Redeverbot für kritische Lehrer in Israel

JERUSALEM (inn) - Eine Meldung der Deutschen Welle über israelische Lehrpläne hat für Furore gesorgt. Darin hieß es unter anderem, auf den Schulhöfen dürfe während der Pausen nur noch israelische Musik erklingen. Eine Sprecherin des Bildungsministeriums nahm jetzt Stellung zu den Vorwürfen.

„Der Einfluss der rechtsnationalen Regierung in Israel macht vor den Schulen des Landes nicht Halt. In den vergangenen Monaten wurden die Lehrpläne und die Richtlinien für Lehrer deutlich verändert. Auf den Schulhöfen darf in den Pausen nur noch israelische Musik gespielt werden, und der erste Libanonkrieg von 1982 soll künftig nicht mehr auf dem Lehrplan stehen. Schuldirektoren, die sich gegen die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete ausgesprochen haben, wurden Anfang dieser Woche vor den Bildungsausschuss der Knesset zitiert.“ So lautet eine Kurzmeldung der Deutschen Welle.

In ersten Leserkommentaren werden die Verhältnisse in Israel schon mit 1933 in Deutschland verglichen. Die einzige Demokratie des Nahen Ostens sei nur noch mit den schlimmsten Diktaturen zu vergleichen.

Die Sprecherin des israelischen Bildungsministeriums nahm auf Anfrage zu jedem Kritikpunkt Stellung.

Es gebe keine Gesetze, sondern bestenfalls Empfehlungen für die Schulen. Diese seien frei, die Musik und das Schulläuten auf den Schulhöfen selbst zu gestalten. Weil sich bei Untersuchungen herausstellte, dass israelische Schüler in der Beherrschung der Sprache besonders schlecht abschnitten, wurde empfohlen, den Kindern auch mit Hilfe von Liedern eine bessere Kenntnis der hebräischen Sprache zu vermitteln. So kam die Idee auf, während der Pausen hebräische Lieder von Dichtern vorzuspielen, darunter von mittelalterlichen und modernen Klassikern wie Ibn Gabirol oder Bialik. Zwecks Pflege der hebräischen Sprache gebe es den Kanal 3 im Rundfunk, der allein hebräische Popmusik spiele.

Im arabischen Sektor mit dem separaten Lehrprogramm gebe es noch größere Probleme, hieß es weiter. Wegen des riesigen Unterschieds zwischen gesprochenem Arabisch und der Schriftsprache müssten Kinder bei ihrer Einschulung „regelrecht eine neue Sprache erlernen“. Deshalb hat das Ministerium beschlossen, künftigen arabischen Lehrern ein intensives Sprachstudium abzuverlangen, um das Unterrichts-Niveau in den arabischen Schulen zu heben.

„Unterricht über Libanonkrieg nicht verboten“

Zu der Kritik über ein angebliches Verbot, den Libanonkrieg von 1982 zu lehren, sagte die Sprecherin, dass es auch in diesem Fall kein „Verbot“ gebe. Sieben Jahre lang habe eine Kommission für den Geschichtsunterricht getagt und ein Lehrprogramm ausgearbeitet. Angesichts der beschränkten Lehrstunden in dem Fach sei es notwendig gewesen, die historischen Perioden zu beschränken. So sei beschlossen worden, im Augenblick moderne israelische Geschichte bis zum Jahr 1973 (Oktober- /Jom-Kippur-Krieg) zu lehren. Deshalb würden weder der Libanonkrieg von 1982 noch der Niedergang des Kommunismus gelehrt. Auch der Irak-Krieg von 1991 kommt nicht vor, in dem die Israelis mit Gasmasken ausgerüstet darauf warteten, mit irakischen Scud-Raketen beschossen zu werden, während der Staat Israel auf die Attacken nicht reagierte.

Die Sprecherin erklärte weiter, dass die Schulen frei seien, auch modernere Perioden zu lehren. An einer Aktualisierung des Lehrplans werde ohnehin ständig gearbeitet.

„Schüler sollen alle Standpunkte kennenlernen“

Zu der Information, wonach es Schulleitern verboten sei, über die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete zu reden, sagte die Sprecherin, dass tatsächlich zwei Schuldirektoren aus Tel Aviv eingeladen worden seien, vor dem Erziehungsausschuss der Knesset auszusagen. Bei der Beratung wurde festgestellt, dass das Bildungsministerium politische Diskussionen in Schulen zulasse. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass möglichst viele Meinungen, also auch die Standpunkte der unterschiedlichen politischen Parteien, den Schülern vorgestellt würden. Es gehe nicht an, dass Schuldirektoren ihren Einfluss nutzen, um den Schülern nur ihre eigene politische Sicht, zum Beispiel gegen die Besatzung, zu präsentieren.

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