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Ermordet, weil er Araber war

JERUSALEM (inn) – Der Hauptverdächtige im Mord an Muhammad Abu Chdeir hat im Verhör den genauen Tathergang geschildert. Demnach waren Wut und abgrundtiefer Hass die Beweggründe für das Verbrechen an dem 16-jährigen Palästinenser. Er und seine Komplizen hätten ihre Tat kurz darauf bereut.
An einer Tankstelle besorgten die mutmaßlichen Mörder Benzin, mit dem sie ihr Opfer später übergossen. (Symbolbild)

Der 29-jährige Josef Haim Ben-David ist mit zwei 16-jährigen Israelis angeklagt, Muhammad entführt und umgebracht zu haben. Nach seiner Aussage hatte er zuvor die Beisetzung der drei am 12. Juni ermordeten Talmudschüler gesehen. Dies habe die Entscheidung ausgelöst, sich in irgendeiner Weise an den Arabern zu rächen, berichtet die Online-Zeitung „Times of Israel“ unter Berufung auf die von der Polizei veröffentlichte Zeugenaussage.
Zunächst griffen sie am Abend des 1. Juli, einen Tag nach der Entdeckung der drei Leichen, in Ostjerusalem einen siebenjährigen Palästinenser an. Mussa Salum war mit seiner Mutter unterwegs. Die drei Juden wollten die Araber verprügeln. Einer der Jugendlichen habe den Jungen gepackt und gewürgt, erzählte Ben-David. Der Mutter schlugen sie ins Gesicht, ließen dann aber von den Palästinensern ab.
Überwachungskameras einer Tankstelle nördlich von Jerusalem zeigen, wie die drei Verdächtigen kurz darauf Flaschen mit Benzin füllten. Zuerst wollten sie einen arabischen Laden in der Stadt anzünden. Doch dann hätten sie „entschieden, sich höhere Ziele zu stecken“, schilderte Ben-David ihre Gedanken. „Wir sagten: ‚Sie haben drei von den Unsrigen genommen, lasst uns einen von Ihren nehmen.‘ Wir beschlossen, jemanden mitzunehmen, ihn zu entführen, windelweich zu prügeln und hinauszuwerfen.“
In einem kleinen Supermarkt kauften sie Energy-Drinks. Mittlerweile hatten sie ihre Kippot abgenommen, und die traditionelle religiöse durch säkulare Kleidung ersetzt. Auch dies dokumentieren Bilder einer Überwachungskamera.

„Erledige ihn!“

Auf der Suche nach einem Opfer entdeckten sie Muhammad, der allein draußen saß. „Diesen einen können wir überwältigen“, sagte Ben-David nach eigenen Angaben seinen mutmaßlichen Komplizen. Diese seien ausgestiegen und hätten den arabischen Jugendlichen nach dem Weg gefragt. „Er hat nicht wirklich geantwortet und sprach nicht besonders gut Hebräisch, er sagte: ‚geradeaus und rechts‘.“
Offenbar habe Muhammad jedoch Verdacht geschöpft. Er sei aufgestanden und habe Zahlen in sein Mobiltelefon eingetippt. Die beiden mutmaßlichen Komplizen hätten ihn geschlagen und in das Fahrzeug gezerrt, erinnerte sich der Hauptverdächtige. Um ihn am Schreien zu hindern, hätten sie ihm den Mund zugehalten. „Der Kerl hat versucht zu kämpfen und sein Bein ausgestreckt, um uns daran zu hindern, die Tür zuzumachen.“ Trotzdem hätten sie ihn zum Einsteigen gezwungen.
Der Palästinenser rief nach Ben-Davids Darstellung „Allahu Akbar“ (Allah ist am größten) und fluchte. „Ich habe in dem Augenblick nicht geglaubt, dass das wirklich passierte.“ Einer der Komplizen habe ihn am Hals gewürgt. „Ich rief ihm zu: ‚Erledige ihn, erledige ihn, töte ihn.‘ Der Kerl begann zu schlucken, schließlich hörte er auf zu kämpfen.“

Rache für Morde an Israelis

Nun hätten die drei Israelis beschlossen, in den Wald zu fahren, „um ihn loszuwerden“. Dort hätten sie die Autolichter ausgeschaltet und den bewusstlosen Jungen auf den Boden geworfen. Ben-David haute ihm nach eigener Aussage mehrfach mit einer Eisenstange auf den Kopf. Dabei habe er etwa gesagt: „Das ist für die Familie Vogel.“ Damit nahm er Bezug auf ein „Massaker“ in der Siedlung Itamar, bei dem zwei palästinensische Jugendliche 2011 fünf Mitglieder der Familie Vogel ermordet hatten (Israelnetz berichtete). Oder: „Das ist für Schalhevet Pass.“ Das zehn Monate alte israelische Mädchen war 2001 auf einem Spielplatz in Hebron von Palästinensern erschossen worden.
Der Hauptverdächtige ergänzte, sie hätten Muhammad mit Benzin übergossen. Nach Einschätzung des Gerichtsmediziners war der Junge zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch am Leben. „Ich trat dem Kerl dreimal in die Füße und sagte, während ich ihn trat: ‚Das ist für Ejal, und das ist für Naftali, und das ist für – ich erinnere mich nicht an den Namen des Dritten, vielleicht Gil-Ad.‘“ Das sind die Namen der drei ermordeten israelischen Jugendlichen.
Mit einem Feuerzeug habe er den Araber in Brand gesteckt, sagte der 29-jährige Israeli weiter. Sie hätten ein Geräusch gehört und Angst gehabt, dass er aufstehen könne. „Also beschlossen wir, zu töten, ihn loszuwerden.“ Später hätten sie über den Mord gesprochen und ihn bereut. Im Gegensatz zu den „Söhnen Ismaels“ – den Arabern –hätten sie als Juden ein Herz. „Ich sagte ihnen: ‚Ich werde euch die Wahrheit erzählen, wir hatten ein Ziel, aber das ist nichts für uns. Wir haben uns geirrt. Wir sind barmherzige Juden. Wir sind Menschen.“
Muhammads Leiche wurde am 2. Juli frühmorgens im Jerusalemer Wald entdeckt (Israelnetz berichtete). Die Anklage gegen die drei mutmaßlichen Mörder lautet unter anderem auf „Menschenjagd“, schreibt die „Times of Israel“. Sie hätten „grausam den Minderjährigen Muhammad Abu Chdeir entführt und ermordet, nur weil er ein Araber war“.
Ben-David lebt in der Siedlung Adam und hat ein Optikgeschäft in Jerusalem. Die Verteidiger haben versucht, ihn für vorübergehend unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Die beiden mutmaßlichen Komplizen stammen aus Jerusalem und Beit Schemesch. Weil sie minderjährig sind, werden ihre Namen nicht genannt. Laut Anklage haben der Hauptverdächtige und einer der beiden 16-Jährigen eine Geschichte der psychischen Krankheit hinter sich und werden derzeit mit Medikamenten behandelt. Auf die Beziehung zwischen den drei mutmaßlichen Tätern geht die Online-Zeitung nicht ein.

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