JERUSALEM (inn) – Der Schinui-Vorsitzende Josef (Tommy) Lapid, der am Mittwoch von Premierminister Ariel Scharon als Justizminister entlassen worden war, hat den Premier kurz darauf in der Knesset scharf kritisiert. Die Schinui-Partei sieht ihre Zukunft als stärkste Kraft in der Opposition und kündigte einen unerbitterten Kampf gegen die Regierung an.
Bei der Knesset-Sitzung am Mittwochabend bezichtigte der Vorsitzende der Koalition, Gideon Sa’ar (Likud), die Schinui des Antisemitismus. Denn diese hätte gegen den 50 Millionen-Euro-Zuschuss für die Ultra-Orthodoxen gestimmt. Auch der Abgeordnete der ultra-orthodoxen Schas-Partei nannte Lapid einen Antisemiten.
Lapid hingegen griff die orthodoxen Parteien scharf an: „Bei dem Vereinigten Torah-Judentum dreht sich alles nur um den Preis. Ein bisschen Unterstützung für ein bisschen Geld – viel Unterstützung für 50 Millionen Euro.“ Damit bezog er sich auf den Plan Scharons, der im Haushaltsplan für 2005 einen entsprechenden Zuschuss für ultra-orthodoxe Einrichtungen vorsah.
„Du, Arik (Scharon), wusstest, dass wir gegen diese Abmachung sein würden“, so Lapid. „Du hast es gemacht, weil wir gegen den Haushaltsplan stimmen würden und uns aus der Regierung zurückziehen würden. Denn so können die Arbeitspartei und die Ultra-Orthodoxen mit hinein genommen werden. Arik Scharon kauft die Strenggläubigen im Namen des Rückzugs, auch wenn sie eigentlich gegen den Rückzug sind. Das ist die größte Absurdität in der Geschichte der Politik.“
Mehrere Schinui-Politiker kündigten eine kämpferische Opposition an. „Ich habe keinen Zweifel, dass wir das führende Element in der Opposition sein werden“, so der Abgeordnete Reschef Chayne.
Sein Partei-Kollege Ronnie Brison sagte: „Jetzt sind wir nicht mehr durch irgendwelche Verpflichtungen gebunden, und wir können frei bei jedem Thema agieren. Speziell bei den Menschenrechten und der Situation der arabischen Bevölkerung.“
Eine Umfrage, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, bescheinigte der Schinui indes einen Rückgang der Stimmen bei der nächsten Wahl. Die Säkularen würden demnach nur noch 10 statt 15 Sitze in der Knesset erhalten. Der ebenfalls entlassene Infrastrukturminister Elieser Sandberg gab sich unbeeindruckt: „Auch bei der letzten Wahl sagten die Umfragen, dass wir nur neun oder zehn Sitze bekommen. Also braucht man sich über diese Umfrage keine Sorgen zu machen.“