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„Nixopolis“ – Neue Hoffnung für einen Nahost-Friedensprozess?

Präsident George W. Bush junior hat für das letzte Jahr seiner Regierung Hoffnung verordnet. Deshalb hat er Israelis und Palästinenser Ende November zu einem Fototermin in das nahe Washington gelegene Annapolis beordert. Seine Außenministerin Condoleezza Rice wird nicht müde, den Inhaltsreichtum und die Substanz der bevorstehenden Konferenz zu beschwören. Der Wille des palästinensischen Volkes, der im Wahlsieg der Hamas im Januar 2006 seinen Ausdruck fand, kann von der westlichen Welt nicht akzeptiert werden.

Die Frustration über das Scheitern aller Verhandlungen hat zum einseitigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen geführt. Die Verzweiflung über das Scheitern der von Ariel Scharon durchgesetzten Politik des einseitigen Vorgehens Israels bewirkt jetzt Verhandlungen, bei denen sich die beiden Konfliktparteien nicht einmal über einen Ausgangspunkt einigen können. Letztlich geht es in Annapolis aber um den Versuch, den beiden unpopulärsten regierenden Politikern in der Region – Ehud Olmert und Mahmud Abbas – eine politische Vitaminspritze zu verabreichen. So titelt die linksliberale israelische Tageszeitung „Ha´aretz“: „Unterstützungs-Show aber keine Verhandlungen“.

Die Fatah-Unterhändler haben klar gemacht, dass das Barak-Clinton-Angebot vom Juli 2000, das einen palästinensischen Staat auf 92 Prozent der besetzten Gebiete vorsieht, inakzeptabel sei. Nach dem Fall des Gazastreifens an die Hamas halten sie sich in der Westbank nur durch eine spürbare Präsenz schwer bewaffneter Polizisten und mit Hilfe der täglichen Razzien der israelischen Armee an der Macht. Als Vorbedingung für ihre Konferenzteilnahme verlangen sie von den Israelis Zugeständnisse, die aus deren Sicht nicht einmal als Verhandlungsergebnis akzeptabel sind. Mahmud Abbas fordert zudem einen genauen Zeitplan bis zur Errichtung eines unabhängigen Palästina. Durch diese Forderungen wollen die Palästinenser die Ernsthaftigkeit der israelischen Gesprächspartner auf die Probe stellen.

Der israelische Rechtspolitiker Avigdor Lieberman droht, auf jeden amerikanischen Druck mit einem Sturz der Regierungskoalition zu reagieren. Verteidigungsminister Ehud Barak, der den Koalitionspartner Arbeitspartei anführt, ist davon überzeugt, dass die Sicherheit Israels nur gewährleistet werden kann, wenn Armee und Geheimdienste Israels auch weiterhin freie Hand im Westjordanland haben. Dazwischen steht Regierungschef Ehud Olmert, der in Abbas’ Forderung eines Zeitplans das sicherste Rezept für das Scheitern aller weiteren Gespräche sieht.

Das Problem jeder israelischen Regierung ist, dass ein substantieller Deal mit den Palästinensern unausweichlich den Kollaps der Regierung und Neuwahlen bedeutet. Das haben die vergangenen 15 Jahre hinreichend bewiesen. Auf palästinensischer Seite steht der strukturellen Schwäche des israelischen politischen Systems ein politisches Chaos gegenüber, bei dem niemand weiß, was sich tatsächlich durchsetzen lässt. Abgesehen von der Grenzziehung zwischen Israel und Palästina – mehr oder weniger entlang der Linien von 1967 beziehungsweise dem Verlauf des israelischen Sicherheitszauns -, der Auffassung, dass eine Rückkehr der Flüchtlinge auf das Staatsgebiet Israels nie in Frage kommen wird, und dass Jerusalem irgendwie geteilt werden muss, weiß niemand tatsächlich, wie eine Lösung letztendlich aussehen kann. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zu einer Verständigung ist, dass ein entscheidender Teil der islamischen Welt das Existenzrecht des jüdischen Staates Israel grundsätzlich in Frage stellt – und diese Ideologie politisch und militärisch tatkräftig verfolgt. Diese Bewegung wird jedes Abkommen torpedieren.

„Wenn wir’s schaffen, die Konferenz scheitern zu lassen und jeder begreift, dass die Palästinenser daran schuld sind, ist das ein Erfolg für uns“, meint der Politikprofessor Efraim Inbar von der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan. Die Zwei-Staaten-Lösung ist aus Sicht dieses Akademikers passé, weil ein Kompromiss zwischen dem „gerechten Frieden“, den die Palästinenser verfolgen, und der „stabilen Lage“, die das Ziel der Israelis ist, nicht möglich erscheint. Außerdem hätten die Palästinenser bewiesen, dass sie nicht in der Lage sind, einen Staat aufzubauen. Schließlich meint der Politikwissenschaftler zu erkennen, dass keine der beiden Seiten wirklich kriegsmüde ist. Somit steht einer Weiterführung des Jahrhundertkonflikts nichts im Wege.

Während sich westliche Diplomaten und Journalisten darüber den Kopf zerbrechen, auf welcher Basis Israelis und Palästinenser weiter verhandeln und zu einem praktikablen Ergebnis kommen könnten, machen sich israelische Fernsehkommentatoren über den amerikanischen Namen des geplanten Konferenzortes lustig. „Annapolis“ klingt fast wie „Einopolis“, was man mit etwas Phantasie als „Nixopolis“ frei ins Deutsche übersetzen könnte. „Ein“ heißt im Hebräischen „Nichts“ – und das erwarten sowohl Israelis als auch Palästinenser von der neuesten Gesprächsinitiative.

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