Der israelische Admiral und Diplomat a.D. Eli Peter Levy ist tot. Er starb am 28. Mai im Alter von 94 Jahren. Das Leben des geborenen Nürnbergers war von großen Verdiensten für Israel und die deutsch-israelischen Beziehungen geprägt.
Eli Peter Levy wurde am 11. November 1930 in Nürnberg als Sohn der Eheleute Hans und Susi Levy, geb. Offenbacher, geboren. Aufgrund der beginnenden nationalsozialistischen Verfolgung emigrierte die Familie im April 1933 ins Mandatsgebiet Palästina. Sie lebte anfänglich in Tel Aviv.
Als Jugendlicher wurden Elis Leidenschaft für das Segeln und seine Begabung für junge Menschen schnell von der Jugendbewegung der Arbeitspartei erkannt, der Organisation „HaSchomer HaZair“. Dort brachte er jüngeren Kindern das Segeln bei. Dazu nutzten sie sowohl mit kleineren Booten den Fluss Jarkon, als auch mit größeren Booten das Mittelmeer. Eli erinnerte sich bis ins hohe Alter gerne daran, mit seinen Schülern die gesamte Mittelmeerküste vom Süden bis an die Grenze zum Libanon entlang gesegelt zu sein.
Dabei konnte er den Heranwachsenden Selbstbewusstsein und Mut für das Leben vermitteln, selbst bei schlechten Bedingungen durchzuhalten und mit den eigenen Händen – durch die Segel –, sich die Kräfte der Natur zu eigen machen zu können.
Als junger Mann arbeitete er zuerst als Elektriker in einem Kibbuz, bis die neugegründete israelische Marine an ihn herantrat, um ihn als Zeitsoldaten zu rekrutieren. 1956 war er an der Bergung eines ägyptischen MiG-15-Jagdflugzeuges auf der Sinaihalbinsel beteiligt – des ersten, das in die Hände westlicher Streitkräfte fiel und somit für die Aufklärung sowjetischer Waffensysteme von Bedeutung war.
Familiengründung begleitet militärische Karriere
Auch bei der Marine wurden seine technischen Fähigkeiten, seine Führungskompetenzen und „jekkische“ Disziplin schnell wahrgenommen. Er war erfolgreich als Schiffsartillerieoffizier im Einsatz. Inzwischen schon Korvettenkapitän, absolvierte er von 1964 bis 1967 an der Hebräischen Universität in Jerusalem ein Studium der Statistik und Wirtschaft.
Bei gemeinsamen Freunden lernte er unterdessen seine spätere Frau Ora kennen. Sie heirateten 1959, gründeten einen Familie und bekamen drei Söhne.

Als wichtigste Errungenschaft der israelischen Marine im Sechs-Tage-Krieg und dem Jom-Kippur-Krieg betrachtete er die Tatsache, dass sie die internationalen See- und Handelswege freihalten konnte, die für den Nachschub an Waffen und Munition von größter Bedeutung waren. Levys Führung trug entscheidend zur Operationsfähigkeit der Marine in diesen Herausforderungen bei.
In „Friedenszeiten“ leitete er logistische und operative Missionen im Mittelmeer und dem Roten Meer. Auch als Stabsoffizier und Kommandeur blieb er pädagogisch gesinnt und pflegte mit seinen Besatzungen und den Mannschaften einen kameradschaftlichen Umgang.
Förderung von jungen Menschen
Indes bemühte er sich, Wehrpflichtigen mit schwierigem sozialen Hintergrund die nötige Disziplin zu vermitteln. So erreichte ihn 2023, im Alter von 92 Jahren, der Anruf eines ehemaligen Soldaten unter seinem Kommando. Dieser hatte sich an seinen ehemaligen Kommandanten erinnert und eine Kontaktmöglichkeit gesucht, um sich für die persönliche Zuwendung während seines Wehrdienstes vor Jahrzehnten zu bedanken. Eli Levys Handeln habe ihm damals geholfen, den Halt und das Durchhaltevermögen zu finden, die ihn sein ganzes Leben geprägt haben.
Levys strategisches Verständnis und organisatorische Fähigkeiten führten dazu, dass er 1975 zum Leiter des neu eingerichteten Nachrichtenwesens der Marine ernannt wurde. Mit seiner Erfahrung konnte er es den damaligen Anforderungen entsprechend sinnvoll aufbauen und strukturieren. In dieser Funktion wurde er zum Flottillenadmiral ernannt.
