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Papst in Yad Vashem – Palästinenser sorgt für Eklat bei interreligiösem Treffen

JERUSALEM (inn) - Papst Benedikt XVI. hat am Montagabend die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht. Anschließend kam es bei einer interreligiösen Konferenz zu einem Eklat, als ein palästinensischer Vertreter Israel beschimpfte.

Der Papst betrat mit gesenktem Haupt das Zelt der Erinnerung in der Holocaust-Gedenkstätte. In den Fußboden sind die Namen der schrecklichsten Vernichtungslager eingelassen. Das Protokoll war strikt und steif. Kranzniederlegung und Entzünden der „ewigen Flamme“. Das gesungene Totengebet auf Hebräisch und Aramäisch, der Sprache Jesu und des Talmud. Ein Chor sang Psalmen. Nur in einem Punkt wich das Protokoll von den stehenden Regeln ab. Allein bei den Päpsten wurde bisher eine Ausnahme gemacht: sie sind aufgefordert, eine Rede zu halten.

Benedikt XVI. sagte, der Holocaust dürfe nicht verleugnet oder minimalisiert werden. Die Opfer hätten ihr Leben verloren, aber nicht ihre Namen. Diese seien eingegraben in die Herzen ihrer Angehörigen, der überlebenden Leidensgenossen und all jener, die sich gegen jede Wiederholung solcher Gräueltaten einsetzten. Zugleich seien die Namen „für immer verankert im Gedächtnis des Allmächtigen Gottes“, sagte der Papst.

Nachdem Benedikt XVI. einigen Überlebenden die Hand geschüttelt hat, aber weit weniger emotional als sein Vorgänger Johannes Paul II, überreichte das Vorstandsmitglied von Yad Vashem, Rabbi Israel Meir Lau, die Kopie eines Bildes des im Holocaust ermordeten Künstlers Felix Nussbaum.

Yad Vashem-Leitung „empört und enttäuscht“

Unmittelbar nach der Zeremonie veröffentlichte das israelische Fernsehen die Reaktion der Leitung von Yad Vashem auf die Rede des Papstes. Die sei dem Reporter Jigal Ravid schon vor der Zeremonie zugesteckt worden, sowie der Redetext des Papstes vorlag. Yad Vashem sei „empört und enttäuscht“. Zwar habe der Papst die Holocaustleugner verurteilt, aber sonst nur „sauber gewaschene“ Zitate aus der jüdischen wie christlichen Bibel verwendet. Es habe viele „schöne Worte“ von sich gegeben, wie etwas später Rabbi Lau im Fernsehen sagte. Der Papst habe aber „keinerlei persönliche Worte der Betroffenheit von sich gegeben“ Seinen vielleicht vorhandenen Schmerz habe er in glatte Floskeln verpackt.

Weiter monierte die Leitung von Yad Vashem, Direktor Avner Schalev und das Vorstandsmitglied Rabbiner Israel Lau, dass der Papst auf Englisch davon geredet habe, dass die Juden „getötet“ (killed) worden seien. Dabei sei das einzig richtige Wort dafür „Mord“. „Denn kein Jude ist da zufällig ums Leben gekommen oder gestorben“, wie Ravid erklärte. Zudem habe der Papst mit keinem Wort erwähnt, wer eigentlich den Holocaust durchgeführt habe.

Wenig später trat Rabbi Lau im Fernsehen auf und monierte persönlich all jene Auslassungen, die zuvor der Reporter im Namen von Yad Vashem zitiert hatte.

Eklat bei interreligiösem Treffen

In Ostjerusalem traf der Papst mit Priestern, Rabbinern und Scheichs zusammen. Bei der interreligiösen Konferenz in der Notre-Dame-Kirche sprach auch der Vorsitzende des palästinensischen Scharia-Gerichtes, Scheich Tajsir al-Tamimi. Er nutzte seine Rede allerdings nicht für versöhnliche Aussagen, sondern um Israel zu diffamieren. „Israel hat unser Haus zerstört, unsere Leute verbannt, Siedlungen gebaut, die islamischen heiligen Stätten ruiniert und Frauen, Kinder und ältere Bürger in Gaza abgeschlachtet“, sagte der Palästinenser laut der Zeitung „Ha´aretz“. Daraufhin versuchten die Organisatoren vergeblich, die spontane Ansprache zu beenden. Mehrere Teilnehmer applaudierten.

Am Ende seiner sechsminütigen Rede, die simultan aus dem Arabischen übersetzt wurde, wandte sich Al-Tamimi direkt an den Papst: „Eure Heiligkeit, ich fordere Sie im Namen des einen Gottes auf, diese Verbrechen zu verurteilen und Druck auf die israelische Regierung auszuüben, damit sie ihre Aggression gegen das palästinensische Volk beendet.“ Der Palästinenser gab dem Katholiken die Hand. Direkt danach war die Konferenz zu Ende. Der Papst verließ den Ort früher als geplant.

Al-Tamimi hatte die katholischen Organisatoren unter Druck gesetzt, um sprechen zu können, teilte der Generaldirektor des israelischen Oberrabbinates, Oded Wiener, mit. Jüdische Mitglieder würden sich erst wieder an einem langdauernden Dialog der drei Religionen beteiligen, wenn der Scheich ausgeschlossen werde.

Israelischer Minister: „Äußerungen verletzen vor allem den Papst“

Israels Tourismusminister Stas Misezhnikov sagte, Al-Tamimis Äußerungen „verletzen, zuerst und vor allen anderen, Papst Benedikt XVI., der ins Heilige Land kam, um Frieden und Einheit zwischen den Völkern der Religion und allen Menschen des Glaubens zu fördern“.

Der Sprecher des Vatikans, Federico Lombardini, kritisierte die Rede. Sie sei nicht von den Organisatoren geplant gewesen. „In einem Treffen, das dem Dialog gewidmet ist, war diese Einmischung eine direkte Verneinung dessen, was ein Dialog sein sollte. Wir hoffen, dass solch ein Vorfall nicht der Mission des Papstes schadet, der Frieden und auch interreligiösen Dialog voranbringen will.“

Der Papst hatte in seiner eigenen Ansprache die christlichen, jüdischen und muslimischen Vertreter gelobt. Denn sie suchten nach gemeinsamen Werten und gegenseitigem Respekt, um Differenzen in religiösen Praktiken zu überwinden, die „mitunter als Hindernisse erscheinen mögen“.

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