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Stimme der Juden aus der islamischen Welt hören

„Schadenersatz für ein historisches Unrecht“: Erstmals hat Israel am Sonntag den nationalen Gedenktag für die jüdischen Flüchtlinge aus der islamischen Welt begangen. Präsident Reuven Rivlin würdigte diese Juden als „geborene Zionisten“.
Staatspräsident Rivlin wünscht sich für die Israelis mehr Kenntnis über die jüdische Flucht aus der arabischen Welt.
Rund 860.000 Juden haben in den ersten Jahren des Staates Israel ihre Heimat in der arabischen Welt einschließlich des Maghreb verlassen, hinzu kommen Vertriebene aus dem Iran. Denn dort erlitten sie Verfolgung, Willkürherrschaft und Demütigung. Nun hat der jüdische Staat diesen Flüchtlingen erstmals einen besonderen Gedenktag gewidmet. Diesen will Israel in Zukunft jedes Jahr am 30. November begehen. „Wir sind heute zusammengekommen, um Schadenersatz zu leisten für ein historisches Unrecht gegen eine Million Juden, Einwanderer aus arabischen Ländern und dem Iran, deren Geschichten an den Rand der zionistischen Erzählungen gedrängt wurden“, sagte Staatspräsident Rivlin bei der offiziellen Zeremonie in seiner Jerusalemer Residenz. „In der Tat kommt dies zu spät, in einem zu kleinen Maßstab, es hat nicht länger einen Einfluss auf das öffentliche Bewusstsein. Und doch ist es immer noch wichtig, die Berichtigung zu suchen, die nicht unterschätzt werden sollte.“ Juden in arabischen Ländern seien nicht erst zu Zionisten geworden, sondern als solche geboren worden. „Man brauchte die Idee in ihren Gemeinden nicht zu fördern“, wird das Staatsoberhaupt in einer Mitteilung des Außenministeriums zitiert. Niemand habe sie davon überzeugen müssen, dass das Volk in sein Land zurückkehren, der Staat gegründet oder das Land aufgebaut werden sollte. „Sie wagten es nicht, den Uganda-Plan zu ersinnen, schließlich war Uganda für sie Exil, nicht Rettung. Die Liebe zu Zion war und bleibt in ihrem Blut. Sie haben sie mit ihrer Muttermilch aufgesogen, aus den Versen des Gebetes und den Geschichten ihrer Väter.“ Juden in arabischen Ländern und dem Iran seien vor allem nach der israelischen Staatsgründung inhaftiert worden, ergänzte Rivlin. Ohne Schutz seien sie Massakern und Plünderung ausgesetzt gewesen. „Viele wurden ausgewiesen. Andere konnten der Hetze nicht standhalten und waren gezwungen, ihre Länder zu verlassen, wobei sie ganze Lebzeiten, Erinnerungen, die Grabstätten ihrer Eltern, eine Sprache, Kultur und Eigentum hinter sich ließen.“ Weiter sagte der Staatspräsident: „Jahrelang wurden ihre Stimmen nicht gehört, und ihr Verlust kam nicht zum Ausdruck. Die furchtbaren Tragödien, die unserem Volk widerfuhren, beanspruchten den größten Teil unserer Aufmerksamkeit. Viele Einwanderer wurden weit von den Machtpositionen weggeschickt, um sich den Herausforderungen der Peripherie zu stellen.“ Sie hätten Hebräisch mit persischem oder arabischem Akzent gesprochen und damit an Sprachen erinnert, „die in Israel für Sprachen des Feindes gehalten und als Quelle der Schande angesehen wurden“. Die Stimme der Juden aus arabischen Ländern und dem Iran „muss im Bildungssystem gehört werden, in den Medien, in den Künsten und in den offiziellen Einrichtungen des Landes“, forderte Rivlin. „Ebenso muss sie in der internationalen Arena gehört werden, um das historische Unrecht zu korrigieren und finanzielle Reparationen zu gewährleisten.“ Dieser Gedenktag sei eine Gelegenheit, historische Gerechtigkeit zu schaffen.

Schriftsteller mit irakischen Wurzeln: „Palästinenser sind raffinierter“

Der israelische Schriftsteller Eli Amir wurde als Fuad in der irakischen Hauptstadt Bagdad geboren. Als er zwölf Jahre alt war, floh seine Familie in den neugegründeten Staat Israel. Nach seiner Einschätzung gab es von 1941 bis in die 1950er Jahre hinein, mit kleinen Unterbrechungen, Pogrome im Irak – der arabische Ausdruck dafür ist „Farhud“. Seine Romane wie „Der Taubenzüchter von Bagdad“ tragen autobiographische Züge. Gegenüber der Tageszeitung „Yediot Aharonot“ schilderte er die Hintergründe der Judenverfolgung: Infolge der israelischen Staatsgründung 1948 habe sich die Spannung erhöht. Denn die irakische Armee habe im Unabhängigkeitskrieg in Israel gekämpft und begonnen, die Särge der gefallenen Soldaten zurückzubringen. An jedem Schabbat hätten Demonstranten in der Hauptstraße von Bagdad gefordert: „Itbah al-Jahud“ – „Schlachtet die Juden ab“. Das Regime habe eine Militärherrschaft über die Juden verhängt, sagte der Schriftsteller. „Polizei und Armee fielen jede Nacht über die Häuser der Juden her und suchten nach Waffen. Sie suchten nach Büchern auf Hebräisch und brachten die Juden in die Gefängnisse. Später entließ man die Juden von ihren Arbeitsstellen, verwehrte ihnen den Zugang zum Handel und erhängte auch zwei Zionisten.“ Amir nahm auch Bezug auf die palästinensischen Flüchtlinge: „Was im Nahen Osten geschah, ist ein ‚Bevölkerungsaustausch‘, einfach formuliert. Infolge des Krieges verließen Palästinenser das Land, sie flohen, weil ihre Führer ihnen geraten hatten, zu gehen und ihnen versprochen hatten, sie könnten binnen zwei Wochen zurückkehren, weil sie den jüdischen Staat auslöschen und seine Juden ins Meer treiben würden. Andere wurden durch die Armee vertrieben. Jetzt läuft diese Geschichte durch die Welt, aber von hier sind allerhöchstens 650.000 Palästinenser weggegangen, während aus den arabischen Ländern 860.000 jüdische Flüchtlinge weggingen, den Maghreb eingeschlossen.“ Der Israeli bekundete seine Freude über den nationalen Gedenktag. Allerdings gebe es in Israel viele Wissenslücken, die gefüllt werden müssten. Der Film zu seinem Buch „Der Taubenzüchter von Bagdad“ habe gezeigt, dass außer den irakischstämmigen Israelis niemand etwas über „die Vertreibungen, die Festnahmen, die Pogrome und die Erhängung von Juden wusste“. „Wenn die Regierung sich nicht bemüht, sich damit zu befassen, wer wird es wissen? Wir müssen in der Welt die einen den anderen gegenüberstellen, und es ist schon ziemlich spät.“ Hier sieht Amir die Palästinenser als Vorbild: „Die schlauen und raffinierten Palästinenser haben die Frage der palästinensischen Flüchtlinge ins Zentrum des Kampfes gestellt und die Nakba zu einer internationalen Angelegenheit gemacht, es gibt keinen, der nicht davon weiß.“ Mit dem arabischen Wort „Nakba“ bezeichnen Palästinenser die „Katastrophe“, als die sie die israelische Staatsgründung wahrnehmen.

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