RAMALLAH (inn) – Der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) fehlt es an politischem Willen und Entschlossenheit. Diese Ansicht vertrat die palästinensische Abgeordnete Hanan Aschrawi (Fatah) im Gespräch mit der Online-Ausgabe des Hamburger Magazins „Der Spiegel“.
„Wir glauben, dass diese Regierung vieles, was nötig wäre, unterlassen hat“, sagte die Politikerin. „Vor allem in der Frage der Durchsetzung von Recht und Ordnung.“ Es gebe zwar eine Agenda und ein Programm, „aber wir sehen keine Schritte zur Umsetzung“. Deshalb habe der Palästinensische Legislativrat (PLC) gefordert, dass ein neues Kabinett gebildet wird.
„Wir glauben, dass ein Kabinett mit klarem politischen Willen und mehr Entschiedenheit einen Unterschied ausmachen kann“, fügte Aschrawi hinzu. „Natürlich haben wir auch ein strukturelles Problem, wir haben zu viele informelle Machtzentren, und Korruption ist ein Problem. Wir sagen nicht, dass eine neue Regierung alle Schwierigkeiten beseitigt, und haben auch über andere Maßnahmen debattiert – zum Beispiel darüber, die Chefs der Sicherheitsbehörden auszutauschen oder das Innenministerium zu teilen, in ein Sicherheitsministerium und eines für innenpolitische Angelegenheiten.“
Sicherheitsfragen in Kabinett nicht behandelt
Der Sicherheitsapparat insgesamt sei nicht korrupt, aber das Kabinett habe „nicht genug Autorität, seine Entscheidungen durchzusetzen“. Niemand wolle eine „Papier-Regierung“. „Wir glauben, dass diese Regierung sich nicht ausreichend mit der Situation auseinander gesetzt hat. Wir haben uns die Protokolle ihrer Sitzungen angeschaut: Sicherheitsfragen waren im Kabinett kein Thema. Und der Innenminister hat zu diesem Thema nur einen einzigen Bericht erstattet – gleich zu Beginn seiner Amtszeit.“
Die PA sei eine legitim gewählte Institution, keine Fraktion oder Partei, so Aschrawi weiter. „Sie hat den Auftrag, zu regieren. Sie hat ein Mandat, Menschen zu beschützen und das Recht zu garantieren. Sie darf nicht wie eine kämpfende Gruppe behandelt werden. Manche bewaffnete Gruppen verstehen das aber einfach nicht. Das muss sich ändern.“
Dass die radikal-islamische Hamas trotz ihrer Angriffe auf Israel Kandidaten für die PLC-Wahl stellen kann, unterstützt die Abgeordnete: „Alle politischen Parteien müssen das Recht haben, in unserem demokratischen Mehrparteiensystem zur Wahl anzutreten. Das ist klar. Aber das heißt nicht, dass irgendjemand das Recht hat, sich über das Recht hinwegzusetzen und einfach nach Belieben Waffen einzusetzen.“