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„So habe ich den Sechs-Tage-Krieg erlebt“

Uwe Siemon-Netto, Kriegsreporter
Hat den Krieg von Jordanien aus dokumentiert: Uwe Siemon-Netto

Der evangelische Theologe und Journalist Uwe Siemon-Netto hat den Sechs-Tage-Krieg in Jordanien miterlebt. Für den Springer-Auslandsdienst berichtete er direkt aus dem Kriegsgebiet – als einziger Korrespondent aus einem arabischen Land. Doch wie konnte er seine Nachrichten angesichts der Zensur nach Hamburg übermitteln? Er diktierte sie den Kollegen durch das Telefon: „Ein Absatz kam durch, dann wurde das Gespräch unterbrochen“, erinnert sich der einstige Korrespondent, der heute in den USA lebt. Der Telefonist rief erneut in der „Welt“-Redaktion an, teilweise fünfmal – bis der Artikel übermittelt war. „Die Hamburger haben meinen Teil ins Englische übersetzt und nach London an den ‚Daily Telegraph‘ geschickt.“ Der britische Kollege ging mit seinem Part durch die Zensur, die Londoner schickten den Rest des Stückes, den hatte er über das Nahostbüro in Beirut abgesetzt. „Dadurch konnten wir immer Geschichten durchbringen.“

Am Morgen des 5. Juni erfuhren die ausländischen Hotelgäste, dass der Krieg ausgebrochen war und sie unter Hausarrest standen. „Dann kam mein Chauffeur in der Uniform eines Hauptmanns der jordanischen Armee, brachte mir Dschalabija und Kaffija und Sonnenbrille, weil ich nicht fröhlich genug aussah – er verwandelte mich also in einen Araber. Und dann hat er mich überall mit hingenommen, das war ganz lustig.“ Im Hotel konnten sie keine Nachrichten hören, die israelischen Nachrichten waren blockiert. Doch dann entdeckte Siemon-Netto, dass ein jiddischer Sender nicht blockiert war. „Ich hatte im Studium viel Mittelhochdeutsch gemacht, habe also mühelos für die Engländer übersetzt.“

Vom Hotel wurde der Journalist zur deutschen Botschaft gebracht. Da alle arabischen Staaten ihre Beziehungen zur Bundesrepublik abgebrochen hatten, war sie nun französisch. „Vom Dach habe ich beobachtet, wie die israelische Luftwaffe in 16 Minuten den gesamten Flughafen von Amman plattgemacht hat. Damit war der Krieg zu Ende.“

Mit Respekt spricht Uwe Siemon-Netto gegenüber Israelnetz vom damaligen jordanischen König Hussein, dem er nach dem Kriegsende begegnete – noch in der durchgeschwitzten Uniform. Zweieinhalb Tage hatte er ohne Pause im Panzer an der vordersten Front verbracht. „Hussein hatte noch Mut: Er sagte, der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser habe Jordanien mit Lügen und Verrat in den Krieg hineingezogen. Er wollte den Krieg nicht. Das war ein famoser Mann. Nasser hat das ja angekurbelt. Seitdem waren die Beziehungen zwischen Jordanien und Ägypten sehr gestört.“

Aufgezeichnet von: eh

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