Als Diplomat in Deutschland
Aufgrund seiner deutschen Herkunft und seiner Deutschkenntnisse wurde Levy gefragt, ob er sich vorstellen könne, als Diplomat nach Deutschland zu gehen. Anfangs zögerten er und seine Frau Ora, ob sie wirklich ins Land derjenigen zurückkehren wollten, die einen Großteil ihrer Familien in den Vernichtungslagern ermordet hatten. Doch dann stimmten sie zu. Sie sahen es als Möglichkeit an, Israel zu dienen und gleichzeitig die relativ jungen israelisch-deutschen Beziehungen mit aufzubauen.
So kam Eli Levy 1980 als Verteidigungsattaché Israels und als Leiter der Mission des Verteidigungsministeriums nach Bonn. Ihn begleitete Ora mit den drei Söhnen. Sein diplomatischer Dienst in Deutschland fiel in die Zeit der Regierung von Helmut Schmidt in der Bundesrepublik (1974–1982) und von Menachem Begin in Israel (1977-1983). In den Jahren 1980 bis 1981 erlebte Levy die diplomatische Verstimmung zwischen beiden Ländern, als Schmidt an Saudi-Arabien Leopard 2-Panzer liefern wollte, und Begin ihm daraufhin den Vorwurf machte, er habe „nie seinen Treueid auf seinen Führer Adolf Hitler gebrochen“.

Während seiner Amtszeit lief zudem in Deutschland der Aufbau der neuen Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) durch Ulrich Wegener. Levy arbeitete eng mit ihm zusammen und konnte so auch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus die bilateralen Beziehungen stärken. Genauso förderte er die Zusammenarbeit beider Länder im Bereich der Verteidigung und Rüstung und erreichte damit viel Gutes, sowohl für die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte als auch für die Deutsche Bundeswehr.
Außerdem wurde Levy 1982 zum ersten israelischen Verteidigungsattaché in der Republik Österreich ernannt. Obwohl er in den belasteten österreichisch-israelischen Beziehungen ebenfalls ein Auf und Ab erlebte, boten diese ihm große Gestaltungsmöglichkeiten, die er zu Gunsten beider Seiten aktiv nutzte.
An seine Laufbahn als Berufssoldat schloss sich eine zivile Aufgabe an. Von 1992 bis 1994 leistete er in Essen als Europa-Gesandter der Ben-Gurion-Universität des Negev in Be’er Scheva wertvolle Dienste. Er konnte europaweit die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der Universität vorstellen, erfolgreich Beziehungen für die Universität knüpfen und um Unterstützung für sie werben.
Flugmanöver beeindruckt Kanzler Kohl
Selbst in seinem Ruhestand war er noch ein bilateral gefragter Mann. Als der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl 1984 zum ersten Mal Israel besuchte, wollte er dort von Admiral a.D. Eli Levy militärisch begleitet werden. Das israelische Militär mobilisierte ihn deshalb zum Reservedienst.
Bei der Gelegenheit konnte Levy dem Bundeskanzler die Fähigkeiten der israelischen Luftwaffe demonstrieren: Beim Flug an den See Genezareth, den Kohl gerne besuchen wollte, geriet das Flugzeug in einen Sturm. Der israelische Pilot vollführte ein gewagtes Manöver, aber brachte das Flugzeug ruhig und sanft zur Landung.
Wenn Eli Levy in den letzten Jahren von dem Erlebnis erzählte, stieg die Spannung in diesem Moment. Sein Gesicht erfüllte ein breites Lächeln. Helmut Kohl habe respektvoll gefragt: „Fliegen Ihre Piloten immer so?“ Worauf Levy ironisch, aber stolz erklärt habe: „Herr Bundeskanzler, dieses Manöver wurde extra für Sie vorgeführt!“ Er begleitete auch den damaligen Bundesminister der Verteidigung, Manfred Wörner, bei dessen Besuch 1986 in Israel.
Aktiver Ruhestand
Im Alter war er weiterhin so aktiv wie eh und je. Sein Alltag war so detailliert und engmaschig durchgeplant, dass seine Freunde sich schnell an eine militärische Operationsplanung erinnert fühlten. Er absolvierte die Ausbildung zum staatlich anerkannten Reiseleiter in Israel und begleitete unzählige deutsch-, englisch- und hebräischsprachige Reisegruppen bei ihren Touren durch das Land. Dabei vermittelte er Israels sicherheitspolitische Herausforderungen, wie es sonst vielleicht nur wenige Tourguides können.
Als 1991 ein enger Verwandter verstarb, der bis dato den Familienstammbaum pflegte, übernahm Levy diese Aufgabe. Er führte die Dokumentation der Familiengeschichte weiter, die sich geographisch bis nach Brasilien, in die USA, nach Kanada, Australien, Spanien und Deutschland erstreckte.
