Die Familie zog dann von Jordanien nach Israel und lebte in einem Dorf am Fuß des Tabor-Berges in Galiläa. Als Saida 13 Jahre alt war, habe sein Großvater ihn nach Hamat Gader nahe der jordanischen Grenze geführt und ihm aus der Ferne den Ort der mit großen schwarzen Steinen versperrten Höhle gezeigt.
Im Jahr 2005 reiste Saida nach Jordanien, suchte die Höhle und entdeckte in ihr alte Gräber und die Bleiplatten, exakt wie es ihm sein Großvater beschrieben hatte. Hassan Saidas Geschichte könnte den Erzählungen von „1001 Nacht“ entnommen sein und den Stoff für einen Kassenschlager aus Hollywood liefern. Derweil will Saida seinen Schatz vergolden. Er wandte sich an den Anwalt Sasson Bar Oz aus Haifa.
„Zahlreiche internationale Gutachten sprechen für Echtheit“
Gemeinsam stellten sie den Fund Wissenschaftlern aus aller Welt, Experten für alte Metalle und der israelischen Altertumsbehörde vor. „Ich bin von der Echtheit der Funde fest überzeugt und verfüge über zahlreiche Gutachten aus dem Ausland, die das bestätigen“, erzählt Bar Oz am Telefon. Ein Labor in Oxford habe festgestellt, dass die Bleiplatten echt seien, aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert nach Christus stammten.
An der Pariser Sorbonne habe ein Forscher bestimmt, dass auf den Platten ein siebenarmiger Leuchter und hebräische Buchstaben „im alten Stil“ abgebildet seien. Es könnten Amulette sein oder kabalistische Texte, entstanden in der Zeit des Rabbi Simon Bar Jochai. Der bekannte britische Forscher Robert Feder ist von der Echtheit der Dokumente fest überzeugt, gesteht aber, ein 2.000 Jahre altes Buch auf Bleiplatten noch nie zuvor gesehen zu haben.
Rabbi Schimon Bar Jochai lebte und wirkte während der Bar-Kochba-Aufstände gegen die Römer Anfang des zweiten Jahrhunderts. Anhänger der Kabbalah, der jüdischen Mystik, schreiben jenem Rabbi das grundlegende Werk der Kabbalah, „Sohar“ zu. Dieses Kompendium, das einst so umfangreich gewesen sein soll, dass 40 Kamele benötigt wurden, um es zu transportieren, wurde nach Ansicht von Forschern in Wirklichkeit erst im 13. Jahrhundert verfasst.
Bei der Polizei einschlägig bekannt
Die israelische Altertumsbehörde hält die Erzählungen Saidas und das bleierne Buch für einen üblen Betrug. Saida habe seinen Fund von Jordanien nach Israel geschmuggelt und wurde dabei auch gefasst. „Die Blei-Bücher sind eine Mischung aus Perioden und Stilen ohne jede Verbindung und Logik. Diese Motive befinden sich auf vielen Fälschungen in Jordanien und im Nahen Osten“, heißt es in einer offiziellen Erklärung der Behörde. Ihre Experten begutachteten einige Bleiplatten und identifizierten sie „eindeutig als Fälschungen“.
Ein Informant, der namentlich nicht genannt werden wollte, erzählte, dass Saida bei der Polizei und insbesondere in Jordanien „einschlägig bekannt“ sei, wollte aber nicht verraten, wegen welcher Vergehen. Die Altertumsbehörde sagte zu den Echtheitszertifikaten von Universitäten im Ausland, dass Bleiplatten alten Sarkophagen entnommen und heute von den Fälschern nachträglich mit Symbolen und Buchstaben versehen worden sein könnten.
Auf Anfrage sagte die Behördensprecherin, dass Saida dringend davor gewarnt worden sei, die alten Bleiplatten mit den mutmaßlich gefälschten Inschriften zu verkaufen, oder auch nur zum Verkauf anzubieten. Damit würde er sich strafbar machen. Sollte ein Verkauf der Platten bekannt werden, würden die Behörde „eine strafrechtliche Untersuchung einleiten“. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Antiquitäten-Fälschungen zu Weltsensationen hochgespielt, darunter ein Ossuarium (Knochenkasten) mit eingeritztem Namen des „Bruders von Jesus“, einer monumentalen Inschrift des biblischen Königs Jehoasch, und die Entdeckung eines Grabes, in dem die gesamte Familie Jesu, seine Frau und sogar sein Sohn begraben gewesen seien.