Neujahr der Bäume, TU BiSchvat 5767

„Wie ist das, ein Baum zu sein?“, fragt Batja Ben Dor in einem Gedicht, das zu einem untrennbaren Bestandteil der TU BiSchvat-Feier, des Neujahrs der Bäume, geworden ist. Schvat heißt der fünfte Monat des jüdischen Kalenders, am Übergang zwischen Winter und Frühling. Im Laufe dieses Monats, der in die Monate Januar oder Februar fällt, regnet es in Israel am meisten – „sein Eimer fließt von Wasser über“ – so weissagte einst der Seher Bileam über die Heimat Israels (4. Mose 24,7). Die Natur erwacht, die Bäume fangen an, auszuschlagen, und als erstes Zeichen dafür blühen die Mandelbäume. Deshalb wurden sie zum Symbol des Festes und ihre weiße Blüte erscheint in vielen Liedern.

„TU“ oder die hebräischen Buchstaben „Tet“ und „Vav“ stehen für die Zahl „15“. Den 15. Schvat hat im 1. Jahrhundert die Schule des Hillel als Übergang vom alten ins neue landwirtschaftliche Jahr bestimmt. An diesem Datum sollte die Abgabe des Zehnten vom Ertrag des Feldes für das vorangegangene Jahr festgelegt werden. Aus dem 17. Jahrhundert ist ein Buch erhalten, in dem die „Seder Tu BiSchvat“, die Liturgie des Festes, aufgezeichnet wurde. Im Rahmen dieser Liturgie trank man vier Kelche Wein, die für die vier Jahreszeiten stehen, und rezitierte Passagen aus der Torah, den Propheten und der Mischna. Man genoss die Früchte des Landes Israel, das heißt, vor allem die so genannten „sieben Arten“, die für Israel charakteristisch sind: „Denn der Herr, dein Gott, führt dich in ein gutes Land… ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt“ (5. Mose 8,7-8) – wobei der Honig Dattelhonig ist.

Aus der Stadt Safed in Nord-Galiläa, wo seit dem 13. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde blühte, breitete sich die Liturgie in das sefardische Europa aus, in die Türkei, nach Italien und Griechenland, und von dort aus in weitere Teile Europas, nach Asien und Nordafrika. In der heutigen Form kann man das Fest allerdings nur im Land Israel feiern, was aus dem Vers in 3. Mose 19,23 abgeleitet wird: „Wenn ihr in das Land kommt und allerlei Bäume pflanzt…“ – dies fasst das jüdische Volk als Gebot auf.

Mit der Rückkehr der Juden in das Land wurde auch das Bäumepflanzen wieder aufgenommen. Im Jahr 1890 pflanzte der Lehrer und Dichter Se´ev Jabetz erstmals mit einer Gruppe von Schülern in dem Städtchen Sichron Ja´akov am 15. Schvat im Rahmen einer Feier neue Bäume. 1908 ernannte die Lehrergewerkschaft diesen Tag zum offiziellen Baumpflanzfest und später übernahm der Jüdische Nationalfonds „Kerem Kajemet LeIsrael“ die Idee. 750.000 Bäume sind durch den Krieg mit der Hisbollah im Norden Israels verbrannt. Dadurch bekommt das Fest TU BiSchvat in diesem Jahr eine besondere Bedeutung.

Hunderttausende von Setzlingen werden vorbereitet, hauptsächlich Zypressen, Zedern, Kiefern, Eichen und Eukalyptusbäume. Die Eukalyptusbäume sind am größten, können sich aber nicht selbst aussamen. In einer Höhe von zwanzig Metern werden ihre Früchte gesammelt, aus denen dann die Samen gewonnen werden. Schüler, Soldaten, Familien und Touristengruppen treffen sich zum organisierten Bäumesetzen.

Ein Baum ist in Israel nichts Selbstverständliches und TU BiSchvat ist immer eine Gelegenheit, sich an alle Vorzüge der Bäume zu erinnern. Das betrifft nicht nur die Obstbäume, sondern Bäume überhaupt. Jeder, der in heißen Zonen wohnt, weiß das wertvolle und lebensnotwendige Geschenk der Bäume zu schätzen, den Schatten. Bäume schützen nicht nur vor der Sonne, sondern auch vor Stürmen, speichern das Regenwasser und beleben den Erdboden. Der aus Tschechien stammende Ja´akov „Jenda“ Feldmann gehört zu den Gründern der heutigen Hotelstadt Eilat, die am südlichsten Zipfel Israels, am Roten Meer liegt. Er erklärt, dass durch die Bäume die Temperaturen in der Wüstenstadt um bis zu 10 Grad Celsius gesenkt werden konnten.

Beim Setzen der Bäume wird ein Gebet rezitiert. Darin wird der himmlische Vater gebeten, das Volk Israel und das Land, das er ihren Vorvätern verheißen hat, zu segnen. Dabei wird weiter um Regen und Tau, um Segen für alle Pflanzen und die gesetzten Bäume gebeten. Außerdem heißt es da: „Verwurzele auch uns im Land der Väter, segne uns, damit wir mit diesen Bäumen wachsen und durch uns alle Völker der Erde gesegnet werden.“ Es gibt viele rabbinische Auslegungen aufgrund des biblischen Vergleichs von Bäumen mit Menschen, wie beispielsweise in Psalm 1: „Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit“ (Psalm 1,3). Oder: „Die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes“ (Jesaja 65,22) und: „Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon“ (Psalm 92,13).

Nach der Bibel haben Bäume und Menschen vieles gemeinsam, sie haben ihre Wurzeln und ihr Leben bringt gute oder schlechte Früchte, je nachdem, wo sie gepflanzt sind und wovon sie getränkt werden: „Die gepflanzt sind im Hause des Herrn, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen. Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, dass sie verkündigen, wie der Herr es recht macht…“ (Psalm 92,14-16). Eine der in der jüdischen Tradition zum Neujahrsfest der Bäume am meisten gebrauchten Schriftstellen stammt aus 5. Mose 20,19: „Ein Mensch ist ein Baum auf dem Felde.“ Überraschenderweise handelt es sich um einen aus dem Zusammenhang gerissenen Text, der von Luther übersetzt wurde: „Die Bäume auf dem Felde sind doch nicht Menschen, dass du sie belagern müsstest!“

Am 3. Februar 2007 feiern die Bäume in Israel ihr Neujahrsfest. Wir wünschen ihnen viel fruchtbare Erde, Regen und Sonne, einfach Gottes Segen und Schutz. Mögen sie stark, schön, gesund und grün sein, und keine Kriege mehr erleiden müssen. Diese Abhandlung sei beschlossen mit den letzten Worten des eingangs erwähnten Gedichtes: „‚Baum, ich habe dich lieb’, sagte ich und ging in den Garten und pflanzte meinem Fenster gegenüber einen Baum.“

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