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Palästinenservertreter: „Gaza ist ein Gefängnis“

GAZA (inn) – Der palästinensische Regierungsvertreter Salah Abdel Schafi hat der internationalen Weltgemeinschaft vorgeworfen, mit ihren Sanktionen gegen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) die Armut unter den Palästinensern zu vergrößern. Die Europäer lobte er, weil sie nicht darauf bestünden, dass die Hamas Israel anerkennt.

„Etwa 80 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen“ seien auf Hilfslieferungen
angewiesen, um zu überleben, sagte Schafi in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. „Es kann nicht schlimmer werden. Die Lage ist wirklich katastrophal.“ Über 60 Prozent lebten unter der Armutsgrenze. Und die Arbeitslosigkeit sei in den vergangenen sechs Monaten auf 50 Prozent gestiegen. Denn die rund 160.000 Angestellten der palästinensischen Regierung hätten keine Gehälter mehr erhalten. „Strom gibt es nicht oder ganz, ganz wenig.“ Gaza sei „de facto“ ein Gefängnis, „wo alle Zugänge dichtgemacht wurden von den Israelis“.

Erst am Sonntag hatten 180 israelische Lastwagen Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht, berichtet die „Jerusalem Post“. Die Fahrzeuge enthielten unter anderem Nahrung und Medizin sowie rund 400.000 Liter Diesel-Kraftstoff, 90.000 Liter Benzin und 175 Tonnen Brenngas.

Die „internationale Weltgemeinschaft“ sei nicht behilflich, so der Palästinenser. „Diese Sanktionen gegen die palästinensischen Behörden beeinflussen die normalen Palästinenser. Die beeinflussen nicht (die) Hamas.“ Die internationale Weltgemeinschaft müsse „Druck auf Israel ausüben, damit sie zumindest die Bewegungsfreiheit ein bisschen erleichtern“ und damit Israel seine Angriffe einschränke.

„Europäer nicht ausgewogen“

Die „europäische Position“ sei nicht ausbalanciert, kritisierte Schafi. „Ich kann ja verstehen, dass die Europäer sagen, dass Hamas die Verträge akzeptieren soll und das Recht Israels auf Existenz zu akzeptieren. Aber auf der anderen Seite, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen, muss man auch von den Israelis verlangen, dass sie auch die Rechte der Palästinenser respektieren und dass sie auch ihre Angriffe einstellen. Man soll ja nicht vergessen, dass die Israelis nicht nur Soldaten oder Kämpfer entführen. Israel hat den Sprecher des Parlaments entführt, hat 30 Mitglieder des Parlaments entführt, hat Minister entführt. Und man wundert sich, warum die Welt sich darüber nicht aufregt.“

Den seit Monaten dauernden Machtkampf zwischen Hamas und Fatah kommentierte der Palästinenservertreter so: „Behörden, Institutionen funktionieren so gut wie gar nicht, weil die finanziellen Mittel einfach fehlen. (…) Es geht momentan darum, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Dabei ist das Problem, dass Hamas es bislang abgelehnt hat, ein politisches Programm zu akzeptieren, ein Programm, das ja die Bedingungen der internationalen Weltgemeinschaft akzeptiert.“

Das Nahost-Quartett habe Bedingungen aufgestellt, nämlich dass die Hamas alle bisherigen Verträge zwischen Israel und den Palästinensern sowie Israels Existenzrecht
anerkennen und der Gewalt abschwören müsse. „Momentan geht es ja darum bei den Verhandlungen, ein politisches Programm zu verabschieden, das diese Bedingungen reflektiert – nicht unbedingt diese Bedingungen akzeptiert, sondern reflektiert.“ Die Europäer hätten nach Meinung Schafi „große Flexibilität gezeigt, indem sie nicht unbedingt darauf bestehen, dass man diese Bedingungen akzeptiert, sondern dass in der Substanz ein politisches Programm diese Bedingungen reflektiert“.

„Präsident Mahmud Abbas muss sich entscheiden. Er hat nach dem Grundgesetz das Recht, die Regierung aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Aber ich glaube, Präsident Abbas will noch den Verhandlungen noch eine Chance geben.“ Man müsse „verhindern, dass wirklich die Palästinenser in einen Bürgerkrieg verfallen“. „Und deswegen glaube ich, es bedarf großer politischer Sensibilität. Und das macht Präsident Abbas.“ Die derzeitigen Kämpfe in Gaza bezeichnete Schafi indes nicht als Bürgerkrieg. „Das sind Anfänge.“

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