Suche
Close this search box.

Netanjahu wirft Alliierten Passivität vor

Zum Holocaustgedenktag hat Regierungschef Netanjahu den Wert des israelischen Staates betont. Staatspräsident Rivlin warb für einen ausgewogenen Blick auf die Scho'ah.
Warnt vor aktuellem Judenhass: Israels Premier Netanjahu am Holocaustgedenktag

JERUSALEM (inn) – Israel hat am Montag des Holocaust gedacht. Am Montagvormittag erklangen um 10 Uhr Ortszeit zwei Minuten lang die Sirenen. Aktiviert hatte die Sirenen die aus Polen stammende Holocaust-Überlebende Stephanie Portnoy. Die Israelis unterbrachen ihre Aktivitäten und hielten im Gedenken an die Todesopfer und die Überlebenden inne. Es folgten Zeremonien und Gedenkfeiern an Schulen und anderen Einrichtungen unter dem Motto „Ihre Identitäten wiederherstellen: Das Schicksal des Individuums während des Holocaust“.

Stilles Gedenken an den Holocaust: Israel hielt am Montagvormittag für zwei Minuten inne Foto: Israelnetz/mh
Stilles Gedenken an den Holocaust: Israel hielt am Montagvormittag für zwei Minuten inne

Die zentrale Veranstaltung fand in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem statt. Staatspräsident Reuven Rivlin legte einen Kranz am Denkmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 nieder. Zugegen waren auch Regierungschef Benjamin Netanjahu, Knessetsprecher Juli Edelstein. In der Knesset wurden anschließend in einer zweistündigen Zeremonie einzelne Namen von Holocaust-Opfern verlesen.

Gabriel: Bodenloser Abgrund des Zivilisationsbruches

In Polen führten hochrangige Vertreter des jüdischen Staates den „Internationalen Marsch des Lebenden“ an. Dabei beteiligt waren die Präsidentin des israelischen Obersten Gerichtes, Miriam Naor, Armeechef Gadi Eisenkot, Bildungsminister Naftali Bennett sowie der frühere Oberrabbiner Meir Landau, selbst ein Holocaust-Überlebender. Bei dem Marsch gehen die Beteiligten drei Kilometer vom Konzentrationslager Auschwitz zum Vernichtsungslager Birkenau. In diesem Jahr marschierten 10.000 Jugendliche aus 50 Ländern mit, darunter auch Dutzende Schüler aus Marokko, berichtet die israelische Tageszeitung „Yediot Aharonot“.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel gedachte ebenfalls des Holocaust. Er traf am Montag in Israel im Rahmen seiner dreitägigen Nahostreise ein. Bei der Ankunft betonte er laut Mitteilung des Außenministeriums „die historische Verantwortung Deutschlands für den Holocaust und die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs“. Daraus erwachse die Aufgabe, gegen Antisemitismus und für die Menschenwürde einzutreten. „Still stehe ich heute hier in Israel vor dem bodenlosen Abgrund des Zivilisationsbruchs der Sho’ah, der kaum zu fassen ist – und vor dem Land, das uns Deutschen dennoch die Hand gereicht hat.“

Netanjahu: Juden können sich nun verteidigen

Bereits am Sonntagabend begann das Gedenken mit einer Zeremonie in Yad Vashem. Sechs Holocaust-Überlebende zündeten sechs Fackeln an, die für die sechs Millionen Opfer stehen. Zugegen war auch der österreichische Kanzler Christian Kern, der sich zuvor mit Rivlin getroffen hatte.

Am Sonntagabend wurden sechs Fackeln für sechs Millionen Holocaust-Opfer entzündet. Auf dem Bildschirm ist der aschkenasische Oberrabbiner David Lau zu erkennen. Foto: Israelnetz/mh
Am Sonntagabend wurden sechs Fackeln für sechs Millionen Holocaust-Opfer entzündet. Auf dem Bildschirm ist der aschkenasische Oberrabbiner David Lau zu erkennen.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu betonte in seiner Rede, der Holocaust hätte verhindert werden können, wenn die Weltmächte einsatzbereiter gewesen wären. Die selbe Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Juden sei auch heute noch sichtbar.

Netanjahu stützte sich in seiner Rede auf neu vorgelegte historische Dokumente. Diese belegen, dass das Ausmaß des Holocaust in den Konzentrationslagern den Briten, Amerikanern und Russen bereits 1942 bekannt war – zwei Jahre früher als bislang angenommen. Der britische Historiker Dan Plesch weist in seinem Buch „Menschenrechte nach Hitler“ darauf hin. „Wenn die Weltmächte gegen die Todeslager vorgegangen wären – und alles, was es dazu gebraucht hätte, wäre beständige Bombardierung gewesen – wenn sie damals gehandelt hätten, hätten sie vier Millionen Juden und Millionen anderer Menschen retten können.“

Der Holocaust sei im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen, fuhr Netanjahu fort: Judenhass, weltweite Gleichgültigkeit und „die schreckliche Schwäche unseres Volkes in der Diaspora“. Während Judenhass und Gleichgültigkeit weiter bestünden, habe sich der letztgenannte Faktor geändert – mit dem Staat Israel. Der Lehre aus dem Holocaust sei, „dass wir in der Lage sein müssen, uns zu verteidigen, durch uns selbst, gegen jegliche Bedrohung, gegen jeden Feind“.

Rivlin: Reichtum durch Spiritualität und Kreativität

Staatspräsident Rivlin warb in seiner Rede für einen ausgewogenen Blick auf die Scho’ah. Derzeit dominierten zwei Ansätze: Die Scho’ah als eines von vielen rassistischen Ereignissen in der Geschichte zu betrachten, und alles nur durch durch die Scho’ah zu sehen.

Beide Sichtweisen seien falsch. Die Scho’ah sei nicht als Verbrechen gegen die Menschheit, sondern gegen Juden geplant worden, um diese zu vernichten. Der zweite Ansatz teile die Welt in gut und böse ein. Dies gefährde die Außenbeziehungen des israelischen Staates und die Dialogbereitschaft. Im Inneren mindere diese Sichtweise den Reichtum des jüdischen Volkes. „Das jüdische Volk wurde nicht in Auschwitz geboren. Es war nicht Angst, die uns durch die 2.000 Jahre des Exils gebracht hat. Es war unsere Spritualität, unsere gemeinsame Kreativität.“

Von: df

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen