JERUSALEM (inn) – Israels Premierminister Ariel Scharon hat am Montag vor der Knesset seinen Rückzugsplan als schwerste Entscheidung seines Lebens bezeichnet, die jedoch für Israel notwendig sei. Der Vorsitzende der Partei „Nationale Union“ musste nach mehreren Zwischenrufen den Saal verlassen.
Scharon sagte in seiner Eröffnungsrede vor der vollbesetzten Knesset, der Rückzug aus dem Gazastreifen und aus Siedlungen im nördlichen Westjordanland „stärke Israel“, und er beabsichtige, ihn durchzusetzen. Diese Entscheidung sei die schwierigste, die er je gemacht habe in seinem ganzen Leben „als Kämpfer und Kommandeur, als Politiker, Knesset-Mitglied, Regierungsminister und Premierminister“.
Wie die Tageszeitung „Ha´aretz“ berichtet, sagte Scharon, Israel könne mit dem Status quo nicht weitermachen. „Wir wollen nicht über Millionen Palästinenser herrschen, die sich in jeder Generation verdoppelt“, sagte Scharon. „Israel will eine Demokratie sein und kann das nicht tun.“
Scharon erklärte, er wisse, was die Entscheidung für die israelischen Bewohner des Gazastreifens bedeute, die im Namen der Regierung einst ihre Häuser dort bauten. Außerdem betonte er, er bleibe offen für Verhandlungen mit den Palästinensern. Sie müssten lediglich die Terror-Angriffe beenden. „Der Rückzugsplan ist kein Ersatz für Verhandlungen“ so Scharon, „er ist ein notwendiger Schritt in einer Phase, wo Verhandlungen unmöglich geworden sind. Alles ist offen, wenn der mörderische Terror endet“.
Eine Viertelstunde nach Redebeginn wurde der Vorsitzende der National-Religiösen, Effi Eitam, des Saales verwiesen, weil er Scharons Rede wiederholt mit Zwischenrufen gestört hatte. Ihm folgten Zvi Hendel und Uri Ariel von der Nationalen Union.
Die Knesset-Mitglieder werden am heutigen Dienstagabend um 20 Uhr über Scharons Plan abstimmen. Wahrscheinlich bekommt der Plan eine Mehrheit, die sich zusammen setzt aus 66 Abgeordneten des Likud, der Arbeitspartei, der Partei „Eine Nation“, der Schinui, Jahad, der Vereinten Arabischen Liste und einem Vertreter der Nationalen Union namens Michael Nudelman.
Die Zahl der Gegenstimmen wird auf 52 geschätzt. Dazu gehören 18 Abgeordnete des Likud, elf aus der Schas-Partei, je sechs aus der National-Religiösen Partei und von der Nationalen Union, zwei von der Vereinten Arabischen Liste und drei von der arabischen Balad-Partei.