WASHINGTON (inn) – Weil die US-Präsidentschaftswahl auch in diesem Jahr äußerst knapp zu werden scheint, hat der demokratische Kandidat John Kerry erneut besonders bei Juden um Unterstützung geworben. Laut einer Umfrage will jeder zweite arabisch-stämmige Amerikaner Amtsinhaber George Bush wählen – die arabisch-amerikanische Gemeinschaft empfiehlt hingegen, Kerry zu wählen.
Kerry war am Montag in Florida auf Stimmenfang jüdischer Wähler. Er versicherte: „Wir werden einen besseren Job machen als (die Republikaner), wenn es darum geht, den Staat Israel zu beschützen“. Er werde seine Aufgabe ernstnehmen, „diejenigen arabischen Staaten zu behindern, die verantwortlich für Terrorismus sind“.
Für die Kampagne wurden T-Shirts und Aufkleber mit der hebräischen Aufschrift „Kerry – Edwards“ verteilt. Kerry wies darauf hin, selbst einen israelischen Jet geflogen zu haben. „Ich sah die strengen Sicherheitsvorkehrungen in Israel und wie klein und zerbrechlich die Grenzen dieses Landes sind“. Er berichtete davon, wie er auf die Spitze von Massada stieg und mit den Luftwaffen-Soldaten und anderen Leute von der Klippe die Worte „Am Israel Chai“ („Das Volk Israel lebt“) schrie.
Juden in Amerika wählen traditionell eher demokratisch. Bei der letzten Wahl im Jahr 2000 stimmten 80 Prozent der US-Juden für die Demokraten Al Gore und Joe Lieberman. Laut der Tageszeitung „Ma´ariv“ ergab eine Umfrage vom vergangenen Monat, dass inzwischen nur noch 69 Prozent der jüdischen Wähler Kerry ihre Stimme geben wollen. Bush unterstützen 24 Prozent von ihnen.
Die Republikaner werfen Kerry vor, sich mit Aussagen zum Nahen Osten eher bedeckt zu halten. Kerry ändere seine Meinung etwa den israelischen Sicherheitszaun betreffend, je nachdem, ob er vor Juden oder vor Arabern spreche, so der Sprecher der Bush-Cheney-Kampagne, Steve Schmidt. Das Magazin „Newsmax“ im März warf Kerry zudem vor, seine Meinung zu PLO-Chef Jasser Arafat zu ändern. In seinem Buch „Der neue Krieg“ bezeichnete Kerry Arafat demnach als „Vorbild“ und „Staatsmann“. Im Wahljahr stimmte er vor New Yorker Juden Präsident Bush zu, man müsse Arafat ignorieren, da er „kein Partner für Frieden“ sei und „kaum ein Staatsmann“.
In Israel leben derzeit etwa 250.000 amerikanische Juden. Davon sind 120.000 berechtigt, an den US-Wahlen teilzunehmen. Im Jahr 2000 machten nur etwa 14.000 von diesem Recht Gebrauch, dieses Jahr sollen es drei Mal so viele werden, berichtet die Agentur „Jerusalem Newswire“.
Etwa 150 Mitglieder der Arabisch-Amerikanischen Gemeinschaft veröffentlichten am Montag ihre offizielle Befürwortung von Kandidat John Kerry. Dies berichtet die Tageszeitung „Ha`aretz“. Eine Umfrage des arabisch-amerikanischen Institutes vom vergangenen Monat ergab, dass 49 Prozent der arabischen Amerikaner für Kerry stimmen wollen. Für Bush sind 31,5 Prozent. Die restlichen 20 Prozent sind entweder unentschlossen, oder sie stimmen für den unabhängigen Kandidaten Ralph Nader, der libanesischer Abstammung ist. Vor vier Jahren hatte Bush noch 45,5 Prozent der arabischen Amerikaner hinter sich, sein Herausforderer Al Gore lediglich 38 Prozent. In den USA leben schätzungsweise 3 Millionen arabisch-stämmige Amerikaner.
„Es gibt viele arabische Amerikaner, die Bushs Wirtschaftspolitik unterstützen und sich nicht um den ‚Patriot Act‘ kümmern“, meint der Präsident der „American Task Force on Palestine“, Siad Asali. Die Umfrage des Institutes scheint ihn zu bestätigen: die meisten arabischen Amerikaner gaben an, ihr wichtigstes politisches Thema sei die Wirtschaft.
Der palästinensische Außenminister Nabil Scha´ath gab gegenüber der BBC bekannt, er wünsche sich Kerry als neuen US-Präsidenten: „Wenn Bush gewinnt, will er den Friedensprozess wieder in Gang bringen, sagt er. Doch mit dieser Belegschaft, die um ihn herum ist, und mit seiner derzeitigen Meinung, sieht das nicht sehr vielversprechend aus“. Eine Abwahl Bushs hingegen nütze dem Friedensprozess wirklich. Wenn Kerry gewählt würde, so Scha´ath, „bedeutete das wahrscheinlich, dass Mitarbeiter der Clinton-Regierung zurückkämen. Das wäre eine gute Sache.“
Auch Arafats Lieblingskandidat scheint Kerry zu sein. Dies behauptete bereits im Juli der Vorsitzende von Israels Militärgeheimdienst, Generalmajor Aharon Se´evi. „Arafat wartet den November ab in der Hoffnung, Präsident Bush wird bei der Präsidentschaftswahl besiegt“, so Se´evi. So lange verharre er im Nichtstun.