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Araber und Haredim: Polizei sucht Kontakt mit Minderheiten

Mit den Herausforderungen einer multikulturellen Gesellschaft haben sich am Dienstag Teilnehmer einer Diskussionsrunde in Jerusalem befasst. Auf dem Podium saßen auch ein arabischer und ein jüdisch-orthodoxer Bürgermeister. Anlass war die erste Nationale Konferenz zur persönlichen Sicherheit.
Multikulturelle Runde: (v. l.) Badi Hasisi, Jakov Ascher, Talal al-Krenawi und Moderatorin Gal Gabai.

In der Debatte im Internationalen Kongresszentrum ging es vor allem um die Beziehungen zwischen israelischen Minderheiten und der Polizei. Der Bürgermeister der Wüstenstadt Rahat, Talal al-Krenawi, sagte, auch die arabische Seite wünsche sich persönliche Sicherheit. Doch das Gesetz ziehe manchmal die Bedürfnisse der Araber nicht in Betracht. Dies führe zu Konflikten zwischen Gemeinde und Polizei.
Das Oberhaupt der hauptsächlich von Beduinen bewohnten Stadt im Negev stimmte zu, dass eine Zusammenarbeit mit den Behörden den Bürgern zugute komme. Er freue sich, dass die arabische Gesellschaft mehr und mehr gegen demokratiefeindliche Traditionen wie so genannte „Ehrenmorde“ ankämpfe. „Es darf nicht sein, dass sich ein Araber fürchtet, einen Mord bei der israelischen Polizei anzuzeigen“, schilderte er das Dilemma derjenigen, die sich von derartigen Traditionen distanzieren. Wenn die arabische Bevölkerung Ruhe wolle, müsse sie mit der Polizei zusammenarbeiten.
Neben Al-Krenawi saß der ehemalige Bürgermeister der ultra-orthodoxen Stadt Bnei Brak bei Tel Aviv, Jakov Ascher. Der heutige Knessetabgeordnete der Partei Vereinigtes Torah-Judentum räumte ein, dass es die Ermittler bei den Haredim mitunter schwer hätten. Doch in Bnei Brak gebe es mittlerweile einen städtischen Polizeidienst. „Überall in der Welt ist Polizei nötig“, betonte er. Nur ein bestimmter Teil der ultra-orthodoxen Bevölkerung stehe im Konflikt mit den Sicherheitskräften. Auch verwendeten Verbrecher manchmal Ausreden. Er verglich dies mit dem Vorwurf des Antisemitismus, wenn ein israelischer Kandidat beim „Eurovision Song Contest“ vorzeitig ausscheide. „Manchmal ist das Lied auch einfach nicht gut gewesen“, kommentierte der Rabbi derartige Beschuldigungen.
Die Schwierigkeiten der Neueinwanderer (Olim) sprach die Sozialarbeiterin Sarah Cohen an. Sie leitet die Wohlfahrtsabteilung im Einwanderungsministerium. Bei den Kindern der Immigranten aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion nimmt sie eine positive Entwicklung wahr. Die Lage dieser gebürtigen Israelis sei positiv. Olim aus Äthiopien würden hingegen mit Vorurteilen und Stigmata konfrontiert, auch wenn sie im Land geboren und aufgewachsen seien. Ihre Mitarbeiter arbeiteten jetzt verstärkt mit den Eltern und mit den Medien zusammen, um die Probleme dieser jungen Menschen in den Griff zu bekommen.

Polizei wünscht sich mehr Araber und Äthiopier

Der stellvertretende israelische Polizeichef Nissim Mor äußerte den Wunsch, dass sich noch mehr Araber, Drusen und Äthiopier für den Dienst bei den Sicherheitskräften ausbilden ließen. Immerhin habe sich seit den „Oktober-Unruhen“ zu Beginn der „Al-Aksa-Intifada“ einiges zum Positiven verändert, auch wenn der Prozess noch nicht beendet sei. Im Oktober 2000 waren bei Zusammenstößen mit der Polizei in Nordisrael 13 Araber ums Leben gekommen. Die Vorfälle hätten die Polizei zum Nachdenken gebracht, sagte Mor.
Jamit Alfasi von der Ben-Gurion-Universität in Be‘er Scheva arbeitet für das Programm „Stadt ohne Gewalt“. Sie wies darauf hin, dass die Polizei mitunter keine Wahl habe, als das Gesetz umzusetzen – selbst wenn sie die Kulturen von Minderheiten kenne und sensibel vorgehe. Wichtig sei das Gespräch mit den einzelnen Bevölkerungsschichten. Was die Tötungen aus Gründen der „Familienehre“ angehe, spreche die arabische Gesellschaft in Israel heute von „Mord“. Auch sei es inzwischen möglich, Themen anzusprechen, die vor ein paar Jahren noch ein Tabu gewesen seien – wie etwa Pädophilie. Der Austausch mit den Vertretern unterschiedlicher Kulturen müsse fortgesetzt werden.
Der Leiter des Institutes für Kriminologie an der Hebräischen Universität Jerusalem, Badi Hasisi, merkte an, dass Angehörige von Minderheiten zuweilen isoliert seien. Sie hätten dann auch keinen Kontakt zur Polizei. Doch er stellte auch fest: Viele Araber melden sich freiwillig, um den Sicherheitskräften zu helfen. Diese Motivation müsse die israelische Polizei nutzen, um der Herausforderungen der multikulturellen Gesellschaft Herr zu werden.

New York als positives Beispiel

Auf der Konferenz sprach auch der ehemalige New Yorker Polizeichef William Bratton. Im Plenum legte er dar, durch welche Maßnahmen die Zahl der Gewaltverbrechen in der US-Metropole in den vergangenen 24 Jahren deutlich zurückgegangen sei. So habe die Polizei gezielt Beamte an bekannten Brennpunkten platziert. Im Gegensatz zum Jahr 1990 sei die Atmosphäre in New York nicht mehr beängstigend. Dies habe auch den Tourismus wieder aufleben lassen. Heute hätten die Geheimdienste häufig im Voraus Kenntnis von einem geplanten Verbrechen und könnten entsprechend punktgenau agieren. Dies sei eine Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001.
Israels Polizeikommandeur Jochanan Danino kritisierte die Medienberichterstattung über Verbrechen. Als Beispiel nannte er eine Schlagzeile, die sich auf das Jahr 2013 bezieht: „Alle drei Tage ein Mord“. Das sei zwar richtig. Aber die Journalisten hätten nicht darauf hingewiesen, dass es die niedrigste Zahl seit vielen Jahren gewesen sei. Er frage sich, warum die Medien die Bürger ängstigen wollten. Die israelische Polizei habe bei der Verbrechensbekämpfung und bei der Prävention Fortschritte gemacht.
Veranstalter der ersten Nationalen Konferenz zur persönlichen Sicherheit war das Ministerium für innere Sicherheit. Zum Auftakt sprachen auch Minister Jitzhak Aharonowitsch, der Jerusalemer Bürgermeister Nir Barkat und Justizministerin Zippi Livni.

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