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Produktkennzeichnung: Rivlin verschiebt Brüssel-Besuch

JERUSALEM (inn) – Auf die Entscheidung der Europäischen Union, Siedlungsprodukte eindeutiger als zuvor zu kennzeichnen, reagieren israelische Politiker mit Unmut. Auch Befürworter einer Kennzeichnung beklagen „Doppelstandards“ des Staatenverbundes.
Bleibt Brüssel vorerst fern: Staatspräsident Rivlin hat einen Besuch bei der EU verschoben
Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin hat am Donnerstag seinen für den 2. Dezember vorgesehenen Besuch am Sitz der Europäischen Union in Brüssel auf unbestimmte Zeit verschoben. Das berichtet die Tageszeitung „Yediot Aharonot“. Einen Grund gab sein Büro demnach nicht an. Einen Tag zuvor hatte die EU-Kommission entschieden, neue Richtlinien für die Kennzeichnung von Siedlungsprodukten anzunehmen.

EU: Maßnahme gegen Täuschung

Nach Angaben der EU geht es bei den neuen Richtlinien darum, den Kunden nicht zu „täuschen“. Dies sei dann der Fall, wenn ein Produkt mit der Herkunftsbezeichnung „Israel“ aus dem Westjordanland kommt. Auch eine reine Herkunftsbezeichnung wie „Westjordanland“ führe zur „Täuschung“. Nach dem Willen der Kommission soll daher bei einer Reihe von Produkten wie Obst, Gemüse, Honig, Olivenöl oder Eier ausdrücklich angegeben werden, ob es sich um ein israelisches Siedlungsprodukt handelt. Diese Vorgabe ist für die Mitgliedsländer der EU nicht verpflichtend. Sie macht lediglich deutlich, wie die Kommission EU-Recht deutet. Bislang kennzeichnen Großbritannien, Dänemark und Belgien die Produkte auf freiwilliger Basis. Andere Länder könnten nach der Entscheidung jedoch folgen.

Doppelstandards angeprangert

Der Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe Volker Beck kritisierte, dass die EU doppelte Standards verwende. „Wenn es um das von Marokko besetzte Westsaharagebiet geht, kümmert dies die EU überhaupt nicht“, schrieb der Grünen-Politiker auf Facebook. Grundsätzlich sei es jedoch richtig, dass die EU auf die Kennzeichnungspflicht besteht. „Denn ein Produkt aus den Siedlungen kommt nicht aus dem israelischen Staatsgebiet, sondern aus den besetzten Gebieten.“ Ein Produkt zu kennzeichnen bedeute noch nicht, es zu boykottieren. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagfraktion Jürgen Hardt bezeichnete die Entscheidung als „ungeeignet“, um Frieden in der Region voranzubringen. Israel werde durch die Entscheidung stigmatisiert. „Sehr wahrscheinlich ist, dass sie zum Zweck israelfeindlicher Kampagnen instrumentalisiert wird.“ Israelische Politiker und Vertreter des europäischen Judentums verurteilten die Maßnahme scharf. Der israelische Bildungsminister Naftali Bennett sieht darin eine „neue Form des Antisemitismus‘“. Dem britischen Sender BBC sagte der Vorsitzende der Partei „Jüdisches Haus“, die EU sondere Israel aus. Es gebe mehr als 200 weitere Territorialkonflikte, bei denen die EU keine Sonderkennzeichnung verlange. Oppositionsführer Jitzhak Herzog meint, die Entscheidung „ermangelt moralischer Werte“. Von einem „neuen Antisemitismus in Europa“ sprach auch die „Konferenz Europäischer Rabbiner“. Die Entscheidung der EU sei „elendig und durch Hass auf Israel geprägt“, erklärten sie laut der Online-Zeitung „Times of Israel“.

Landwirte unbeeindruckt

Der israelische Abgeordnete Issawi Frej von der linksgerichteten Meretz-Partei begrüßte hingegen die Entscheidung. Die Unterscheidung zwischen israelischen und Siedlungsprodukten sei angemessen. Auch die linksgerichtete Organisation „Peace Now“ denkt in diese Richtung: „Produkte zu kennzeichnen ist kein Boykott gegen Israel (…), sondern ein legitimer Zug.“ Israelische Landwirte in den betreffenden Gebieten geben sich angesichts der Entscheidung indes unbeeindruckt. „Das wird keinen Einfluss auf die Wirtschaft vor Ort haben“, sagte David Elchaini vom Regionalrat Jordantal laut der Onlinezeitung „Times of Israel“. „Wir sind stark und wir haben ausgezeichnete Produkte. Wir werden einen anderen Markt finden.“ Vor acht Jahren seien 80 Prozent der Produkte noch nach Europa gegangen. Doch mit Beginn der Produktkennzeichnung sei dieser Anteil auf 20 Prozent gesunken. Die größten Abnehmer seien inzwischen die USA, Russland, Indien und Singapur. Als Reaktion auf die Entscheidung hatte das israelische Außenministerium bereits am Mittwoch den politischen Dialog mit der EU auf Eis gelegt. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu verurteilte die Entscheidung als „schändlichen“ Schritt. Sie schade letztlich nicht Israel, sondern den Palästinensern, die in israelischen Fabriken arbeiteten. Am Mittwoch hat Israel zudem den EU-Botschafter einberufen. Dieser verteidigte die Entscheidung als „technische Maßnahme“, die nicht politisch motiviert sei. (df)

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