Der 64 Jahre alte Palästinenser Maisara Abu Hamdijeh aus Hebron war im Eschel-Gefängnis in der Wüstenhauptstadt Be‘er Scheva inhaftiert. Er litt an Kehlkopfkrebs, der ins Rückenmark gestreut hatte. Die Krankheit war im Februar diagnostiziert worden. Ende März wurde er ins Soroka-Krankenhaus in Be‘er Scheva verlegt. Die palästinensischen Häftlinge in Israel kündigten nach seinem Tod einen dreitägigen Hungerstreik an.
Abu Hamdijeh hatte die israelischen Gefängnisbehörden der medizinischen Nachlässigkeit beschuldigt. Er habe nur schmerzstillende Mittel erhalten, beschwerte er sich nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur „Ma‘an“. Den Vorwurf griffen nun palästinensische Politiker auf, die Israel der Fahrlässigkeit bezichtigten. Präsident Mahmud Abbas sagte zum Auftakt einer Fatah-Sitzung in Ramallah vor Journalisten: „Der Tod von Majsara Abu Hamdijeh zeigt die Arroganz der israelischen Regierung und ihre Unnachgiebigkeit gegenüber den Häftlingen.“
Der Sprecher des PA-Vorsitzenden, Nabil Abu Rudeineh, ließ verlauten: „Wir haben versucht, seine Freilassung für die Behandlung zu erwirken, aber die israelische Regierung hat sich geweigert, ihn herauszulassen, was zu seinem Tode geführt hat. Die palästinensische Präsidentschaft macht die Regierung Netanjahu verantwortlich für das Martyrium des Häftlings Majsara Abu Hamdijeh.“
Der Regierungschef im Westjordanland, Salam Fajjad, schloss sich der Kritik an und sprach von einer „Politik der Nachlässigkeit gegenüber palästinensischen Gefangenen“. Aus seinem Büro hieß es: „Premierminister Salam Fajjad äußert seinen tiefen Kummer und sein aufrichtiges Beileid für die Nation und die Häftlingsbewegung über den Tod des Häftlings Majsara Abu Hamdijeh.“ Der Verstorbene habe eine hervorragende Rolle beim nationalen Kampf eingenommen. „Seine Beiträge für die gerechte Sache unseres Volkes und zum fortgesetzten Kampf um Freiheit werden in unserer nationalen Erinnerung bleiben.“ Der Minister für Häftlingsangelegenheiten, Issa Karake, forderte eine internationale Untersuchung.
Israelischer Politiker übernimmt Vorwurf
Auch der israelische Abgeordnete Ahmad Tibi (Vereinigte Arabische Liste-Ta‘al) äußerte sich in diesem Sinne. Israels Regierung trage „die rechtliche und moralische Verantwortung für seinen Tod“, zitiert ihn die Zeitung „Yediot Aharonot“. „Die Behörden haben sich geweigert, Abu Hamdijeh freizulassen, selbst nachdem er sich einer Chemotherapie unterzogen hatte.“ Israelische Regierungen hätten jüdische Häftlinge aus medizinischen Gründen freigelassen, „wenn sie einen Husten hatten“. Aber in diesem Fall habe jemand entschieden, das Schicksal des Palästinensers zu besiegeln.
Abu Hamdijeh war seit 2002 im Gefängnis. Er war wegen der Planung eines Anschlages auf ein Jerusalemer Café zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dafür hatte er einen Attentäter rekrutiert. Dem Palästinenser wurden versuchter Mord, Mitgliedschaft in einer Terror-Organisation und Waffenbesitz zur Last gelegt.
Die israelische Gefängnisbehörde bestätigte den Tod des Gefangenen. Vor etwa einer Woche hätten die Ärzte seine Erkrankung als unheilbar diagnostiziert. Daraufhin sei wegen der Verschlechterung seines Zustandes ein Prozess für eine vorzeitige Freilassung eingeleitet worden.
Die Nachricht von Abu Hamdijehs Tod löste Unruhen in vier israelischen Haftanstalten aus. Im Eschel-Gefängnis steckten Palästinenser Bettwäsche in Brand. Später weigerten sie sich, in ihre Zellen zurückzukehren. In der Stadt Hebron warfen Araber Steine und Molotowcocktails auf Soldaten.
Über die Zugehörigkeit des Palästinensers zu einer Gruppierung werden unterschiedliche Angaben gemacht. Palästinensische Quellen bezeichnen ihn als Mitglied der Fatah, während israelische Medien ihn der radikal-islamischen Hamas zuordnen.