JERUSALEM (inn) – Israels Vizepremierminister Ehud Olmert gerät innerhalb seiner Partei immer mehr unter Druck. Wegen seiner Äußerungen, Israel solle sich aus den palästinensischen Gebieten zurückziehen, kritisierten Olmert führende Likud-Politiker und warfen ihm vor, die „Parteilinie“ verlassen zu haben. Der frühere Jerusalemer Bürgermeister Olmert hatte am Freitag in einem Interview mit der Tageszeitung „Jediot Ahronot“ eine „einseitige Aufgabe der palästinensischen Gebiete durch Israel“ gefordert.
„Olmert hat eine Wandlung vollzogen“, sagte der Knessetsprecher und Likud-Abgeordnete Reuven Rivlin. „Das haben wir zuvor schon bei anderen Politikern erlebt, die sich von Kritikern von Oslo zu dessen Befürwortern gewandelt haben“, so Rivlin.
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinschaft in Jescha (Judäa, Samaria und Gaza), Benzi Liebermann, sei Ehud Olmert jedoch das „Versuchskaninchen“ von Premierminister Ariel Scharon. „Ein hochrangiger Politiker aus der israelischen Regierung, der sich für eine Teilung Jerusalems und die Räumung von palästinensischen Gebieten ausspricht, probiert aus, wie die Forderungen in der Öffentlichkeit aufgenommen werden. Sollte die Regierung Scharons wirklich einseitige Schritte einleiten, werden wir dies verhindern“, sagte Liebermann.
Nach einer Sitzung des Likud-Blocks am Montagabend distanzierte sich Industrie- und Handelsminister Olmert von einigen seiner Äußerungen. Auf der palästinensischen Seite gebe es keinen Verhandlungspartner, sagte der Politiker im israelischen Rundfunk. „Unter den Politikern der Palästinensischen Autonomie erkennt Israel keine Bereitschaft, auf den Weg der Verhandlungen zurückzukehren.“
Doch Olmerts Äußerungen über einen einseitigen Rückzug Israels sind nicht der einzige Kritikpunkt, den seine Gegner an ihm finden. Der Industrie- und Handelsminister hatte zudem die Kennzeichnung von Produkten aus Judäa, Samaria und dem Gazastreifen angeordnet, die von Israelis hergestellt werden. Dieser Schritt wurde besonders von Vertretern der Europäischen Union (EU) begrüßt.
Doch Mitglieder und Repräsentanten der Jüdischen Gemeinschaft in Jescha bezeichneten Olmerts Anordnung als „Akt gegen Juden“. Olmert habe dem „Druck der Europäer“ nachgegeben. Adi Mintz, der Vorsitzende des Jescha-Rates, sagte, Olmert habe die ersten Schritte zu einem „judenreinen Jescha“ angeordnet. „Es wird die Zeit kommen, in der einer von uns nach Europa reisen will und nicht über die Grenze gelassen wird,“, sagte Mintz.
Nach der Likud-Sitzung betonte Olmert, bei der Kennzeichnung der Produkte aus Jescha handele es nicht um eine „direkte Kennung der Waren“. Vielmehr werde die Herkunft der Produkte „lediglich in den Schiffsprotokollen vermerkt“, so der Likud-Minister.