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Palästinensischer Menschenrechtler kritisiert Israel-Boykott

Der palästinensische Menschenrechtler Bassam Eid hat sich gegen den Boykott Israels ausgesprochen. Mit seiner Aussage, Israel sei kein Apartheidstaat, sorgte er in Südafrika für Wirbel. Im Gespräch mit der Tageszeitung „Yediot Aharonot“ erklärt er seine Haltung.
Weltweit gibt es Boykottaufrufe gegen Israel. Der Palästinenser Bassam Eid spricht sich deutlich gegen dieses Vorgehen aus.
Bassam Eid hatte während einer Lesereise durch Südafrika im März die Anti-Israel-Bewegung „Boykotte, Desinvestitionen, Sanktionen“ (BDS) scharf kritisiert. Seine Aussagen hatten hohe mediale Beachtung gefunden. Die palästinensische Vertretung in der Hauptstadt Pretoria sah sich zu der Erklärung gezwungen, dass Eid nicht die Palästinenser repräsentiere. „Die Führer der Bewegung waren erstaunt, einen Palästinenser zu hören, der sagt, dass Israel kein Apartheidstaat ist“, sagte Eid nun gegenüber „Yediot Aharonot“. Der Palästinenser wurde 1958 im jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt geboren. Er wuchs im Jerusalemer Stadtteil Schuafat auf und lebt seit 15 Jahren in Beit Hanina, im Osten Jerusalems. In den 1980er Jahren schloss er sich der israelischen Organisation „B‘Tselem“ an und arbeitete sieben Jahre für sie. Danach gründete er eine neue Menschenrechtsgruppe: die „Palestinian Human Rights Monitoring Group“ (PHRMG). Diese überwacht die Einhaltung der Menschenrechte in den palästinensischen Autonomiegebieten.

„Europa ist hart gegen Israel geworden“

Eid gilt als scharfer Kritiker der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). „Es gibt viele Menschenrechtsorganisationen in Israel, aber es gab und gibt kaum welche in den palästinensischen Autonomiegebieten, die das Vorgehen der Autonomiebehörde beobachteten“, sagte Eid. Am Anfang sei die Arbeit noch vielversprechend gewesen. Finanzielle Unterstützung kam vor allem aus Europa. Die Organisation konnte Forscher im Westjordanland und im Gazastreifen beschäftigen. Vor fünf Jahren seien die Zahlungen aus Europa jedoch eingestellt worden. „Ich glaube, das ist passiert, weil die europäische Politik in den vergangenen Jahren hart gegen Israel geworden ist, aber nicht gegen die Autonomiebehörde“, meint Eid. Europa sehe Israel als Haupthindernis für den Frieden und wolle die Autonomiebehörde unterstützen. „Ein Weg, diese Unterstützung zu zeigen, ist die Einstellung der Finanzhilfen für Organisationen, welche die PA kritisieren.“ Ohne die finanzielle Unterstützung aus Europa konnte Eids Organisation nicht weiterarbeiten und wurde geschlossen. Seitdem ist Bassam Eid weltweit unterwegs, um über die BDS-Bewegung aufzuklären. „Ich bin gegen den Boykott, denn er schadet schlussendlich den Palästinensern selbst“, erklärt Eid gegenüber „Yediot Aharonot“. „Nehmen Sie als Beispiel die Firma Sodastream in (dem israelischen Industriepark) Mischor Adumim, die jetzt nach Be‘er Scheva umzieht. Ich habe mich mit Palästinensern getroffen, die in der Fabrik gearbeitet haben und jetzt aufgrund des Umzugs entlassen wurden. Sie haben mir erzählt, dass sie dort im Durchschnitt 5.000 Schekel (rund 1.160 Euro) verdient haben. Jetzt haben sie Aussichten auf Gehälter von 1.400 Schekel (325 Euro) in den Palästinensergebieten.“ Um diese Menschen kümmere sich die Boykottbewegung nicht, kritisiert der Palästinenser.

Zweite Front im Konflikt eröffnet

Dem Argument von BDS, wirtschaftlicher Druck werde Israel zu einem Friedensabkommen mit den Palästinensern und einem Abzug aus dem Westjordanland zwingen, kann Eid nicht zustimmen. „In der kommenden Zeit wird Israel all seine Bemühungen in den Kampf gegen den Boykott stecken, damit ist die Option der Verhandlungen nicht mehr auf der Agenda. Die Befürworter des Boykotts, unterstützt von den europäischen Staaten, haben eine weitere Front in dem Konflikt eröffnet, anstatt all ihre Anstrengungen in die wichtigste Sache zu investieren: Verhandlungen.“

Keine Juden – keine Nachrichten

Eid ist davon überzeugt, dass es viele „antisemitische Elemente“ in der BDS-Bewegung gibt. „Ich wundere mich, warum dieselben Menschen schweigen, wenn Palästinenser im Flüchtlingslager Jarmuk in Syrien abgeschlachtet werden. Dazu sage ich: Keine Juden – keine Nachrichten. Deshalb ärgert mich auch am meisten, dass es innerhalb der BDS-Führung Juden gibt.“

Boykott für die Karriere-Leiter

Anstatt Boykott zu fordern, sollten sich „Millionen Juden vor dem Büro des Premierministers in Jerusalem versammeln und eine Lösung fordern, die den israelisch-palästinensischen Konflikt beendet“. „Aber ich weiß auch, dass (Premierminister Benjamin) Netanjahu ein sturer Mann ist und es nicht leicht werden wird.“ Die israelische Bevölkerung sei wie „benebelt“. „Sie weiß nicht, wer sie führt und wohin sie geführt wird. Das Hauptproblem ist die Besatzung und die Israelis müssen verinnerlichen, dass die Besatzung einen hohen Preis hat, den die Israelis selbst zahlen müssen.“ Dass manche Palästinenser ihn für einen Verräter, Spion oder gar CIA-Agenten halten stört Eid nicht. „Ich weiß, was den palästinensischen Mann in den Straßen schmerzt und was ihm wirklich Sorgen macht, und das ist die wirtschaftliche Lage und nicht der Boykott. Palästinensische Führer wie Dschibril Radschub versuchen, die Boykott-Waffe zu benutzen, um auf der politischen Leiter empor zu klettern. Ich gehe nach Nablus, Bethlehem und Ramallah und weiß, dass viele Palästinenser meiner Meinung sind.“ Gefragt, ob er eine Botschaft für die BDS-Bewegung hat, sagte Eid: „Wir hatten hier eine Menge von Kriegen und solange das palästinensische Volk Israel nicht boykottiert, brauchen sie es auch nicht für uns zu tun.“ (dn)

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