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Auf der Suche nach Kompromissen

Die Hürden für eine Regierungsbildung bleiben hoch. Die Chancen auf ein Gelingen und auf ein Scheitern halten sich die Waage. Derweil verändert sich die Parteienlandschaft weiter.
Will noch zwei zusätzliche Wochen zur Regierungsbildung: Blau-Weiß-Chef und Knessetsprecher Gantz (Archivbild)

JERUSALEM (inn) – Während die Israelis derzeit vor allem die Corona-Krise beschäftigt, ist auch die Politik-Krise noch nicht gelöst. Am Sonntag kündigte Blau-Weiß-Chef und Knessetsprecher Benny Gantz in einem Gespräch mit Staatspräsident Reuven Rivlin an, er werde nach Pessach um eine Verlängerung des Mandats zur Regierungsbildung bitten. Rivlin hatte Gantz am 16. März das Mandat gegeben. Die 28-tägige Frist endet in einer Woche, dann ist eine Verlängerung um zwei Wochen möglich.

Die Parteien Blau-Weiß und Likud hatten in der vergangenen Woche eigentlich Fortschritte in den Gesprächen bekanntgegeben. Laut den vorläufigen Vereinbarungen überlässt Premierminister Benjamin Netanjahu nach 18 Monaten Gantz die Regierungsgeschäfte; dabei wird Netanjahu auch nach der Übergabe in der offiziellen Residenz des Premierministers bleiben.

Trotz dieser Ankündigung hat Gantz dem Premier am Montag ein Ultimatum bis zum Nachmittag desselben Tages gestellt. Sollte es bis dahin zu keiner Einigung kommen, werde er mit einer Gesetzesgebung gegen Netanjahu weitermachen. Eines der geplanten Gesetze würde es verbieten, dass ein angeklagter Knessetabgeordneter wie Netanjahu eine Regierung bildet.

Der Fraktionsvorsitzende des Likud, Miki Sohar, warf Gantz „Mafia-Taktiken“ vor. Netanjahu werde sich nicht darauf einlassen, sagte er laut der Zeitung „Jerusalem Post“. „So schafft man keine Einheit. So hetzt und trennt man.“

Gretchenfrage Annexion

Zu den ungelösten Fragen in den Verhandlungen gehört jedoch die (Teil-)Annexion des Westjordanlandes, die Netanjahu in den vergangenen Wahlkämpfen versprochen hatte. Der Premier will dieses Projekt offenbar in seiner Amtszeit umsetzen. Er hätte dazu eine Mehrheit in der Knesset. Gantz, der gegen eine einseitige Annexion ist, erhofft sich wohl, als zukünftiger Verteidigungsminister in dieser Frage mitreden zu können, spekuliert die Onlinezeitung „Times of Israel“. Insofern zeigt sich Blau-Weiß in dieser Frage kompromissbereit.

Rückhalt für seine Position erhält Gantz von früheren Militärs der Vereinigung „Kommandeure für die Sicherheit Israels“. Diese warnte am Sonntag in einem Offenen Brief an Gantz vor einem Zusammenbruch der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) im Falle einer Annexion. „Jede Form einer Teilannexion wird vermutlich eine Kettenreaktion auslösen, über die Israel keine Kontrolle hat. Das würde zu einem Zusammenbruch der palästinensischen Sicherheitseinrichtungen führen und dann der Autonomiebehörde.“ Die 220 Unterzeichner, darunter auch frühere Mitarbeiter der Geheimdienste Mossad und Schabak, fordern Gantz auf, dafür zu sorgen, dass es zu keiner Annexion kommt.

Richterposten zu besetzen

Die Verhandlungen könnten aber auch an der Frage der Ernennung von Richtern scheitern. In der kommenden Regierungsperiode werden mindestens 4 von 15 Richterposten am Obersten Gerichtshof durch einen entsprechenden Knesset-Ausschuss neu besetzt. Die frühere Justizministerin Ajelet Schaked (Jamina) wies darauf hin, dass dies eine historische Chance sei, am Obersten Gerichtshof eine konservative Mehrheit zu etablieren.

Der Likud will den Ausschuss, der die Richter ernennt, mit Leuten aus den eigenen Reihen besetzen. Damit soll ein Gegengewicht zu einem geplanten Justizminister von Blau-Weiß entstehen. Zu dem neunköpfigen Ausschuss gehören zwei Abgeordnete und zwei Minister, einer von ihnen ist der Justizminister. Weiter gehören dem Ausschuss drei amtierende Richter an sowie Vertreter der Israelischen Anwaltskammer.

Unterdessen hat sich das linke Parteienlager weiter aufgespalten: Die Arbeitspartei löste sich aus dem Verbund mit Meretz. Erstere sieht gute Chancen auf eine Regierungsbeteiligung, während Meretz darauf beharrt, Netanjahu abzulösen. Ursprünglich traten im linken Lager drei Parteien gemeinsam an: die Arbeitspartei, Gescher und Meretz. Bereits am 17. März schied Gescher aus dem Bündnis.

Von: df

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