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Sieben Tage in Hütten

Bis nach Mitternacht ist das Hämmern zu hören. Ich wundere mich, wer zu so später Stunde noch so einen Krach macht. Es ist unser Nachbar, der seine „Sukkah“ – seine Laubhütte – zimmert. Weil zwischen dem Großen Versöhnungstag „Jom Kippur“ und dem Laubhüttenfest „Sukkot“ kaum eine Woche Zeit ist, fangen viele Israelis schon am Abend des Jom Kippur an, ihre Laubhütten zu bauen.

Als Laubhütte dient meist ein Metallgerüst, an dem Stoffwände befestigt werden. Nach jüdischer Tradition können die Wände aus verschiedenen Materialien bestehen. Wenigstens zwei Seiten müssen geschlossen sein, damit eine echte „Hütte“ entsteht. Das Dach muss aus Pflanzen hergestellt werden, durch die man den Himmel sehen kann. Innerhalb der Sukkah soll aber der Schatten überwiegen. Normalerweise werden für das Dach Palmzweige verwendet, die man nach Jom Kippur in Israel an vielen Straßenecken neben anderen für den Laubhüttenbau nötigen Materialien kaufen kann.

Wer einen Garten oder einen Balkon hat, baut dort seine Laubhütte auf. Andere bauen sie auf der Straße vor dem Haus. Ganz ähnlich muss es in der Zeit des Zweiten Tempels ausgesehen haben, nur dass damals die Sukkot auch auf dem Tempelareal standen. Jedenfalls berichtet das Buch Nehemia aus der Zeit nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil: „Und das Volk ging hinaus [auf die Berge] und holte [Ölzweige, Balsamzweige, Myrtenzweige, Palmenzweige und Zweige von Laubbäumen] und machte sich Laubhütten, ein jeder auf seinem Dach und in seinem Hof und in den Vorhöfen am Hause Gottes und auf dem Platz am Wassertor und auf dem Platz am Tor Ephraim. Und die ganze Gemeinde derer, die aus der Gefangenschaft wiedergekommen waren, machte Laubhütten und wohnte darin. Denn dies hatten die Israeliten seit der Zeit Josuas, des Sohnes Nuns, bis auf diesen Tag nicht mehr getan“ (vgl. Nehemia 8,15-17).

Wenn Israelis des dritten Jahrtausends unserer Zeitrechnung diese Anweisung aus dem Buch Nehemia heute allerdings wörtlich nehmen, haben sie Schwierigkeiten mit der israelischen Naturschutzbehörde zu erwarten. Die Förster fürchten um die mühsam aufgezogenen Bäume in den spärlichen Wäldern Israels. Und orthodoxe Rabbiner betonen, dass eine Laubhütte aus gestohlenen Materialien nicht „koscher“ sei.

Sieben Tage und sieben Nächte lang soll die Sukkah während Sukkot Hauptwohnsitz einer jeden jüdischen Familie sein. Deshalb muss die Laubhütte mindestens so groß sein, dass ein Tisch darin Platz findet. Orthodoxe Juden achten darauf, dass während des Laubhüttenfestes in der Sukkah wenigstens gemeinsam gegessen wird. Manche übernachten auch darin – und das, obwohl es in den September- und Oktobernächten im israelischen Bergland schon empfindlich kühl werden kann. Tagsüber ist es in der Sukkotzeit in Israel in der Regel noch recht heiß. Juden, die das Laubhüttenfest in anderen Ländern gefeiert haben, berichten, dass man dort die Mahlzeiten auch schon mit Handschuhen eingenommen hat, weil es so kalt war.

Durch das Leben in der Sukkah lernt man also den Vorteil eines festen Hauses schätzen. Menschen gewöhnen sich schnell an Besseres, nehmen es selbstverständlich und vergessen dann, ihrem Schöpfer dankbar zu sein. Damit „eure Nachkommen wissen, wie ich die Israeliten habe in Hütten wohnen lassen, als ich sie aus Ägyptenland führte“ (3. Mose 23,43), soll das jüdische Volk jedes Jahr sieben Tage lang in Laubhütten wohnen. So hat Gott es befohlen, um sein Volk daran zu erinnern, dass es auch heute in der Abhängigkeit von ihm lebt, und um es Dankbarkeit zu lehren.

Innen werden die Laubhütten mit Bildern von sieben biblischen Gästen dekoriert: Abraham, Isaak, Jakob, Josef, Mose, Aaron und David. Jeden Tag wird einer von ihnen mit einem besonderen Segensspruch begrüßt. Abraham zum Beispiel hat seinen Platz in der Hütte, weil er selbst drei Gäste empfangen hat, die ihm dann die Geburt von Isaak verkündet haben. Außerdem erinnert der Blick durch das Laubdach zum Sternenhimmel an die Verheißung, die Gott Abraham gegeben hat. Die Kinder basteln gerne Schmuck für die Sukkah, wie etwa Ketten aus buntem Papier. Manche Laubhütten sind mit elektrischen Kerzen geschmückt und erinnern so eher an einen kitschigen Weihnachtsbaum.

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