Zusammen mit seiner Ehefrau engagierte er sich im Rotary-Club von Herzlia und setzte sich dort weiterhin für bedürftige junge Menschen ein, wie auch für andere wohltätige Zwecke. So oft er konnte, besuchte er sicherheitspolitische Vorträge, die die israelische Veteranenvereinigung organisierte. Er blieb auch lebenslang der Landsmannschaft der deutschstämmigen Juden, der Organisation der „Jekkes“ in Israel, verpflichtet.
Ein großer Verlust für Eli wie für die ganze Familie war 2016 der Tod seiner geliebten Frau Ora nach langjähriger, schwerer Krebserkrankung. Trotz großer Herausforderungen angesichts des fordernden Dienstes ihres Mannes für den jüdischen Staat waren sie sich treu geblieben und konnten in den letzten Jahren dankbar auf ihre 57-jährige Ehe zurückblicken.
Nach Oras Tod und mit fortschreitendem Alter wurde für Eli Levy die Begleitung von Reisegruppen allmählich zu anstrengend. Also entschloss er sich dazu, noch ein Studium zu absolvieren und seine bisherige Beschäftigung mit Wirtschaftswissenschaften aufzufrischen. Als ältester Absolvent seines Jahrganges wurde er „Master of Business Administration“. Die lokale Presse berichtete über seine herausragenden Leistungen.
Politisches Engagement
Er ließ es sich nicht nehmen, führenden Politikern des Landes seine politischen und militärischen Einschätzungen in persönlicher Kommunikation kundzutun. Dazu gehörte auch die Überzeugung, dass Israel seine Identität als liberale Demokratie und Rechtsstaat unbedingt behalten müsse, dass das Land einen starken und unabhängigen Obersten Gerichtshof brauche, und Israel einen Weg der Koexistenz mit den Palästinensern finden müsse.
Ebenso ließen ihn sein politisches Engagement und feste Überzeugungen nie los. Nach jahrzehntelanger Mitgliedschaft in der Arbeitspartei verließ er diese, als er die Parteiführung von Ehud Barak als zu autokratisch empfand und die Identität seiner Partei für gefährdet hielt. Trotzdem hielt er der Arbeitspartei die Treue und unterstützte sie, wenn es darauf ankam. So engagierte er sich bei Knessetwahlen trotz seines betagten Alters im Wahlkampf auf der Straße.
Lange Familiengeschichte in Franken
Die Familie von Eli Levy blickt auf eine lange fränkisch-jüdische Geschichte zurück: Seine Vorfahren lassen sich bis ins 18. Jahrhundert sehr detailliert zurückverfolgen. Der älteste bekannte Vorfahre war der Fürther Rabbiner Juda Ascher Oppenheimer (1703–1791). Elis Großvater mütterlicherseits war Martin Offenbacher. Dieser wurde 1877 in Fürth geboren. Der promovierte Volkswirt und Maschinenbauer arbeitete bei der MAN in Nürnberg, zuletzt als Leiter der Patentabteilung. Er wurde 1936 von seiner Firma in die USA entsandt.
Als er 1938 nach Deutschland zurückkehren sollte, empfahl ihm seine Firma, in den USA zu bleiben, weil die Ausgrenzung der Juden aus der deutschen Gesellschaft immer stärker zunahm. Als deutscher Jude voller Pflichtbewusstsein für sein Land und seinen Arbeitgeber hörte er jedoch nicht auf diesen Rat und kehrte nach Nürnberg zurück.
Als er und seine ungarische Gattin Renée geb. Kaufmann im März 1942 den Deportationsbescheid erhielten, entschlossen sie sich zum Suizid. Rettungskräfte versuchten noch, das Leben des sowieso zur Deportation bestimmten Ehepaars zu retten. Bei Renée gelang dies, bei Martin nicht mehr. Renée Offenbacher wurde 1942 ins Ghetto Izbica in Polen deportiert, wo sie verstarb.
Flucht vor Verfolgung
Ein anderes Familienmitglied mütterlicherseits versuchte 1939, Deutschland auf der St. Louis zu entfliehen. Kuba, Kanada und die USA verweigerten dem Schiff mit 937 jüdischen Flüchtlingen die Anlandung. Es musste nach Europa zurückkehren und wurde schließlich in Antwerpen aufgenommen. Viele Passagiere kamen später wieder unter deutsche Herrschaft und wurden in der Schoa ermordet, so auch Elis Verwandte.
