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Sieben Jahre Haft für Ex-Präsident Katzav

TEL AVIV (inn) - Mosche Katzav, ehemaliger Staatspräsident Israels, ist zu sieben Jahren Gefängnis und zwei Jahren auf Bewährung wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung von Untergebenen verurteilt worden. Zusätzlich muss er 20.000 Euro Entschädigung an eine der Klägerinnen zahlen. Die Urteilsverkündigung wurde vom Richter George Kara, einem arabischen Christen, im Saal 606 des Tel Aviver Bezirksgerichts verlesen.

Während der Urteilsverlesung am Dienstagmorgen diskutierte Katzav mit den Richtern. Doch als das Strafmaß festgesetzt war, brach er in Tränen aus, während seine Familienangehörigen laute Schreie ausstießen. Katzav bezeichnete sich im Gerichtssaal als Märtyrer und Opfer einer Kampagne: "Das sind alles Lügen. Das ist ein Schauprozess gegen mich. Ich bin unschuldig."

Rechtsexperten erklärten, dass Katzav nicht einmal ein Drittel der Haftzeit wegen "guter Führung" erlassen werden könnte, da er keine Reue zeige und alle ihm angelasteten Taten abstreite. Weiter haben die Richter seine Taten als "Schande" bezeichnet. So verliert Katzav alle staatlichen Vergünstigungen als ehemaliger Staatspräsident.

In ihrer Urteilsbegründung beschrieben die Richter den Verurteilten als Gewalttäter, der sein hohes Amt ausgenutzt habe, um die Menschenwürde der Klägerinnen zu treffen. Die von Katzav in seiner Amtszeit als Tourismusminister und später als Präsident vergewaltigten Frauen dürfen bis heute nicht bei ihrem vollen Namen genannt werden. Doch die Richter sparten auch nicht an Kritik an der Presse und sogar am Oberstaatsanwalt Mosche Masus. Dieser hatte schon 2006 den damals nur verdächtigten Katzav öffentlich als Serientäter dargestellt. Das wurde von den Richtern als Vorverurteilung kritisiert.

Die offenbar jahrelang von Katzav an mehreren Frauen verübten Straftaten sind durch ihn selber an die Öffentlichkeit und damit auch zur Staatsanwaltschaft gelangt. Katzav hatte sich 2006 über einen Erpressungsversuch von einer der vergewaltigten Frauen beklagt. Eine Untersuchung ergab, dass sich Katzav sexueller Vergehen schuldig gemacht habe. Wenig später musste der im Iran geborene Staatspräsident sein Amt in Schimpf und Schande verlassen. Sein Nachfolger wurde Schimon Peres.

Erster Orientale im Präsidentenamt

Der 65 Jahre alte Mosche Katzav hat in Israel Geschichte geschrieben. Im Iran geboren und im Alter von fünf Jahren mit seinen Eltern nach Israel eingewandert, wurde er 1999 zum ersten Orientalen im höchsten Amt des Staates Israel gewählt. Ihm unterlag damals sein späterer Nachfolger Peres. Katzav konnte bei seiner überraschenden Wahl zum Staatspräsidenten Parteienklüngel infolge der gescheiterten Politik des damaligen Premierministers Ehud Barak nutzen.

Zuvor hatte Katzav im rechten Lager Karriere gemacht. In der Cherut-Partei, der Vorgängerin des Likudblocks, legte er sich mit Ariel Scharon an, der Katzav als Parteitagsvorsitzenden 1986 kurzerhand absetzen ließ. Jener Parteitag endete im Chaos mit Faustschlägen. Wenig später wurde Katzav Verkehrs- und Arbeitsminister. 1989, während der ersten "Intifada", wollte er mit großer Härte gegen die Palästinenser vorgehen. Er schlug vor, die besetzten Gebiete hermetisch abzusperren. Journalisten sollten nicht herein- und Palästinenser nicht herausgelassen werden. Weil damals die Palästinenser ihren Aufstand auch ins Kernland Israels trugen, begann so die Abtrennung zwischen beiden Völkern. Es begann mit einer Entlassung von rund 100.000 palästinensischen Gastarbeitern und erreichte einen Höhepunkt mit der Errichtung eines Sperrzauns mitsamt Mauer ab dem Jahr 2003.

In der Knesset stimmte Katzav gegen die Osloer Verträge, doch später, als Staatspräsident, sagte er, dass er das demokratische Mehrheitsvotum des Parlaments akzeptiere.

1996 war Katzav unter Premier Benjamin Netanjahu Tourismusminister. Wie wir heute wissen, betätigte er sich damals schon als "Jäger, der jede Mitarbeiterin für ein legitimes Jagdgefilde hielt", wie es ein Anwalt nach der Urteilsverkündung formulierte. Eine Beamtin erzählte von einem eigentümlichen Verhalten des Ministers, was damals aber noch nicht an die Öffentlichkeit gelangte. Er habe im Sommer "versehentlich" den jungen Frauen Wasser auf deren T-Shirts geschüttet, um ihre Hemden "durchsichtig" zu machen.

Entscheidung führte zu blutigem Aufstand

Fataler war der Beschluss von Katzav, einen Durchbruch von uralten unterirdischen Tunneln und Zisternen parallel zur westlichen Umfassungsmauer des Tempelberges zur Via Dolorosa zu genehmigen. Der Durchbruch war notwendig, um die Tunnel, heute eine der bemerkenswertesten Attraktionen Jerusalems, für Touristen zugänglich zu machen. Für die Palästinenser war das eine unerträgliche Provokation an heiliger Stätte und führte zu einem kurzen blutigen Aufstand, der als "Probe" für die zweite "Intifada" ab September 2000 betrachtet wird. Bei dem plötzlichen Gewaltausbruch starben über 80 Menschen. Mitarbeiter des Tourismusministeriums erzählten damals unter der Hand, dass Katzav vorgewarnt worden sei, und dass sein Beschluss ein "blutiger Wahnsinn" sei. Aber er ließ sich nicht beirren und befahl den Durchbruch, als der Premierminister gerade zu einem Abendessen auf Einladung von Bundeskanzler Helmut Kohl nach Bonn geflogen war.

Im Jahr 2005 schrieb Katzav Geschichte. Er war das erste Staatsoberhaupt des jüdischen Staates, das im Vatikan vom Papst, damals Johannes Paul II., empfangen worden war. 2006 schließlich musste er das hohe Amt verlassen, nachdem der Verdacht aufgekommen war, mehrfacher gewalttätiger Sexualverbrecher zu sein. Am 8. Mai soll er seine Gefängnisstrafe antreten, falls bei einem Berufungsverfahren nicht anders entschieden werden sollte.

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