Zwischen Besuchen in Jordanien und dem Libanon absolvierte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine intensive eintägige Stippvisite in Israel und der Palästinensischen Autonomie. In Ramallah traf sie den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, in Jerusalem Premierminister Ehud Olmert, Außenministerin Zipi Livni und Oppositionsführer Benjamin Netanjahu.
„In Anerkennung ihres lebenslangen Einsatzes für demokratische Prinzipien und aus Hochschätzung ihrer warmen und anhaltenden Freundschaft für das Volk und den Staat Israel“ wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel der Ehrendoktor der Philosophie der Hebräischen Universität Jerusalem verliehen. Die Kanzlerin erwiderte die ihr zuteil gewordene Ehre mit dem Versprechen, „dem Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus in Deutschland“, sowie „Israels Recht auf ein Leben in Sicherheit und Würde“ treu bleiben zu wollen.
Vor den Palästinensern wiederholte sie die alten Forderungen des Nahostquartetts, deren Kern eine Anerkennung Israels und eine Gewaltabsage beinhaltet – ein Ansinnen, das die Hamas postwendend zurückwies. Abbas forderte eine sofortige Aufhebung des Embargos, unter dem sein Volk leidet, und drohte, eine Fortsetzung des Boykotts werde als „vorsätzliche Belagerung des palästinensischen Volkes“ verstanden werden.
Palästinensische Kommentatoren kritisierten, dass Frau Merkel keinen einzigen Minister der neuen palästinensischen Einheitsregierung traf. Auf israelischer Seite dagegen wurde gemunkelt, die EU-Entscheidung, mit Nicht-Hamas-Ministern zusammenarbeiten zu wollen, überschatte das Treffen mit Olmert, da Jerusalem bislang jeglichen Kontakt mit der neuen PA-Führung ablehnt.
Doch es war nicht die angespannte Atmosphäre des üblichen diplomatischen Eiertanzes, sondern politische Frühlingsluft, die die Nahostreise der Kanzlerin umwehte. Bereits am Tag ihrer Abreise hatte EU-Außenminister Javier Solana in Bremen verkündet, erstmals seit Jahrzehnten sei ein umfassendes Friedensabkommen zwischen Israel und der arabischen Welt in Sicht. Tatsache war dann auch die gehobene Stimmung bei den drei Treffen mit Ehud Olmert.
Merkel forderte von Israelis und Palästinensern, die Gelegenheit nicht verstreichen zu lassen und forderte „Ergebnisse, so schnell wie möglich“. Olmert pries die deutsch-israelischen Beziehungen als „strategische Partnerschaft im Blick auf die künftigen Herausforderungen“. Und der israelische Regierungschef nutzte die Gelegenheit des Besuchs der EU-Ratspräsidentin, um Schlagzeilen zu machen, indem er die Führer der arabischen Welt zu einem Treffen aufforderte. In einem Interview mit dem amerikanischen TIME-Magazine hatte Olmert wenige Tage zuvor im Blick auf ein Treffen mit dem saudischen König Abdullah schon gemeint: „Der wäre erstaunt zu hören, was ich zu sagen habe.“
Was tatsächlich atemberaubend Neues im Gepäck der Diplomaten verborgen ist, wurde allerdings nicht deutlich. „Wenn er es in TIME lesen würde, wäre er ja nicht mehr erstaunt“, hatte Ehud Olmert bohrende Journalistenfragen in ihre Schranken gewiesen. Bei den Europäern mahnte Bundeskanzlerin Merkel Bescheidenheit an. Eine Lösung des Nahostkonflikts könne nicht „von oben“ aufgezwungen werden.
Der arabische Gipfel in Riad hat bei näherer Betrachtung kaum Neues erbracht. Die von den Arabern angebotene Anerkennung des jüdischen Staates ist nach wie vor an die aus jüdischer Sicht suizidale Forderung eines Rückkehrrechts aller palästinensischen Flüchtlinge gebunden. Auch eine vollkommene Rückkehr auf die Waffenstillstandslinien von 1949, die heute als „Grenzen von 1967“ gehandelt werden, ist wohl eher illusorisch, angesichts der Realität, dass sie eine Umsiedlung von fast einer Million Israelis voraussetzt.
Vielleicht sind es eher der Iran und sein fanatischer Präsident, die ein Zusammenrücken Israels mit seinen sunnitisch-arabischen Nachbarn bewirken und so ein „Fenster der Gelegenheit“ öffnen, durch das Frühlingsluft in das jüngste Treffen der deutschen und israelischen Regierungschefs wehte.
In ihrer Beurteilung der Bedrohung Israels durch den Iran und seine langen Arme, die Hisbollah im Libanon und die Hamas in den Palästinensergebieten, liegen sich Olmert und Merkel jedenfalls sehr nahe. Olmert hatte den palästinensischen Premierminister Ismail Hanije in dem bereits erwähnten TIME-Interview einen „Terroristen“ genannt.
Angela Merkel schlug selten deutliche Töne gegenüber dem Iran an und meinte, dass spätestens die Gefangennahme der 15 britischen Soldaten gezeigt habe, „mit wem wir es zu tun haben“. Sie versicherte Großbritannien der vollständigen Solidarität der EU bei den Bemühungen um die Freilassung seiner Soldaten. Genauso forderte sie dann auch die Freilassung des von den Palästinensern gefangen gehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit und die Rückkehr seiner beiden Kameraden Ehud Goldwasser und Eldad Regev, die seit dem Hisbollah-Angriff im vergangenen Sommer im Libanon verschollen sind.
(Bild: Wikipedia)