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Netanjahu verspricht Annexion von Siedlungen

Auf der Zielgeraden des israelischen Wahlkampfes kommt Regierungschef Netanjahu mit einer großen Zusage: Er will im Falle eines Wahlsieges jüdische Siedlungen dem Staat Israel einverleiben. Die Annexionspläne stoßen naturgemäß auf Kritik – für manchen aber ist die Kritik erstaunlich zurückhaltend.
Sorge vor einer „linken“ Regierung: Netanjahu hat an seine Anhänger gebeten, auch wirklich wählen zu gehen (Archivbild)

JERUSALEM (inn) – Wenige Tage vor den Parlamentswahlen in Israel hat Regierungschef Benjamin Netanjahu eine Annexion jüdischer Siedlungen im Westjordanland in Aussicht gestellt. In einem Fernsehinterview am Samstag betonte er, ihm gehe es nicht nur um Siedlungsblöcke, sondern auch um isolierte Siedlungen in dem Gebiet.

Die Äußerung stieß vor allem bei Palästinensern auf Kritik. Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, erklärte, eine Annexion würde internationales Recht verletzen. „Wir werden weiterhin in internationalen Gremien auf unser Recht pochen“, teilte er laut Mitteilung seines Büros mit. Der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich ebenfalls skeptisch. Nur eine Zwei-Staaten-Lösung sei eine tragfähige Lösung, sagte er laut dem israelischen Nachrichtensender „Kan Chadaschot“. Zwei Sätze neu:Die deutsche Bundesregierung teilte am Montag mit, sie sei angesichts der Annexionspläne „sehr besorgt“. Derartige Schritte gefährdeten eine Zwei-Staaten-Lösung.

Netanjahus politischer Hautprivale, der frühere Armeechef Benny Gantz vom Parteienbündnis Blau-Weiß, wies den Vorstoß nicht einmal zurück. Er halte ihn aber für ein leeres Versprechen, sagte er am Montag dem Armeeradio. „Wenn jemand etwas eine Minute vor der Wahl raushaut, wofür er 13 Jahre lang Zeit gehabt hat, ist das nicht sonderlich interessant.“

Der Spitzenkandidat der Arbeitspartei, Avi Gabbai, fand deutlichere Worte zu Netanjahus Plänen – und zu Blau-Weiß. Gantz und seine Mitstreiter würden nur „stottern“, wenn es um Kritik an Netanjahu geht, sagte er. Dabei sei Netanjahus Weg „gefährlich für Israel“. Die Wählerschaft müsse sich nun entscheiden, ob sie einen „zweiten Likud“ haben will oder eine „Alternative“. „Wenn Sie zum Lager des Wandels gehören wollen, müssen Sie deutlicher sprechen“, lautet seine Botschaft an die Wähler.

Enges Rennen

Am Freitag wurden die letzten Umfragen vor der Wahl veröffentlicht. Demzufolge liegen die beiden stärksten Widersacher, Netanjahus Likud-Partei und das Bündnis Blau-Weiß, nahezu gleichauf – mit leichtem Stimmenvorsprung für Blau-Weiß. Doch selbst wenn das Bündnis stärkste Kraft wird, ist ungewiss, ob es auch eine Regierung bilden kann. Das rechte Lager vereinte in den Umfragen deutlich mehr Stimmen auf sich als das linke. Vor allem erreichten die linken Parteien zusammgenommen selten die erforderliche Mehrheit von 61 Mandaten.

Üblicherweise erhält die stärkste politische Kraft auch den Auftrag für die Regierungsbildung. Staatspräsident Reuven Rivlin befindet darüber, wer den ersten Versuch starten darf. Grundsätzlich ist es auch denkbar, dass die zweitstärkste Kraft zunächst den Zuspruch erhält. Das war etwa nach den Wahlen 2009 der Fall: Damals erhielt die Kadima-Partei von Zippi Livni zwar die meisten Stimmen, aber Staatspräsident Schimon Peres beauftragte Netanjahu mit der Regierungsbildung – wegen der besseren Aussichten auf Erfolg.

Aufruf zum Wahlgang

Netanjahu betonte in den letzten Interviews und Social-Media-Posts, er sei sich ganz und gar nicht sicher, ob er gewinnen werde. Tatsächlich sei es eine Masche „der Medien“, zu behaupten, er stehe schon als Sieger fest, um die konservativen Wähler in Sicherheit zu wiegen. Er rief seine Wähler daher auf, am Dienstag auf jeden Fall wählen zu gehen: „Nur ein starker Likud kann eine linke Regierung verhindern.“

Zudem versprach Netanjahu, er werde „alle“ Parteien des rechten Lagers im Falle eines Wahlsieges mit ins Boot holen. Damit dürfte sich vor allem Naftali Bennett angesprochen fühlen. Die beiden Politiker sind sich ohnehin nicht grün, und zuletzt äußerte Bennett den Verdacht, Netanjahu wolle ihn und seine Partei, die Neue Rechte, überhaupt nicht in der Knesset sehen.

Unterdessen haben die Wahlen für bestimmte Berufsgruppen schon begonnen: Die israelischen Diplomaten in aller Welt gaben ihre Stimme bereits vor einigen Tagen ab. Seit Samstag sind auch die Armeeangehörigen dran. Am Dienstag sind dann die israelischen Bürger im Land aufgefordert, wählen zu gehen.

Von: df

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