Die Mutter von Eli Levy, Susi Offenbacher, wurde 1910 in Nürnberg geboren. Nach dem Besuch der Schule im oberbayerischen Wolfratshausen absolvierte sie eine landwirtschaftliche Ausbildung im nahegelegenen Miesbach, möglicherweise um sich auf ihre Alija, die Auswanderung ins Mandatsgebiet Palästina vorzubereiten.
Sie heiratete Hans Levy, den Sohn des Kaufmanns Ludwig Levy, des Gründers des Kaufhauses Weißer Turm (K.W.T.) in Nürnberg. Es war das erste Kaufhaus überhaupt in der mittelfränkischen Stadt. Elis Onkel Fritz Rudi Levy (1911–1955) war im Nürnberger Fußballclub „1. FCN“ Mitglied, bis er am 30. April 1933 ausgeschlossen wurde. Dieser emigrierte 1936 nach Palästina und 1938 von dort in die USA. Mehrere Mitglieder der Familie Levy wurden in der Schoa ermordet.
Aufwachsen im Mandatsgebiet Palästina
Wenige Jahre nach dem Beginn eines neuen Lebens in Palästina ließen sich Elis Eltern scheiden. Nach der Scheidung kehrte der Junge nach Nürnberg zurück und lebte bei seinen Großeltern. Eli erinnerte sich bis zuletzt an eine Begegnung in der Straßenbahn zu dieser Zeit: Wegen seiner blonden Haare kam ein SA-Mann während der Fahrt auf ihn zu, streichelte seinen Kopf und sagte zu ihm: „Was bist du nur für ein hübscher arischer Junge!“
Seine Mutter holte ihren Sohn Anfang 1936 zurück nach Palästina, wo er zunächst ein Internat besuchte. Sie heiratete 1937 den ebenfalls aus Deutschland emigrierten bekannten Künstler Issai Kulvianski (1892–1970), in dessen Tel Aviver Haus der Junge aufwuchs. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte seine Mutter nach Deutschland zurück und lebte in Berlin, wo sie sich in ihren letzten Jahrzehnten um das künstlerische Erbe ihres Mannes kümmerte. Sie verstarb dort 1996.
Bildungsprojekte in Deutschland
Seine Verpflichtung und Leidenschaft für die deutsch-israelischen Beziehungen brachte auch die Bereitschaft zum Ausdruck, für Bildungsprojekte nach Deutschland zu kommen. Dort hielt er Vorträge über die deutsch-jüdische, besonders die fränkisch-jüdische Geschichte, aber auch die deutsch-israelischen Beziehungen. Viele junge und ältere Menschen konnten ihn als Zeitzeugen erleben und sich anhand seiner Familiengeschichte mit der jüdischen Dimension der deutschen Geschichte vor der Schoa und mit den deutsch-israelischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg vertraut machen.
Eli liebte nicht nur sein Land und seine Frau innig, sondern auch seine Söhne, deren Familien und seine Enkel. Für diejenigen Familienmitglieder, die in Israel lebten, war das gemeinsame Essen zum Schabbateingang bei Eli zu Hause ein fester Bestandteil des Familienlebens. Solange er konnte, fuhr er selbst einkaufen und sorgte für einen voll gedeckten Festtagstisch.
Er liebte die deutsche Musik und besuchte gerne und regelmäßig Konzerte in der Tel Aviver Philharmonie und dem Haus der Luftwaffe in Herzlia. Diese Küstenstadt nördlich von Tel Aviv war in den letzten Jahrzehnten seine Heimat.

Wer auf das Leben eines geschätzten Menschen zurückblickt, tut sich oft schwer, das Besondere an der Persönlichkeit seines Gegenübers und vielfältige Erinnerungen auf das Wesentliche zu konzentrieren. Neben Elis schweren biographischen Erlebnissen, seinen unvergleichlichen Verdiensten für sein Land und die deutsch-israelischen Beziehungen, bleiben vor allem seine große Güte und Geduld, seine Offenheit und sein Wohlwollen für junge Menschen aus und in Deutschland in Erinnerung: Er begegnete ihnen freundschaftlich bis väterlich. Unvergessen bleibt ebenfalls seine Freude, Gästen das Land Israel in allen Facetten bekannt zu machen und bei Besuchen die neuesten Ausgrabungsstätten zu zeigen.
Möge sein Andenken zum Segen Vieler werden – für den Autor ist es das bereits.
Von Nicolas Dreyer
Der Autor lernte den Verstorbenen und seine Familie vor etwa 17 Jahren in Nürnberg kennen und ist dankbar für die daraus entstandene Freundschaft.
Eine Antwort
a.D. Eli Peter Levy hat ein langes, erfolgreiches und schönes Leben geführt. Hoffentlich bleiben die Erinnerungen an ihn noch lange der Nachwelt erhalten.