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Schweizer Kanton entlässt Politiker wegen Lob für Burgas-Anschlag

ST. GALLEN (inn) – Eine anti-israelische E-Mail als Fallstrick: Im Sommer bekundete ein Schweizer Politiker seine Freude über den Tod von Juden beim Anschlag im bulgarischen Burgas. Nun hat er seinen Arbeitsplatz beim Baudepartement im Kanton St. Gallen verloren.
In St. Gallen muss ein Sektionsleiter seinen Posten wegen einer als rassistisch eingestuften E-Mail räumen.

„Das ist ein guter Tag in meinem Leben“, schrieb Maurus Candrian nach dem Attentat mit sechs Todesopfern ausgerechnet an die israelische Botschaft in Bern. „Ich bin stolz auf die Helden, die die Juden getötet haben.“ Am Montag entschied der Kanton deshalb, sich von dem Sektionsleiter Umweltverträglichkeitsprüfungen und Planbeurteilung zu trennen. Dessen Verhalten bezeichnete das Baudepartement als rufschädigend und mit den eigenen Werten nicht vereinbar. Dies berichtet das „St. Galler Tagblatt“.
„Das Baudepartement distanziert sich von den Aussagen seines Mitarbeiters in aller Form“, zitiert die schweizerische Zeitung aus der Medienmitteilung des Kantons. Mit der Mail und der öffentlichen Bekanntmachung habe Candrian dem Ruf der Behörde erheblichen Schaden zugefügt. Eine weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich, eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Interesse aller Parteien. Der 55-Jährige war 17 Jahre lang beim Baudepartement tätig. In den Augen seiner Mitarbeiter galt er als verlässlich, fachlich kompetent und lösungsorientiert. Er wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt, das Arbeitsverhältnis läuft Ende Juli aus.
In der vergangenen Woche hatte sich Candrian für die nach seinen Worten „völlig inakzeptable“ Zuschrift entschuldigt. „Ich sehe ein, dass ich mich in den Formulierungen völlig vergriff“, schrieb er an die israelische Botschaft in Bern und an den Israelitischen Gemeindebund in Zürich. „Ich möchte mich bei allen Menschen jüdischer Volkszugehörigkeit in aller Form, wirklich ehrlich gemeint, entschuldigen.“ Er werde sich „künftig klar moderater und konstruktiver verhalten“, versprach er in dem Einschreiben.
Bereits im Dezember hatte die St. Galler Staatsanwaltschaft wegen Rassismus eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen und 1.200 Franken (980 Euro) Buße gegen ihn verhängt. Candian gehörte zunächst der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) an, für die er Kantonsrat in der Stadt südlich des Bodensees war. Nach 30 Jahren trat er 2006 aus, „weil er sich als Freidenker und Atheist nicht mehr mit dem christlichen Weltbild der C-Partei identifizieren konnte und vergeblich auf eine Modernisierung gehofft hatte“, schreibt das „St. Galler Tagblatt“. Später schloss er sich den Grünliberalen (GLP) an.

„Juden aus aller Welt bejubelten palästinensische Todesopfer“

Zu der Mail an die Botschaft sagte er vor einigen Tagen gegenüber der Zeitung: „Glauben Sie mir, wäre es ein Brief gewesen, ich hätte ihn zerrissen. Ich kenne mich. Ich musste noch jeden Leserbrief zwei-, dreimal überarbeiten, um ihn abzukühlen.“ Er habe „viel zu früh auf die Senden-Taste gedrückt“. Ausschlaggebend sei eine Fernsehreportage gewesen, die er vor Augen hatte. Da sei es um den letzten Gaza-Krieg gegangen, „als mehr als 1.300 Palästinenser umkamen und Juden aus aller Welt das Geschehen von Ferne beobachteten und bei jeder Bombe, die auf Gaza fiel, jubelten. Ich wollte Israel respektive der Botschaft signalisieren: seht, jetzt sind auch einmal jüdische Zivilpersonen umgekommen, warum rauft ihr euch nicht endlich, nach 70 Jahren Krieg und permanenten Konflikten in Nahost, zu einer für alle Seiten akzeptierbaren Friedenslösung zusammen?“
„Nicht als Entschuldigungsversuch, nur als Hinweis“ erwähnte er in seinem Entschuldigungsbrief eine „schwere Beziehungskrise“, die er im Sommer durchgemacht habe. Damit bezog er sich auf die Scheidung von seiner marokkanischen Frau.
Den Vorwurf des Rassismus weist der Politiker von sich. Auch sei er „in keinster Weise Antisemit“, habe er doch in seinem Bekanntenkreis „zahlreiche Juden“. „Wenn es um Krieg und Völkermord geht, sehe ich rot und gehe scharf drein. Bei normalen Themen aber bin ich nicht extrem“, schätzt er seinen Charakter ein. Candian hat sich in der Vergangenheit unter anderem im Komitee gegen die Verschärfung des Asyl- und Ausländergesetzes engagiert und Leserbriefe gegen das Minarettverbot verfasst.
Bei dem Anschlag auf einen Bus in Burgas waren im vergangenen Juli fünf Israelis und der bulgarische Busfahrer getötet worden. Die bulgarische Regierung macht die Hisbollah-Miliz für das Attentat verantwortlich (Israelnetz berichtete).

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