NABLUS (inn) – Junge Palästinenser haben am Donnerstagmorgen erneut das jüdische Josefsgrab in der Autonomiestadt Nablus (Sichem) angezündet. Zuvor hatte die Armee zum ersten Mal seit Monaten Juden erlaubt, am Grab zu beten.
Wie die Tageszeitung „Ha´aretz“ meldet, kamen am Mittwochabend etwa 500 Beter an das Grab. Die Juden errichteten eine Sukka (Laubhütte) auf dem Gelände und sprachen unter der Leitung des ehemaligen sephardischen Oberrabiners, Mordechai Eliahu, das Morgengebet.
Nachdem sie die Stätte verlassen hatten, warfen palästinensische Kinder brennende Reifen auf das Grab. Der Brand wurde später von der Feuerwehr in Nablus gelöscht. Niemand wurde verletzt, doch an der ohnehin fast völlig zerstörten Grabstätte entstand weiterer Schaden. Einige der Kinder sagten, sie hätten das Grab angezündet, weil die Armee aufgrund des Gebets eine Ausgangssperre über die Gegend verhängt hätten. Deshalb hätten sie nicht zur Schule gehen können.
Am 8. Oktober 2000, dem Vorabend des Versöhnungstages (Jom Kippur), hatten Palästinenser das Josefsgrab zum ersten Mal verwüstet. Kurz darauf war der israelische Rabbinersohn Hillel Lieberman (36) ermordet worden. Der Vater von acht Kindern war aus der samarischen Ortschaft Elon Moreh aufgebrochen, um das Grab in Nablus zu schützen.
Schimon Peres fragte damals erzürnt, ob die Palästinenser nun auch Rahels Grab bei Hebron zerstören wollten. Um weitere Gewalt zu verhindern, hatten die Israelis nach der Schändung das Grab den Palästinensern überlassen. Rechtlich gesehen befindet es sich allerdings nach den Osloer Verträgen bis heute unter israelischer Hoheit. Die Palästinensische Autonomiebehörde ließ das Grab in eine Moschee umbauen, indem sie darüber ein grünes Dach baute. Grün ist eine Symbolfarbe des Islam.
Im vergangenen Jahr wurde das Grab am Jom Kippur, der am 16. September gefeiert wurde, erneut verwüstet. Es wurde fast bis auf die Grundmauern verbrannt, im grünen Dach entstand ein Loch und auf dem Boden wurde Abfall verstreut.
Hintergrund Josef
Der spätere ägyptische Unterkönig Josef war der älteste Sohn des Erzvaters Jakob (auch Israel genannt) und dessen zweiter Frau Rahel, deren Grab sich bei Bethlehem befindet. Der Überlieferung nach bewahrte er die Region durch kluge Vorratspolitik vor dem Hungertod.
Nach biblischer Tradition stammt Josef somit direkt von den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob ab. Muslime führen ihre angebliche „Segenslinie“ dagegen auf Abraham, Ismael und Esau zurück – obwohl Esau tatsächlich Jakobs Zwillingsbruder war und mit Isaaks Stiefbruder Ismael nichts zu tun hatte.
Auf Josefs Bitte hin nahmen die Israeliten auf der Wüstenwanderung von Ägypten in das verheißene Land seine Gebeine mit, um sie in Israel zu begraben.