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Rabbiner vergleichen Scharon-Plan mit „Münchener Abkommen“ von 1938

JERUSALEM (inn) – Namenhafte Oberrabbiner Israels haben sich am Dienstag vehement gegen die Ankündigung des Premierministers Ariel Scharon ausgesprochen, jüdische Siedlungen im Gazastreifen zu räumen – und verglichen den Plan mit dem „Münchener Abkommen“ von 1938. Politiker des linken Flügels reagierten empört auf diesen Vergleich und warfen den Rabbinern Anstachelung zum Mord vor.

Mehr als 200 Rabbiner aus ganz Israel waren am Dienstagabend zu einer Dringlichkeitssitzung in Jerusalem zusammengekommen, um über Scharons Räumungsplan zu beraten. Sie riefen den rechtsgerichteten Flügel der Koalition – die Nationalreligiöse Partei und die Nationale Union – dazu auf, die Regierung zu verlassen, sollte der Plan durchgesetzt werden oder Scharon den Plan US-Präsident George W. Bush präsentieren. Das berichtet der Internet-Nachrichtendienst „Israelinsider“.

Das Treffen, zu dem die Rabbinische Vereinigung für das Volk und das Land Israel aufgerufen hatte, eröffnete der Leiter der Gush-Emunim-internen Siedlerorganisation „Amana“, Ze’ev Hever. „Scharon meint seine Ankündigung ernst, und niemand darf sich darin täuschen, sein Plan sei unwahrscheinlich. Anders als frühere Pläne ist dieser einseitig, er verlangt keine Erfüllung von der Gegenseite“, sagte Hever.

An dem Treffen nahmen auch der ehemalige Oberrabbiner der Sefardischen Juden, Mordechai Eliyahu und der ehemalige aschkenasische Oberrabbiner Avraham Schapira teil. Schapira warnte: „Diejenigen, die diesen leichenhaften Gedanken haben, diesen blühenden Landstrich zu evakuieren und Juden daraus zu verstoßen, verlieren ihre Machtbefugnis.“

Rabbi David Hai Hacohen aus Bat Yam sieht im Abbau jüdischer Siedlungen ein Verbrechen gegen das jüdische Volk. Er verglich Scharons Plan mit dem Münchener Abkommen aus dem Jahr 1938. „Das Einverständnis, Teile unseres Landes an die größten Mörder und Kriminellen in der Welt abzugeben, ist ein unverantwortlicher und unmoralischer Akt, so wie der Vertrag von München, der mit den Nazis gemacht wurde. Mögen ihre Namen für immer getilgt sein“, so Hacohen. Durch den Vertrag mit Hitler erhofften sich damals die Unterzeichner Frankreich, Italien und Großbritannien mit der Zusage des tschechoslowakischen Sudetenlandes an das Deutsche Reich einen dauerhaften Frieden.

„Der Vergleich mit dem Münchener Abkommen war teilweise etwas heftig“, kommentierte das Knesset-Mitglied Zahava Gal-On (Meretz) das Rabbiner-Treffen. „Wir haben bereits gesehen, wie Worte zu einem Finger am Abzug werden können“, meinte Gal-On und wollte damit an das Attentat auf Jitzhak Rabin im Jahr 1995 erinnern. Der Mörder, Yigal Amir, stammte aus einem ultrareligiösen Umfeld. Für Gal-On sind die Rabbiner „tickende Zeitbomben“. Zusammen mit der Friedensbewegung „Frieden jetzt“ forderte sie die Generalbundesanwaltschaft dazu auf, Ermittlungen gegen sie einzuleiten.

Die Abgeordnete Dalia Itzik von der linksgerichteten Arbeitspartei nannte die Äußerungen „schockierend“. Auch unter den regierenden Politikern finden sich ihrer Meinung nach Unterstützer solcher Ansichten. Finanzminister Benjamin Netanjahu gehöre ebenso zu den „Hetzern“ wie Kultur- und Bildungsministerin Limor Livnat und Premier Scharon. Itzik sagte: „Die Rabbiner haben sicherlich nie gehört, was Demokratie ist. Wahrscheinlich haben sie nicht einmal etwas vom Rabin-Attentat gehört. Die Begriffe, die sie gestern benutzten, sollten niemals mehr im politischen Diskurs erlaubt werden.“

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