Das für 60 Minuten geplante Treffen der Regierungschefs im Oval Office wurde zu einem Gespräch von mehr als 100 Minuten Länge. Anschließend traten beide Politiker vor die Presse. Das Treffen mit Netanjahu sei „außergewöhnlich produktiv“ gewesen, erklärte Obama laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“. Er betonte die besonderen historischen und emotionalen Beziehungen zwischen den USA und Israel. Als einzige wahre Demokratie im Nahen Osten sei Israel eine „Quelle der Bewunderung und Inspiration“ für die Menschen in den USA.
Keine Frist für den Iran
Hinsichtlich des Iran erklärte Obama, er sei dagegen, der Führung in Teheran eine Frist zu setzen. Die USA strecke der Islamischen Republik die Hand entgegen und versuche, sie davon zu überzeugen, ihren Kurs bezüglich des Atomprogramms zu ändern. Er sei bemüht, den Iran wieder als vollwertiges Mitglied in die internationale Staatengemeinschaft zurückzuholen. Bis zum Jahresende hoffe er auf entscheidende Bewegungen auf iranischer Seite, sagte Obama weiter. Die Gespräche würden jedoch nicht „für immer“ geführt. Sollte sich der Iran gegen Verhandlungen sträuben, sei die US-Regierung bereit, sich um weitere internationale Sanktionen gegen den Iran zu bemühen. Der islamische Staat isoliere sich in einem solchen Fall selbst.
Netanjahu bezeichnete in seiner Ansprache den Iran als derzeit größte Gefahr. „Der Iran ruft offen nach unserer Zerstörung. Das ist inakzeptabel“, so der israelische Premier. Die Führung in Teheran bedrohe nicht nur Israel, sondern auch moderate arabische Staaten und die US-Interessen weltweit.
Netanjahu: „Palästinenser sollen sich selbst regieren“
Der israelische Regierungschef betonte seine Bereitschaft zu sofortigen Verhandlungen mit den Palästinensern. „Ich möchte klarstellen, dass wir die Palästinenser nicht regieren wollen. Wir wollen in Frieden mit ihnen leben. Wir wollen, dass sie sich selbst regieren, bis auf eine Handvoll Machtbefugnisse, welche die Sicherheit des Staates Israel gefährden könnten“, sagte Netanjahu weiter. Sein Ziel sei es, den Nahostkonflikt zu beenden. Dafür müssten beide Seiten Zugeständnisse machen. Israel sei bereit, seinen Teil zu erledigen. Die Palästinenser müssten Israel als jüdischen Staat anerkennen, forderte der Premier. Zu einer Zweistaatenlösung äußerte er sich jedoch nicht.
Obama fordert Siedlungsstopp
Obama betonte hingegen die Wichtigkeit der Gründung eines Palästinenserstaates. Derzeit sei der Fortschritt festgefahren. Er sehe jedoch für Netanjahu eine historische Gelegenheit, ernsthafte Bewegung in den Friedensprozess zu bringen. Israel müsse einige schwierige Schritte unternehmen. Dazu gehöre unter anderem ein Baustopp der Siedlungen. Die USA werden alles tun, um konstruktive und effektive Partner im Friedensprozess zu sein, versicherte der US-Präsident weiter.
Fatah zufrieden mit Obama
Nabil Abu Rudeine, ein Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, bezeichnete die Aussagen Obamas als „ermutigend“. Die Haltung Netanjahus sei jedoch „enttäuschend“, da dieser sich nicht zu einer Zweistaatenlösung geäußert habe.
Ende Mai wird Obama sowohl Palästinenserpräsident Abbas als auch den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Washington empfangen. Am 4. Juni will Obama dann in Kairo in einer Rede an die muslimische Welt seinen Plan für die Lösung des Nahost-Konflikts vorstellen.