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Proteste gegen Rassismus

JERUSALEM / TEL AVIV (inn) - Hunderte Israelis haben am Donnerstagabend gegen Rassismus demonstriert. Anlass war eine Kundgebung gegen illegale Einwanderer vom Vorabend, bei der es auch zu Gewalt gekommen war. Israelische Politiker kritisierten die Ausschreitungen in Tel Aviv.

In Jerusalem protestierten mehrere Hundert Menschen gegenüber der Residenz von Premierminister Benjamin Netanjahu gegen "Rassismus in der Knesset". Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie "Die Knesset ist rassistisch, Israel geht drauf" oder "Stoppt Rassismus". Damit bezogen sie sich auf Äußerungen mehrerer israelischer Abgeordneter, die mit scharfen Worten Stellung gegen Einwanderer bezogen hatten.

Eine Kundgebung in Tel Aviv war dem Protest gegen die Ereignisse des Vortages gewidmet, etwa 200 Israelis nahmen daran teil. Die Demonstrantin Jael Weisbach sagte der Tageszeitung "Yediot Aharonot": "Ich bin hier, weil das, was geschieht, reine Aufhetzung zur Gewalt ist. Die Leute werden mit falschen Informationen über die Flüchtlinge gefüttert, die reizende Menschen sind."

Weisbach arbeitet für die Aktion "Marak Levinsky" (Levinsky-Suppe), bei der heiße Mahlzeiten an Flüchtlinge ausgegeben werden. Sie fügte an: "Ich habe von ihrer Seite nie eine Gewalttat oder  sexuelle Anzüglichkeiten erfahren. Der gewaltsame Protest am Mittwoch war wie eine Szene aus einem Holocaust-Film, nichts weniger. Den anderen wegen seiner Hautfarbe zu hassen, ist einfach eine Ritualmordanklage; wir verlieren unsere Werte." Direkter Anlass für die teilweise gewaltsame Demonstration vom Mittwoch war die Vergewaltigung einer 19-jährigen Israelin durch zwei Afrikaner (Israelnetz berichtete).

Netanjahu: Problem muss gelöst werden

Regierungschef Netanjahu (Likud) äußerte sich am Donnerstag in seinem Tel Aviver Büro zur illegalen Einwanderung: "Das Problem der Eindringlinge muss gelöst werden, und wir werden es lösen", sagte er bei einem Empfang von Kindern aus dem Jordantal, die ihm anlässlich des bevorstehenden Wochenfestes Schavuot Körbe mit Erstlingsfrüchten brachten. Israel werde in einigen Monaten den Bau des Sicherheitszaunes an der ägyptischen Grenze abschließen und bald damit beginnen, Flüchtlinge in ihre afrikanischen Herkunftsländer zurückzuschicken.

"Doch ich möchte klarstellen, dass hier kein Raum für die Äußerungen oder die Aktionen ist, deren Zeugen wir letzte Nacht wurden", betonte Netanjahu nach Angaben seines Büros. "Ich sage dies der Öffentlichkeit insgesamt ebenso wie den Bewohnern von Süd-Tel Aviv, deren Schmerz ich verstehe."

Auch der israelische Staatspräsident Schimon Peres verurteilte die Ausschreitungen: "Fremdenhass widerspricht den zentralen Grundlagen des Judentums. Ich bin mir der Schwierigkeiten wohl bewusst, auf welche die Bewohner von Süd-Tel Aviv treffen, und ebenso der harten Wirklichkeiten, denen sie ausgesetzt sind – aber Gewalt ist niemals die Antwort." Der Staat müsse einen Weg des Umgangs mit illegalen Migranten finden, "bei dem ihre Würde und Menschenrechte gewahrt werden".

Rivlin: Führungspersonen müssen Zorn in Schranken halten

Knessetsprecher Reuven Rivlin forderte bei einem Treffen mit US-Botschafter Dan Shapiro ebenfalls eine Lösung für die Flüchtlingskrise. "Es besteht kein Zweifel, dass der Staat Israel ein ernstes Problem hat, das mit Eindringlingen und Zufluchtsuchenden zusammenhängt, und die Regierung muss eine Lösung finden", sagte der Likud-Politiker laut der Zeitung "Jerusalem Post". An den Protesten vom Mittwoch übte er scharfe Kritik: "Wir können nicht die Sprache verwenden, wie sie Antisemiten über uns verwenden. Wir sind eine Nation, die unter Hetze und Schikanierung gelitten hat, also müssen wir besonders empfindsam und moralisch sein."

Ferner äußerte sich Rivlin zur Abgeordneten Miri Regev (Likud), die gesagt hatte: "Eindringlinge breiten sich aus wie ein Krebsgeschwür." Die Politikerin hätte sich besser an die Regierung gewandt und diese aufgefordert, Lösungen zu finden, so der Knessetsprecher. "Der Zorn der Bewohner und Geschäftseigner in Süd-Tel Aviv ist verständlich, aber wenn der Mob zornig ist, müssen Führungspersonen den Zorn in Schranken halten und Lösungen finden, anstatt die Flammen anzufachen."

Ähnlich äußerte sich der Minister für innere Sicherheit, Jitzhak Aharonovitsch (Israel Beiteinu). Er forderte die Vertreter der Öffentlichkeit auf, "Verantwortung zu zeigen und nicht zu hetzen, weil wir letztlich einen ganzen Sektor gegen einen anderen Sektor aufhetzen". Sudanesen und Eritreer müssten in einer geordneten Weise zurückgeschickt werden, weil die meisten von ihnen Eindringlinge seien und keine Flüchtlinge.

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