GAZA (inn) – Verschiedene palästinensische Journalisten haben Israel für den Bombenanschlag auf einen US-Konvoi im Gazastreifen verantwortlich gemacht. In mehreren Zeitungen hieß es am Donnerstag, daß nur die israelische Regierung davon profitiere.
„(Premierminister Ariel) Scharon und seine Generäle sind (für das Attentat) verantwortlich“, schreibt der Kolumnist Ali Sadek in der Tageszeitung „Al-Hajjat al-Dschadida“. „Ich schließe die Möglichkeit, daß sie die Bombe per Fernzündung zur Explosion gebracht haben, deswegen nicht aus, weil ihre Aktionen aus der Vergangenheit, vor allem gegen die Amerikaner, bekannt sind.“
So hätten die Israelis 70 Amerikaner getötet, die während des Krieges im Juni 1967 an Bord des „Liberty“-Schiffes gewesen seien. „Die Israelis waren zudem für eine Serie von Bombenanschlägen auf amerikanische und britische Kulturzentren in Kairo und Alexandria verantwortlich, die eine Krise zwischen Ägypten und Amerika schaffen sollten“, so Sadek weiter.
In dieser Ansicht wird der Journalist von seinem Chefredakteur Hafes Barghuti unterstützt. „Es ist möglich, daß der Sprengsatz Teil einer reinen israelischen Operation war, deren Ziel es ist, die Palästinenser zu beschuldigen, den Amerikanern feindselig gegenüberzustehen“, schreibt er in seiner täglichen Kolumne. „Zudem soll der falsche Eindruck entstehen, daß es hier Al-Qaida-Zellen gebe.“
Von der jordanischen Hauptstadt Amman aus stellt der palästinensische politische Analytiker Fuad Abu Hidschleh in „Al-Hajjat al-Dschadida“ die Theorie auf, der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad stecke hinter dem Attentat. „Israel profitiert von dieser Explosion insofern, als es die Welt davon überzeugen könnte, daß die Trennmauer effektiv ist“, erklärt er.
„Zudem profitiert Israel von dem Anschlag, weil es den Krieg gegen den sogenannten Terror ausweiten könnte“, heißt es weiter in dem Artikel. „Vielleicht sind amerikanische Staatsbürger so naiv, daß sie den israelischen Anschuldigungen gegen uns glauben. Aber wir vertrauen darauf, daß die amerikanische Regierung sich dessen bewußt ist, daß wir wissen, daß das Verbrechen gegen die amerikanischen Staatsbürger eine israelische Verschwörung ist, die die Geister des Mossad sich ausgedacht haben.“
Die palästinensische Zeitung bringt auch eine Karikatur, auf der ein amerikanisches Fahrzeug im Gazastreifen zu sehen ist. Die Räder wurden durch Bomben ersetzt, die mit einem Davidstern versehen sind.
Basem Abu Sumajah, der Direktor des offiziellen Radiosenders der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), „Voice of Palestine“, sagte: „Dies ist ein verdächtiges Attentat, das von einer anonymen Gruppe verübt wurde. Sie wird von einer nicht ortsansässigen Partei unterstützt, die genügend Erfahrung, Fähigkeiten und Fachkenntnis hat, um Landminen herzustellen und vorzubereiten.“ Das Ziel des Anschlags war es seiner Ansicht nach, Scharons Regierung grünes Licht zu geben, damit sie „ihren Genozid-Krieg“ gegen die Palästinenser und ihre Führer ausweiten könne.
In der Tageszeitung „Al-Ajjam“ berichtet Tal Okal, ein palästinensischer Analytiker aus dem Gazastreifen, die PA habe Israel offiziell beschuldigt, den amerikanischen Konvoi angegriffen zu haben. Er drückt Zweifel daran aus, daß Palästinenser hinter dem Anschlag stecken, weil nur Israel davon profitiere. Das Blatt zitiert Vertreter verschiedener palästinensischer Parteien, die jede Verbindung mit dem Attentat zurückweisen und Israel dafür verantwortlich machen.
Unterdessen ernannte PLO-Chef Jasser Arafat den Kommandeur im nördlichen Gazastreifens, Saeb al-Adsches, zum Leiter der Untersuchungskommission, die in dem Fall ermitteln soll. Bisher haben sie fünf verdächtige Palästinenser festgenommen. Agenten der US-Bundespolizei FBI trafen am Donnerstag in Israel ein, um die Ermittlungen zu unterstützen.
Als Arafat von Journalisten in Ramallah auf die Verdächtigungen gegen Israel angesprochen wurde, antwortete er, es sei noch zu früh, um konkrete Aussagen über die Identität der Schuldigen zu machen.
Am Mittwoch war eine ferngezündete Bombe im nördlichen Gazastreifen neben einem US-Diplomatenkonvoi explodiert. Dabei wurden drei Sicherheitsbedienstete der amerikanischen Botschaft in Tel Aviv getötet, ein weiterer US-Bürger wurde schwer verletzt.