Mitte Dezember hatte der syrische Bürgerkrieg auch die palästinensischen Flüchtlinge im Jarmuk-Lager bei Damaskus voll getroffen. Acht Kilometer südlich des Stadtzentrums von Damaskus 1957 errichtet, war das Lager Heim von 168.000 der rund einer halben Million in Syrien lebenden Palästinenser. Ob sich radikale bewaffnete palästinensische Gruppierungen den Rebellen angeschlossen haben, oder angegriffen wurden, weil sie sich auf die Seite des Präsidenten Assad gestellt haben, lässt sich angesichts der diffusen Berichte aus Syrien nicht ermitteln. Tatsache ist, dass über 100.000 Lagerbewohner wegen der Kämpfe und Luftangriffe fliehen mussten.
Obgleich sich die UNO-Flüchtlingsorganisation UNRWA allein um palästinensische Flüchtlinge kümmert und ihnen seit Jahrzehnten Nahrungsmittel, Notunterkünfte und andere Hilfe zukommen lässt, stehen diese Menschen vor einem Nichts. Um alle anderen Flüchtlinge der Welt –auch Syriens – kümmert sich die andere UNO-Flüchtlingshilfeorganisation, UNHCR.
Schwere Bedingungen in Jordanien
Geschätzte 250.000 syrische Flüchtlinge hat es ins benachbarte Jordanien verschlagen, wobei die meisten in jordanischen Städten untergekommen seien. Nur ein Teil von ihnen sitzt in Lagern nahe der Grenze, wo sie neben bunten Matratzen auch einen Koran zum Milchpulver erhalten. Allein Palästinenser aus Syrien werden nicht ohne Weiteres ins Land gelassen. Und wer es dennoch nach Jordanien schafft, wird unter besonders schweren Bedingungen im Lager „Cyber City“ festgehalten.
Wie der TV-Sender „Al-Dschasira“ berichtet, dürfen Palästinenser mit jordanischem Ausweis zwar einreisen. Doch Kinder „jordanischer“ Frauen ohne Ausweis müssen in Syrien bleiben. Der Sender berichtete von auseinander gerissenen Familien und zurückgelassenen Kleinkindern.
Grundsätzlich will Jordanien gar keine Palästinenser mehr einlassen. “Jordanien ist nicht verpflichtet, den politischen Preis für die Syrienkrise zu zahlen”, sagt Regierungssprecher Samih Maajtah. “Einen Transfer Zehntausender palästinensischer Flüchtlinge von Syrien kann Jordanien nicht hinnehmen.” Der Sprecher fügte hinzu, dass palästinensische Flüchtlinge eine “politische” Frage seien und keine humanitäre.
Jordanien hat schon eine palästinensische Bevölkerungsmehrheit von 75 Prozent und fürchtet ein weiteres Anwachsen dieser Gruppe, zumal das Königreich 1970 im “Schwarzen September” schon einmal einen blutigen palästinensischen Putsch gegen das Königshaus erlebt hat. Im Zaatari-Camp in der nördlichen Wüste Jordaniens, wo 50.000 syrische Flüchtlinge in höllischer Sommerhitze und jetzt in Zelten bei Wintersturm, schweren Regengüssen und Schnee ausharren, kam es schon zu gewalttätigen Protesten wegen der unmenschlichen Bedingungen.
Libanon: 16 Dollar für zwei Wochen Aufenthalt
Neben Jordanien sperrt jetzt auch der Libanon palästinensische Flüchtlinge aus. Während syrische Bürger aufgrund alter Abkommen problemlos die Grenze überschreiten können, verlangt der Zedernstaat von Palästinensern neuerdings eine Visumsgebühr in Höhe von 16 US-Dollar pro Person für einen zweiwöchigen Aufenthalt. Eine Verlängerung kostet doppelte Gebühr. Das berichtet die Beiruter Zeitung „Daily Star“. Für kinderreiche Familien sei das eine unbezahlbare Summe. Nach Angaben der Zeitung stecke die im Libanon de facto herrschende schiitische Hisbollah-Partei hinter diesem Versuch, die in Lagern im Libanon lebenden Palästinenser nicht weiter zu stärken. Bis 1982 verfügten die Palästinenser im Libanon über einen “Staat im Staat” mitsamt eigener Armee, ähnlich wie die Hisbollah heute.
Palästinensische Führer gegen Aufnahme
Auch im „Staat Palästina sind“ aus Syrien geflohene Palästinenser unerwünscht, sowohl in dem von der Hamas-Organisation kontrollierten Gazastreifen wie in den Autonomiegebieten im Westjordanland. UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat die Nachbarländer Syriens aufgefordert, ihre Tore für Flüchtlinge zu öffnen. Hamas-Premierminister Ismail Hanije habe daraufhin der UNRWA mitgeteilt, dass eine Aufnahme palästinensischer Flüchtlinge im Gazastreifen dem “Rückkehrrecht” der Flüchtlinge in das Kerngebiet Israels widerspreche. „Palästinas“ Präsident Mahmud Abbas habe seine Ablehnung gegenüber der UNO mit dem “bevorstehenden finanziellen Bankrott” der Autonomiebehörde gerechtfertigt. Entsprechend hat der palästinensische UNO-Botschafter Rijad Mansur am 19. Dezember per Brief an den UNO-Sicherheitsrat die Weltgemeinschaft aufgefordert, sich um die palästinensischen Flüchtlinge in und aus Syrien zu kümmern, ohne anzubieten, sie im „Staat Palästina“ aufzunehmen.
Israel hat sich nach Angaben der stellvertretenden Sprecherin des Außenministeriums, Ilana Stein, bereit erklärt, die Einreise von Palästinensern aus Syrien in die Autonomiegebiete zu erleichtern. “Bisher hat sich noch niemand gemeldet”, sagte sie gegenüber „Foxnews“. Israel kontrolliert die Grenzen. Weiter sagte sie, dass Israel humanitäre Hilfe für die Menschen in Syrien angeboten habe. Doch eine Anfrage über das Rote Kreuz an die Rebellen in Syrien, ob sie israelische Hilfsgüter wünschten, sei abschlägig beantwortet worden.