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Oh du jüdischer Tannenbaum

Das "Weihnachtsbaum-Verteilungszentrum" des KKL, der "Erhaltungsstiftung Israels" oder "Jüdischer Nationalfonds", wie sich die große nationale Aufforstungsgesellschaft wörtlich nennt, befindet sich hinter Beth Schemesch auf halber Strecke zwischen Tel Aviv und Jerusalem inmitten einer lieblichen Hügellandschaft mit vielen archäologischen Stätten. Unweit der umzäunten Baumschule haben sich David und Goliath ihre denkwürdige biblische Schlacht geliefert. Unter einem Wellblechdach hängt neben einer großen israelischen Flagge mit Davidstern und zwei blauen Streifen das Hinweisschild zum "Christmas Tree Distribution Center". Eine Neueinwanderin aus Russland begrüßt die geladenen Diplomaten und Journalisten.

Rechtzeitig vor Weihnachten hatte das Presseamt der Regierung eine Email an alle Auslandsjournalisten verschickt, mit dem Hinweis, man möge sich einen Weihnachtsbaum reservieren lassen. Gefragt wird nur nach der Höhe des gewünschten Baums, dem Namen und der Zeitung oder Agentur, für die man arbeitet. Genau eine Woche vor Weihnachten kommen dann die Wagen mit CD-Nummern und weiße Lastwagen der UNO-Truppen, um die bestellten Bäume abzuholen.

Der Verantwortliche, Mosche, prüft auf der Liste, ob der Name auch registriert ist. In unserem Fall steht da auf Hebräisch „Oirisch Zaam“. So genau nimmt man das in Israel nicht. Da offenbar eine Bestellung vorliegt, lässt Mosche den Rechnungsblock gleich wieder in seiner Schublade verschwinden. Wer bestellt hat, erhält seinen Baum kostenlos. Mosche reißt einen Zettel ab, drückt einen blassen Stempel drauf und schreibt eine „1“.

Damit ausgestattet begibt man sich zu einer Fußballfeld-großen Baumschule, wo zwischen den Baumstümpfen der in früheren Jahren abgeholzten Tannenbäume schiefe, krumme, zerrupfte, kleine und große Fichten wachsen. Der Förster mit der Kipa frommer Juden auf dem Kopf gibt einem der äthiopischen Hilfsförster die Anweisung, dem Journalisten einen Baum zu fällen. Die Auswahl fällt nicht leicht, denn das dort wachsende Gestrüpp entspricht nicht so ganz den Vorstellungen eines an gerade gewachsene Tannenbäumchen gewöhnten Deutschen, der erst vor Kurzem auf den Weihnachtsmärkten von Frankfurt und Köln noch einmal beobachtete, wie ein ordentlicher Weihnachtsbaum auszusehen hat.

Doch schließlich finden wir einen Baum, dessen Äste so gestaltet sind, dass man daran auch Kugeln und Lametta hängen kann. Der große wohlbeleibte Äthiopier mit einer roten Motorsäge in der Hand und einem gleichfarbenen Helm auf dem Kopf bückt sich, drückt aufs Gas, und schon hat er das Bäumchen zur Strecke gebracht. Ein anderer äthiopischer Hilfsförster hilft, den Baum aufs Autodach zu hieven. Dabei bricht die Spitze ab. Also muss ein zweiter Baum ausgewählt und gefällt werden.

Die Sprecherin des KKL, Michal Marmary sagte auf Anfrage, dass jedes Jahr um die 600 Tannenbäume an die Kirchen Jerusalems geliefert würden, 250 an die in Israel vertretenen Botschaften und zwischen 50 und 100 an Journalisten. Zudem liefert der KKL 300 Bäume an die Stadtverwaltung von Jerusalem. Einen Tag vor Heiligabend werden die am Jaffator der Altstadt aufgetürmt und jeder, der will, darf einen Baum mitnehmen. Weiter erklärte sie, dass jede Fichte vom Samen und bis zum ausgewachsenen Baum dem KKL 200 Schekel (etwa 40 Euro) kosten, wenn man die Pflege und das Wasser rechnet. Deshalb überlege der KKL, die Weihnachtsbäume künftig nicht mehr kostenlos zu verteilen, sondern wenigstens eine „Spende“ zu verlangen, um einen Teil der Kosten zu decken.

Der Jüdische Nationalfonds wurde 1901 gegründet und hat schon über 230.000 Bäume in Israel gesetzt. Die Wiederaufforstung des von den Römern vor 2000 Jahren abgeholzten Heiligen Landes gehört zu den größten Aufgaben der Zionistischen Bewegung. Deshalb stehen bei vielen jüdischen Familien in aller Welt kleine Sparbüchsen aus Blech im Wohnzimmer. Erst kürzlich gab es freilich in Israel große Empörung, als bekannt wurde, dass diese traditionsreichen Sparbüchsen mit einer aufgemalten israelischen Flagge heutzutage „made in China“ sind.

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