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Peres im „Spiegel“-Interview: „Mit dem Frieden ist es wie in der Liebe“

JERUSALEM (inn) - Israels Staatspräsident Schimon Peres hat davor gewarnt, gute Ideen hinsichtlich der Friedensverhandlungen "gleich an die große Glocke zu hängen". Frieden müsse zuerst im eigenen Volk geschlossen werden. Diese Ansicht vertrat das israelische Staatsoberhaupt im Gespräch mit dem Magazin "Spiegel Geschichte". In dem Interview sprach Peres auch über seine Kindheit und die Kriege um Jerusalem.

Er habe keine Zweifel daran, dass der Friede kommen werde. „Wissen Sie, mit dem Frieden ist es wie in der Liebe. Wer sie genießen will, muss die Augen schließen. Man muss ein bisschen romantisch, auch vergebungsbereit sein und Vorstellungskraft haben. Es ist kein physischer Akt, sondern eine Sache voller Emotionen, Erinnerungen, Komplikationen. Es geht nicht um einen Körper, sondern eine Seele“, sagte Peres in der aktuellen Ausgabe des Magazins zum Thema „Jerusalem – Geburtsstadt des Glaubens“.

Peres: „Ich habe die Toleranzgrenze überschritten“

Der Staatspräsident riet dazu, mit guten Ideen vorsichtig umzugehen und „im richtigen Moment zuzuschlagen“. Den Leuten müsse erst gezeigt werden, dass Frieden möglich ist. Er selbst habe bei den Wahlen in der Vergangenheit den Preis dafür bezahlt, dass er zu offen über Zugeständnisse gesprochen habe. Damit habe er die „Toleranzgrenze der Menschen überschritten“. „Ich sprach von der anderen Seite, unserem Interesse an den Palästinensern – eine Woche später sprengten sie in Jerusalem Busse in die Luft“.

Die Frage, ob er persönlich dazu bereit sei, Jerusalem mit den Palästinensern zu teilen, wollte Peres nicht beantworten. Dies sei eine Entscheidung der Regierung, so der Präsident. Er betonte jedoch, dass Jerusalem für alle Menschen offen sein müsse. „Jeder muss das Recht haben, hier zu beten.“

In dem Gespräch bezeichnete Peres Jerusalem als „Gravitationszentrum“ und Herz des jüdischen Volkes. „Aber gleichzeitig ist uns klar, dass es die Metropole der großen monotheistischen Religionen ist, die das innerste Wesen der Menschen in sich bergen“, versicherte der Präsident weiter.

„Es liegt etwa Mystisches in unserem Klima

Bereits als er noch als Junge im damaligen Polen in einem Ort lebte, der heute zu Weißrussland gehörte, dachte er an die „heilige Stadt“. Damals kannte er nur Bilder von Jerusalem, die jedoch nicht das Besondere der Stadt zeigten, erzählte Peres weiter. Obwohl Jerusalem weder an einem Fluss liegt, noch geografische Vorteile hat oder über Bodenschätze verfügt, gab es in der Vergangenheit kaum einen Herrscher, der die Stadt nicht besitzen wollte. „Alle dachten wohl, Jerusalem verleiht ihrer Herrschaft auch spirituelle Macht. Es liegt etwas Mystisches in unserem Klima hier, die Farben haben ein besonderes Gold, wie ein Anstrich des Göttlichen“.

Seine Familie bestand aus „hundertprozentigen Zionisten“. Zu Hause wurde Hebräisch, Russisch und Jiddisch gesprochen, das Dorf in Polen war ein „klassisches jüdisches Schtetl“, in dem es keine Nicht-Juden gab. Im Alter von elf Jahren wanderte Peres im Jahr 1934 mit seiner Familie und der Hälfte der Dorfbewohner ins damalige Palästina aus. Die zurückgebliebenen Juden der Ortschaft wurden später während der Schoah ermordet, erzählt Peres.

„Jerusalem war die Hauptstadt unseres Lebens“

In dem Interview erinnerte sich der Friedensnobelpreisträger auch an seine Zeit mit Israels Staatsgründer David Ben Gurion. Auf die Frage, wann die Entscheidung fiel, Jerusalem und nicht Tel Aviv zu Israels Hauptstadt zu machen, antwortete Peres: „Mitten im Krieg 1948/49. Und Ben Gurion tat es gegen den Rat etlicher seiner Minister – ich gehörte nicht dazu – und der Vereinigten Staaten“. Ben Gurion habe sich jedoch darüber hinweggesetzt, weil „Jerusalem die Hauptstadt unseres Lebens war. Es war eine moralische Entscheidung. Wir kehrten in unsere Heimat zurück, und Ben Gurion wollte wieder zu unseren Ursprüngen. Die Diaspora, so dachte er, hat das jüdische Leben verdorben“, erinnerte sich Peres.

Der Staatspräsident erinnerte daran, dass Israel 1967 nur in den Kampf zog, um sich zu verteidigen. „Sehen Sie, die Jordanier hatten diese Gebiete zuvor, nämlich 1948/49 erobert –  und im Krieg herrschen eben die Gesetze des Krieges. Damals waren wir unterlegen, jetzt gewannen wir“, erklärte Peres auf die Frage, warum Israel zu „Eroberern“ wurde und während des Sechs-Tage-Krieges 1967 nicht nur das jüdische Viertel, sondern auch die Altstadt und Ostjerusalem zurückholte.

Auf die Frage, warum Israel Ostjerusalem 1980 mit seinen arabischen Bewohnern formal annektierte, antwortete Peres: „Praktisch niemand erkannte ja auch die jordanische Souveränität über das Westjordanland und Ostjerusalem an. Es gab ein Problem: Wir konnten nicht bauen, weil es keine gesetzliche Kartengrundlage dazu gab“.

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