr unter Al-Assad nicht gegeben.
Trotz Medien-Feindseligkeit scheint Al-Scharaa offen für Beziehung zu Israel
In der regierungsnahen Zeitung „Al-Hurrija“ blieb der Ton gegenüber Israel überwiegend negativ: In den nach dem Regimewechsel geschriebenen und veröffentlichten Artikeln waren 78 Prozent der Artikel „sehr negativ“, 11 Prozent „negativ“ und 11 Prozent „etwas negativ“.
Trotz des erheblichen Rückgangs im Berichtsvolumen bleibt der Ton zutiefst feindselig. In „sehr negativen“ Artikeln wird Israel als koloniale und aggressive Einheit dargestellt, die darauf abzielt, Syrien zu übernehmen, Chaos zu säen und auf Kosten regionaler Nationen zu expandieren.
Jaakov Katz, Direktor des Glazer-Informationszentrums der JPPI, folgerte: „Die neue syrische Regierung nähert sich dem Westen an, wie das jüngste Treffen Al-Scharaas mit Präsident Trump und die Entscheidung der USA, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, zeigen. Al-Scharaa hat angedeutet, dass er offen für Beziehungen zu Israel ist, und seine Schritte, die mediale Feindseligkeit gegenüber Israel zu mildern, verstärken diese Botschaft durch eine echte Politik.“
Die Veränderungen stuft Katz so ein: „Der starke Rückgang des medialen Fokus auf Israel – und in gewissem Maße sogar der Feindseligkeit – markiert eine bemerkenswerte Abkehr vom Ansatz des ehemaligen Präsidenten Assad.“ (mh)
6 Antworten
Kann man dem neuen Regime trauen? Nein.
Auch wenn ich Al Scharaa immer noch für einen Totschläger in Schlips und Kragen halte, so scheint er tatsächlich eine Verbesserung der Beziehungen zu Israel im Sinn zu haben. Das kann er natürlich nicht schlagartig machen,aber dieses Peu a Peu, diese allmählichen Änderungen kommen bei seinen Leuten wahrscheinlich besser an….wir werden sehen.
SHALOM
Inch’allah. Ob man dem Syrer über den Weg trauen kann, wird sich weisen. Derzeit hat er genug Probleme im eigenen Land. Israel wird ihn beobachten, die sind schliesslich nicht – wie meine Oma gesagt hätte – von Dummbach.
Vielleicht gibt dies Hoffnung für die Zukunft. Die Lage in Syrien bleibt jedoch unsicher.
Ich denke die jetzige Regierung in Syrien passt sehr gut mit der jetzigen Regierung in Israel zusammen (wie Arsch auf Eimer – wie mein Opa zu sagen pflegte…)! Auch wenn ich mir sehnlichst in beiden Ländern wünschen würde, das bei den nächsten Wahlen andere ans Ruder kommen (natürlich so humane und empathische wie möglich)! Shalom
P.S.: ich wünschte mir in Bezug auf Palästina/Palästinenser auch eine positivere Berichterstattung von Israelnetz 🙏
Welche andere Berichterstattung hätten Sie denn gerne? Haben Sie ein paar Beispiele?