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Nationale Minderheit im jüdischen Staat

Anerkennung, Gleichberechtigung und vor allem mehr Geld fordert das Mossawa-Zentrum für die arabischen Bürger Israels. Auf einer Pressekonferenz stellten Vertreter des Mossawa-Zentrums, das sich den Kampf gegen die Diskriminierung der Araber in Israel zur Aufgabe gemacht hat, am Montag eine neue Studie über die israelischen Araber vor, die besonderen Nachdruck auf deren Stellung und die daraus erwachsenden Implikationen für den Nahostkonflikt legt.

Mossawa-Direktor Dschafar Farah erklärte Journalisten und Diplomaten die historischen Eckpunkte, die den palästinensischen Arabern mit israelischer Staatsbürgerschaft ihre besondere Identität verleihen:

-> 1948 „Al-Naqba“, „die Katastrophe“ des israelischen Unabhängigkeitskriegs.

-> 1948-1966 die israelische Militäradministration.

-> 1956 während des Sinaifeldzuges das Massaker von Kufr Kassem, dem 49 israelische Araber zum Opfer fielen.

-> 1967 der Beginn der Besatzung des Westjordanlandes mit dem Sechstagekrieg. Zuvor habe der Kontakt der israelischen Araber zur arabischen Welt vor allem durch das Radio stattgefunden.

-> 1976 der „Land-Tag“, der seitdem jährlich mit Demonstrationen begangen wird und bei dem damals sechs arabische Tote zu beklagen waren.

-> 1982 die israelische Invasion des Libanon. Besonders traumatisch sei im April 1995 der Tod von fast 100 Zivilisten durch israelisches Artilleriefeuer in Kafr Kana gewesen – weswegen Schimon Peres auch in der darauf folgenden Wahl seinem Herausforderer Benjamin Netanjahu unterlegen sei.

-> Der Beginn der Al-Aksa-Intifada im Oktober 2000, der auch von Unruhen im arabischen Sektor Israels begleitet war, bei denen 13 Araber von israelischen Sicherheitskräften getötet wurden.

-> Und schließlich der Boykott der Knessetwahlen im Frühjahr 2001, ein Novum in der israelisch-arabischen Gesellschaft, die traditionell eine überdurchschnittlich hohe Wahlbeteiligung aufzeigte und fast zehn Prozent der Knessetabgeordneten stellt.

Durch den israelischen Unabhängigkeitskrieg wurden viele arabische Familien geteilt, so dass es heute keine Seltenheit ist, wenn arabische Israelis Verwandte in Flüchtlingslagern im Libanon oder im Gazastreifen haben. Durch ein Adoptionsprogramm werden diese alten verwandtschaftlichen Beziehungen heute über Menschenrechts- und humanitäre Organisationen wieder aufgefrischt. Mittlerweile haben laut Dschafar Farah 12.000 israelisch-arabische Familien palästinensische Familien adoptiert. In den vergangenen Jahren habe man vor allem Jordanien zu Treffen zwischen den Familienmitgliedern genutzt.

Die engen Beziehungen zwischen israelischen Arabern und Palästinensern auf politischer Ebene werden von den Israelis besonders kritisch gesehen. So sitzen Scheich Ra´ed Salah, der Führer der Islamischen Bewegung in Israel, und zwei weitere israelisch-arabische Führungspersönlichkeiten zur Zeit in israelischen Gefängnissen. Scheich Salah wird vorgeworfen, für die Hamas Gelder gesammelt zu haben.

20.000 israelisch-palästinensische Ehen stellten momentan ein besonderes Problem dar. Aufgrund der verschärften Antiterrormaßnahmen Israels dürfen sich die palästinensischen Ehepartner nicht in Israel aufhalten. Würden allerdings die israelischen Partner in die Palästinensischen Autonomiegebiete umziehen, verlören sie den Anspruch auf soziale Leistungen und schließlich ihre israelische Staatsbürgerschaft.

Hauptbrennpunkt der Studie „The Arab Citizens of Israel. Status and Implications for the Middle East Conflict“, die neben Dschafar Farah der israelisch-arabische Rechtsanwalt Hassan Abbadi vorgestellt hat, ist allerdings die Stellung der Araber innerhalb der israelischen Gesellschaft. Die Empfehlungen der nach den Unruhen im Herbst 2000 eingesetzten Or-Kommission seien ohne Wirkungen für die gesellschaftliche Realität ungehört verhallt.

Der Bericht, der von verschiedenen arabischen Menschenrechtlern und den zehn Volontären des Mossawa-Zentrums erstellt wurde, prangert die anti-arabische Hetze in der israelischen Gesellschaft, die sozio-ökonomische, kulturelle und juristische Diskriminierung der Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft an. Arabische Frauen sähen sich in Israel einer doppelten Diskriminierung aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit und außerdem aufgrund ihres Geschlechts gegenüber.

Ein besonderer Kritikpunkt ist die Demolierung illegaler Häuser und die fehlende Anerkennung von 40 Beduinendörfern im Negev. Fast zwei Drittel der israelischen Beduinen, 80.000 Menschen, leben in diesen Dörfern, die nach Regierungsplänen in sieben neu angelegte Städte verlegt werden sollten. Die Beduinen betonen ihre traditionellen Rechte auf das Wüstenland, während israelische Behörden eine verdeckte Landnahme sehen. Besonders verheerend wird in diesem Zusammenhang das Bildungsangebot für diese Menschen gesehen. Insgesamt fehlten im arabischen Sektor 1.500 Klassenzimmer, in manchen Fällen werde „unter unglaublichen Zuständen“ in Privathäusern unterrichtet.

Hassan Abbadi fordert einen Dialog auf allen Ebenen: inner-arabisch, mit den jüdischen Nachbarn, aber auch mit der internationalen Gemeinschaft. „Wir brauchen die internationale Gemeinschaft“, flehte der Rechtsanwalt, „um uns zu schützen, damit wir unsere Menschenrechte bekommen und für eine bessere Zukunft.“

Weitere Informationen:
Mossawa Center. The Center for Arab Citizens of Israel
16 Ben Yehuda St.
P.O.Box 4471, 31043 Haifa, Israel
Telefon/Fax: +972 (4) 869 9587
E-Mail: mosawa@rannet.com
Webseite: www.mossawacenter.org

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