Suche
Close this search box.

Palästinensischer Ex-Minister kritisiert Arafat: „Fehler und Chaos“

RAMALLAH (inn) – Der ehemalige palästinensische Minister für parlamentaische Angelegenheiten, Nabil Amer, hat seinen früheren Chef Yasser Arafat in einem Brief scharf kritisiert. Das Mitglied des Palästinensischen Legislativrates warf Arafat unter anderem vor, mit der Ablehnung der israelischen Angebote in Camp David einen schweren Fehler begangen zu haben.

Bei der Kritik am Palästinenserführer schloß der Briefautor sich selbst keineswegs aus: „Haben wir nicht vor Freude über das Scheitern von Camp David getanzt? Haben wir nicht Schmutz auf das Bild von Clinton geworfen, der es wagte, einen Staat mit einigen Modifikationen vorzuschlagen? (…) Nach zwei Jahren Blutvergießen akzeptieren wir, was wir abgelehnt haben, vielleicht deswegen, weil wir wissen, daß wir es jetzt nicht erreichen können.“ Die Verantwortung für Mißerfolg sei kollektiv, doch aufgrund seiner Position trage Arafat die Hauptlast.

Außer dem Scheitern der Camp David-Gespräche kritisierte Amer die chaotischen Zustände in der palästinensischen Autonomiebehörde: „Daß es uns um eine gerechte Sache geht, heißt nicht, daß wir berechtigt sind, zu machen, was wir wollen. Rechtfertigt die Gerechtigkeit unserer Sache dieses ganze Chaos in unserem Haus? Sie beschweren sich mehr als andere über dieses Chaos, obwohl Sie beschuldigt werden, es als einen taktischen Schritt zu unterstützen, um den Feind zu verwirren.“

Im Hinblick auf den Terror schlug Amer einen ernsthaften Dialog mit den militanten Gruppen vor. Dabei sollten sie um eine Phase der Ruhe gebeten werden, damit „die palästinensischen Wunden heilen und ein Klima geschaffen wird, das uns helfen würde, unser berstendes Heim und ausgehöhlte Bündnisse zu erneuern“. Allerdings forderte der ehemalige Minister keine dauerhafte Einstellung der Terroranschläge und machte keinen Hehl daraus, daß er Israel als Feind ansieht: „In unserem internen Konflikt und unserer Verhandlungsschlacht mit Israel haben wir eine unserer wichtigsten Waffen aufgegeben – nämlich Einrichtungen zu bauen, die es wert sind, Unterstützung aus der Welt zu empfangen und fähig, das Vertrauen der Palästinenser zu gewinnen sowie den Israelis den Boden unter den Füßen wegzuziehen.“

Der Brief wurde zunächst in einer arabischen Zeitung veröffentlicht, die in London erscheint, da Kritik an Arafat in palästinensischen Medien verboten ist. Dennoch druckte am Dienstag auch der in Ramallah erscheinende „Al-Hayat al-Jadeedah“, den allerdings nur eine kleine Leserschaft hat, die kritischen Zeilen ab. Nach Ansicht einiger Palästinenser wollte die PA damit demonstrieren, daß derartige Artikel auch in palästinensischen Medien erscheinen können.

Amer hatte seinen Ministerposten kurz vor der israelischen „Operation Schutzwall“ niedergelegt, nachdem Arafat seinen Antrag auf allgemeine Reformen abgelehnt hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war er einer der wichtigsten Verteidiger und Sprecher des PLO-Chefs gewesen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen