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Rabbiner protestieren gegen jüdische Schilder in Hebron

Israelische Rabbiner stören sich an hebräisch-englischen Erklärschildern in Hebron. Gemeinsam mit palästinensischen Aktivisten werfen sie den Siedlern vor, die arabische Geschichte der Stadt auslöschen zu wollen – und ziehen damit vor Gericht.
Dieses Schild erzählt Besuchern, Juden hätten infolge der Hebron-Abkommen von 1997 nur noch Zugang zu 3 Prozent der Stadt gehabt

HEBRON (inn) – Die israelische Organisation „Rabbis für Menschenrechte“ hat am Dienstag eine Petition beim Obersten Gerichtshof eingereicht. Darin protestiert sie gegen Schilder in hebräischer und englischer Sprache, die Juden in Hebron angebracht haben. Der Vorwurf: Die Siedler wollten dadurch die palästinensische Geschichte auslöschen. Beteiligt sind auch palästinensische Bewohner der Erzväterstadt.

Konkret geht es um Schilder in der Schuhada-Straße, deren palästinensische Läden seit mehr als zwei Jahrzehnten auf Anordnung des Militärs geschlossen sind. Sie beginnt in der Nähe des Patriarchengrabes und führt zu jüdischen Wohngebieten. Eines der Schilder weist etwa auf Juden hin, die in Hebron von Terroristen getötet wurden. Auf einem weiteren ist zu lesen: „Diese Läden wurden von der israelischen Armee aus Sicherheitsgründen geschlossen, nachdem Araber den ‚Oslo-Krieg‘ (auch bekannt als Zweite Intifada) im September 2000 begannen, wobei sie auf dieser Straße Juden angriffen, verwundeten und ermordeten.“

Die „Rabbis für Menschenrechte“ verweisen auf einen Antrag, den sie am 3. April gemeinsam mit der palästinensischen Interessengruppe „Jugend gegen Siedlungen“ gestellt hatten. Letztere strebt nach eigenen Worten einen gewaltlosen Widerstand gegen die israelische Besatzung an. In dem Antrag forderten die beiden Gruppen die Armee auf, ihnen Sicherheit zu gewähren, wenn sie „Schilder von palästinensischem Privatbesitz entfernen oder in Straßen, wo ausschließlich Palästinenser leben“. Doch die Armee habe sich geweigert und Sicherheitsbedenken als Grund angeführt.

„In einer systematischen, absichtlichen Weise löscht das Komitee für die Erneuerung der jüdischen Gemeinde in Hebron die kulturelle palästinensische Identität von der Hebroner Schuhada-Straße aus und ersetzt sie durch einen Narrativ, der mit dem Standpunkt ihrer Mitglieder übereinstimmt“, heißt es nun in der Petition ans Oberste Gericht. „Dies wurde durch Ausbeutung der schmerzvollen Realität verwirklicht, wo der größte Teil der örtlichen palästinensischen Bevölkerung aus ihren Häusern geflohen ist – als Folge strenger Einschränkungen, die ihnen von den israelischen Sicherheitskräften aufgezwungen wurden.“

Argumentation mit der Bibel

Die Antragsteller werfen den Siedlern vor, ursprüngliche arabische Schilder illegal entfernt zu haben. Dieses Vorgehen verstoße gegen kulturelle und soziale Rechte der Palästinenser. Die Armee habe weder eingegriffen noch dies den Palästinensern erlaubt. „Stellen Sie sich vor, wie wir reagieren würden, wenn jüdische Läden in Frankreich gezwungen würden, Schilder auszustellen, die das palästinensischen Narrativ ausdrücken“, schreiben die Rabbiner weiter. „Wie fern ist diese abscheuliche Aktivität von dem Gebot: ‚Einen Fremdling sollst du nicht bedrücken und bedrängen; denn ihr seid auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen.‘“ Das Zitat stammt aus 2. Mose 22,20, auf der Internetseite der „Rabbis für Menschenrechte“ wird jedoch als Quelle 1. Mose 22,22 angegeben.

Rabbiner und Palästinenser rufen das Gericht auf, die jüdische Gemeinde zu zwingen, die Schilder zu entfernen. Bis das geschehe, müsse es das Anbringen von neuen Schildern verbieten. Zudem sollten die Siedler Genehmigungen von der Stadtverwaltung oder der Zivilverwaltung für Judäa und Samaria vorweisen.

Die linksgerichtete nichtstaatliche Organisation zitiert den Gründer und Vorsitzenden von „Jugend gegen Siedlungen“, Issa Amro: „Die Siedler versuchen, die Schilder zu benutzen, um die Identität von Hebron zu verändern, die palästinensische Geschichte auszulöschen und vorzugeben, dass wir nicht existieren.“ Der Palästinenser ergänzt: „Der Name des Viertels, in dem ich geboren wurde, änderte sich vom arabischen Namen Bab el-Chan zum hebräischen Namen Emek Hebron.“ Der arabische Name bedeutet „Tor der Karawanserei“, der hebräische Ausdruck hingegen „Hebronebene“. Die letztgültige Absicht der genannten Schritte sei es, „es so aussehen zu lassen, als wäre Hebron ein Teil von Israel“.

Widerspruch: Araber wollten jüdische Geschichte auslöschen

Der Sprecher der jüdischen Gemeinde in Hebron, Noam Arnon, wies die Vorwürfe zurück. Es sei die seltsamste Petition, die er bisher gesehen habe, kommentierte er den Vorgang laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“. Die Gruppe von Rabbinern sollte die jüdische Verbindung zu Hebron besser verstehen als jeder andere. Es sei genau umgekehrt: die Araber hätten versucht, die jüdische Geschichte in der Stadt auszulöschen. Unter anderem hätten sie die Synagoge und jüdische Grabsteine zerstört.

Nach Arnons Auffassung erklären die umstrittenen Schilder die Geschichte der Stätten. Die Araber lehnten die Gegenwart von Juden in Hebron an sich ab. „Aber wir haben nicht die Tatsache abgelehnt, dass es Araber in Hebron gibt. Sie sind Teil der Geschichte der Stadt.“

Nach Einschätzung der „Jerusalem Post“ ist der Streit um die Schilder ein weiteres Element des „Kulturkrieges um Identität“ in der Stadt. In Hebron leben derzeit etwa 220.000 Palästinenser und weniger als 1.000 Juden. Der Oberste Gerichtshof indes hat den Staat Israel angewiesen, bis zum 1. September auf die Forderungen zu reagieren.

Von: eh

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