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„Kein Waffenstillstand ohne innerpalästinensische Versöhnung“

Die Hamas hält einen Waffenstillstand mit Israel ohne Aussöhnung mit der Fatah für möglich. Dem widerspricht der ehemalige palästinensische Häftlingsminister Al-Adschrami bei einem Gespräch mit Journalisten.
Hält die PA für die beste der bestehenden Alternativen: Aschraf al-Adschrami

JERUSALEM (inn) – Eine innerpalästinensische Versöhnung ist die Voraussetzung für ein Abkommen mit Israel über ein Ende der Gewalt im Gazastreifen. Diese Ansicht hat der frühere palästinensische Häftlingsminister Aschraf al-Adschrami am Donnerstag vor Journalisten in Jerusalem geäußert. Damit widersprach er Äußerungen des Hamas-Führers Jahija Sinwar vom Mittwoch. Er fügte hinzu, deshalb übe die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) Druck auf die Hamas aus.

Der Fatah-Politiker kritisierte, dass die Hamas und Israel gedacht hätten, sie könnten bei ihren Gesprächen über eine Feuerpause die PA und deren Präsidenten Mahmud Abbas umgehen. Doch das Veto habe die Verhandlungen gestoppt, auch Ägypten habe eingelenkt – und werde nun wieder versuchen, die Versöhnung zwischen Fatah und Hamas zu vermitteln. Denn Abkommen mit Israel seien Angelegenheit der PA, nicht der Hamas oder des Islamischen Dschihad oder einer anderen Gruppe.

Nach Al-Adschramis Auffassung wollen die Ägypter nicht, dass die Hamas den Gazastreifen kontrolliert. Denn diese hat sich aus der Muslimbruderschaft abgespalten, die der ägyptischen Führung verhasst sei. Israel hingegen habe zwar drei „Kriege“ gegen die Hamas geführt, aber nur, um diese zu schwächen. Dabei hätte es ebenso dafür sorgen können, dass die PA erneut die Kontrolle in Gaza erlange. Doch das wünsche Israel nicht, weil es den Gazastreifen als separates Gebilde bevorzuge, was die Autonomiebehörde im Vorfeld von Verhandlungen schwächen würde. Die Hamas und Israel wollten keinen Krieg, sondern eine Vereinbarung, führte der Palästinenser weiter aus. Die Zusammenstöße zwischen ihnen seien „gemäßigt“. So setze die Hamas Kurzstreckenraketen ein, bombardiere aber nicht Tel Aviv.

Doch wie ist es der PA seiner Ansicht nach gelungen, die Gespräche zwischen Israel und der Hamas mit ägyptischer Vermittlung zum Erliegen zu bringen? Al-Adschramis Antwort ist klar: Abbas habe gedroht, ein etwaiges Abkommen zum Scheitern zu bringen. Dann hätte die PA ihre Zahlungen für das Gesundheits- und Bildungswesen im Gazastreifen eingestellt. Das gelte auch für die Auszahlung der Löhne und Renten an Angestellte der Autonomiebehörde. Diese beliefen sich auf eine Summe von rund 13 Millionen Dollar pro Monat, ergänzte der Politiker und Journalist auf Anfrage. Mit dem Druck könne die Autonomiebehörde die Hamas zur Versöhnung treiben.

„Keine Alternative zur PA“

Ferner sprach der ehemalige Minister, der als enger Vertrauter von Abbas gilt, über die schwierige Rolle der PA im Gazastreifen. Zwei Drittel der Bevölkerung wollten einen Wandel. Doch auch wenn die Autonomiebehörde nicht beliebt sei, gebe es keine Alternative: „Sie mögen es nicht, aber sie akzeptieren die Realität.“ Wahlen könne es nur nach einer Einigung zwischen Hamas und Fatah geben.

Er ging auch auf die Rolle der USA ein: Die Sanktionen gegen das Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge, UNRWA, und möglicherweise gegen die PA und palästinensische Projekte, stärkten in Wirklichkeit die Autonomiebehörde. Den Amerikanern als möglichen Vermittlern im Friedensprozess stehe ein solches Handeln nicht zu. Die Haltung der aktuellen US-Regierung zum israelisch-palästinensischen Konflikt bezeichnete Al-Adschrami als „die schlechteste, die es bislang gab“ – bei Demokraten und Republikanern. Sie schade auch der israelischen Sicherheit.

Trotz aller Vorwürfe gegen die Hamas: Für den Fatah-Anhänger ist der Hauptverantwortliche für die schwierige Lage im Gazastreifen immer noch Israel. Denn es habe herbeigeführt, dass die Hamas die Kontrolle in dem Gebiet übernehmen konnte. Der damalige Premierminister Ariel Scharon habe sich 2005 für den israelischen Rückzug entschieden, ohne Absprache oder Zusammenarbeit mit der PA. Dass die Hamas im Januar 2006 die Wahlen gewann, sei eine direkte Folge des Abzuges gewesen. Denn der einseitige Schritt habe den Palästinensern gezeigt: „Verhandlungen haben nichts gebracht.“ Darauf habe die Hamas entgegnen können: „Wir mit unserem bewaffneten Kampf haben eine Übergabe bewirkt, für die wir keinen Preis zahlen mussten.“

Im Gefängnis Hebräisch gelernt

Im Vorfeld des in englischer Sprache geführten Gesprächs hatten Journalisten Al-Adschrami gefragt, wo er Hebräisch gelernt habe. Seine Antwort lautete: „Im Gefängnis.“ Er sei zwölf Jahre in israelischen Gefängnissen gewesen, erzählte der Palästinenser in fließendem Hebräisch. Dort hätten die Fatah-Häftlinge eine „Schule“ aufgebaut. Solche Strukturen seien heute nicht mehr möglich, weil die Hamas sie unterwandere. Der Palästinenser war zwischen 1984 und 1996 wegen Sicherheitsvergehen inhaftiert.

Aschraf al-Adschrami war von 2007 bis 2009 PA-Minister für Häftlingsangelegenheiten. Zudem diente er als Direktor der Abteilung für israelische Angelegenheiten im palästinensischen Informationsministerium.

Von: Elisabeth Hausen

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