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Palästinensischer Premier klagt in Davos über Besatzung

Während viele arabische Länder vermehrt Frauenrechte und Innovationen für sich entdecken, wiederholt PA-Premier Schtaje in einer Diskussionsrunde die alten Anschuldigungen gegen Israel. Einen besonderen „palästinensischen Exportschlager“ benennt er dann aber doch.
Die Diskussionsrunde zur Wirtschaftslage in Nahost

DAVOS (inn) – Im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos haben Vertreter aus Politik und Wirtschaft auf einer Podiumsdiskussion über ökonomische Probleme und Perspektiven des Nahen Ostens debattiert. Einer der Sprecher war der Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde Mohammed Ibrahim Schtaje. Neben ihm saßen die ägyptische Ministerin für internationale Kommunikation Rania al-Maschat, der saudische Kommunikationsminister Abdullah al-Swaha, der Geschäftsführer der Al-Futtaim-Holding, Alain Bedschani, und der Geschäftsführer von Crescent Petroleum, Maschid Dschafar. Mitorganisiert hatte die Diskussion der Fernsehsender „Al-Arabija“ aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Der Austausch am Mittwoch drehte sich zu einem Großteil um den Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit im Nahen und Mittleren Osten sowie um Wachstumsperspektiven. Schtaje gab für wirtschaftliche Übel in den Autonomiegebieten Israel die Schuld, indem er gleich zu Anfang konstatierte: „Wir leben in Palästina unter ungewöhnlichen Bedingungen. Wir sind ein Volk unter Besatzung. Es ist nicht allein das Volk, sondern unser Land, unser Wasser, unser Territorium – alles.“ Seine Regierung versuche, damit umzugehen.

Dabei sei das Problem in „Palästina“ nicht die Arbeitslosigkeit unter Geringqualifizierten, sondern mit 45 Prozent insbesondere unter Universitätsabsolventen. Als eine Maßnahme passe seine Regierung die Abschlüsse an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes an und kombiniere Berufsausbildung mit Studium: „Wir übernehmen also beinahe das, was die Deutschen das Duale Studium nennen.“ Am Ende gehe es um die Standhaftigkeit „Palästinas“, darum, „wer geht und wer bleibt“. Hoffnung setzt Schtaje in den Tourismus: „Wir haben das Christentum in die ganze Welt exportiert. Deswegen sollte Bethlehem das Zentrum von religiösem Tourismus bleiben.“

Der Nahe Osten als leuchtendes Beispiel für Ethik und Werte

Angesichts der niedrigen Wachstumsraten der Region bemühte sich der Saudi Al-Swaha, Optimismus zu versprühen. Während weltweit viele Länder in der Demografie-Falle steckten, bestünden im Nahen Osten 70 Prozent der Bevölkerung aus Jugendlichen. Außerdem zeige ein Blick in die Geschichte: Die ganze Welt spreche von Künstlicher Intelligenz, die auf Algorithmen beruhe. Und wo hätten deren mathematische Grundlagen ihren Ursprung? Natürlich im Nahen Osten. Al-Swaha blickte auch schon in die Zukunft mit den Worten: „Die fünfte industrielle Revolution steht schon vor der Tür. Bei ihr wird es um Ethik und Vertrauenswürdigkeit gehen. Und welche Region könnte dafür ein besseres Beispiel geben als der Nahe Osten?“

Geschäftsmann Bedschani gab zu bedenken, dass durch das starke Bevölkerungswachstum künftig zwischen 80 und 100 Millionen neue Jobs benötigt würden. Dies setze Wachstum voraus, das nur durch Privatwirtschaft entstehe. Mittlerweile setze sich diese Erkenntnis auch in der Golfregion mit ihren aufgeblähten Staatsapparaten durch. Die Privatwirtschaft werde jedoch auch durch die Fragmentierung der Region abgewürgt, da etwa einheitliche Standards fehlten. Nur 16 Prozent des Handels betrieben die Länder innerhalb der Region, ohne Öl sogar nur 5 Prozent. Wachstum geschehe jedoch am besten in Blöcken, die nach innen wirtschaftlich stark integriert sind, wie der EU, NAFTA oder ASEAN. Bedschani konstatiert: „Die Region handelt mit der Welt, aber arbeitet nicht zusammen.“

Zu wenig Frauen und zu viel Imperialismus

Dschafar beklagte wie auch seine Vorredner die geringe Teilnahme von Frauen in der Arbeitswelt. Der Nahe Osten habe in diesem Punkt global mit Abstand die schlechtesten Werte. Ein Großteil der verfügbaren Arbeitskraft werde somit nicht genutzt. Eine Studie der Weltbank habe ergeben, dass die Region bei derzeitigem Fortschrittstempo noch 200 Jahre brauche, um bloß den Stand weiblicher Integration lateinamerikanischer Länder zu erreichen. Das müsse viel, viel schneller gehen.

Auf das Problem angesprochen, entgegnet Schtaje nur, dass die Beteiligung von Frauen gefördert werden müsse, und kommt dann schnell auf ein anderes Thema. Seiner Meinung nach sei das, was er „Sprach-Imperialismus“ nenne, ein großes Problem. Warum werde die Diskussionsrunde auf Englisch gehalten, obwohl diese von einem arabischsprachigen Sender organisiert worden sei?

Von: tk

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